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Frage von Rita M. •

Frage an Carola Reimann von Rita M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag!
Meine Frage betrifft die Gesundheitsreform, insbesondere für privat versicherte Personen. Bisher gilt die Regelung, dass privat versicherte Personen, die jenseits von 56 Jahren nicht mehr privat versichert sein können, nicht mehr von einer gesetzlichen Krankenkasse aufgenommen werden. Hier nur ein Beispiel: Wenn die Ehefrau eines Beamten, der ja nur privat versichert sein kann, nach der Familienphase mit 56 eine Erwerbstätigkeit aufnehmen will, steht sie ohne Krankenversicherung da, weil die private sie nicht mehr und die gesetzliche sie gar nicht nehmen darf. Soll dieser Zustand geändert werden? Und wenn bisher nicht, was werden Sie unternehmen, um ihn zu ändern? Gruß R. Martin

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Martin,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 8. Dezember 2006. Ich bitte Sie, die lange Beantwortungsdauer zu entschuldigen.

Zu Ihrer E-Mail möchte ich wie folgt Stellung nehmen. Gestatten Sie mir zunächst eine allgemeine Bemerkung. Die Problematik von Beamten, die sich aufgrund mangelnder Alternativen privat versichern müssen, weil sie nur so in den Genuss einer Beihilfe zu ihren Gesundheitskosten kommen, ist uns bekannt. Leider konnten sich die SPD in den Verhandlungen zur Gesundheitsreform nicht mit den Vorschlag durchsetzen, Beamten eine wirkliche Wahlmöglichkeit zwischen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung einzuräumen. Dies hat die CDU/CSU-Seite, wohl mit dem Blick auf den Erhalt der privaten Krankenversicherung, in den Reformverhandlungen verhindert.

Sie machen in Ihren Schreiben auf ein Folgeproblem dieser Umstände aufmerksam. Sie schreiben, dass die Ehefrau eines Beamten (der aus den oben genannten Gründen privat versichert ist), die nach ihrem 56 Lebensjahr eine Erwerbstätigkeit aufnehmen will, nicht mehr krankenversichert ist, da sie nicht mehr in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zurück kann und die private Krankenversicherung (PKV) sie nicht mehr nehmen darf. Bezogen auf die letzte Aussage liegt hier ein Irrtum vor. Die betreffende Person kann sich selbstverständlich weiter in der PKV versichern. Es obliegt aber allein der privaten Krankenversicherung, ob und zu welchen Bedingungen sie der Person eine Krankenversicherung anbietet. Aufgrund des PKV-Geschäftsmodells, nachdem die Beiträge risikoadjustiert ermittelt werden, steht zu befürchten, dass das private Krankenversicherungsunternehmen sehr hohe Prämien fordern wird, um die so genannten Altersrückstellungen in kurzer Zeit aufbauen zu können, aus denen dann die Behandlungen des PKV-Versicherten finanziert werden.

Für uns Sozialdemokraten ist die Zweiteilung unseres Krankenversicherungssystem, in die PKV auf der einen und die GKV auf der anderen Seite, überholt und allenfalls noch historisch zu erklären. Wir setzen uns stattdessen für ein solidarisches System - die Bürgerversicherung - ein, welches sich an der Leistungsfähigkeit des Einzelnen orientiert und alle Bürger des Landes in die Solidarität miteinbezieht. Natürlich konnten wir in den Verhandlungen zur jüngsten Gesundheitsreform unser Modell eines solidarischen Gesundheitssystem nicht durchsetzen. Dennoch ist es uns gelungen, einige wichtige Maßnahmen in der jüngsten Gesundheitsreform zu verankern. Zu nennen wäre beispielsweise die erstmals in der deutschen Sozialgeschichte bestehende Versicherungspflicht. So wird zukünftig in Deutschland niemand mehr ohne eine Krankenversicherung sein. Wir konnten weiter erreichen, dass sich auch auf der Seite der privaten Krankenversicherung bedeutende Änderungen im Sinne der dort Versicherten ergeben. So können sich Menschen ohne Versicherungsschutz, die ehemals privat versichert waren, oder typischerweise gewesen wären, etwa weil sie selbständig tätig sind oder waren, ab dem 1.7.2007 im bisherigen Standardtarif der privaten Krankenversicherung versichern. Der heutige Standardtarif ist ein brancheneinheitlicher Tarif in der PKV mit einem gesetzlich begrenzten Höchstbeitrag, dessen Versicherungsschutz vergleichbar ist mit demjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser Tarif erfüllt in der PKV vor allem eine soziale Schutzfunktion. Er richtet sich insbesondere an Versicherte, die aus finanziellen Gründen einen besonders preiswerten Tarif benötigen. Es gibt für diese Personen keine Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse. Die Versicherungen müssen entsprechende Verträge abschließen (Kontrahierungszwang). Auch im bisherigen Standardtarif wird die medizinische Versorgung ab 1.7.2007 über die Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen sichergestellt (wie im Basistarif ab 2009). Für vormals Nichtversicherte, die finanziell hilfebedürftig sind, wird die Bezahlbarkeit im Standardtarif analog zum Basistarif geregelt. Zum 1.1.2009 werden entsprechende Standardtarif-Verträge automatisch in Verträge zum Basistarif überführt.

Für den oben geschilderten Fall dürfte dann dieser Basistarif von Interesse sein. Den neuen Basistarif muss die PKV, anders als in ihren anderen Tarifen üblich, ohne Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse anbieten, und sie muss jeden, der das Recht auf Versicherung im Basistarif hat, auch aufnehmen. Den Basistarif müssen ab 1.1.2009 alle privaten Krankenversicherungen anbieten. Er wird allen, auch Menschen mit Vorerkrankungen, die zum Beispiel aus Gründen ihres beruflichen Status der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sind, einen Zugang zur privaten Krankenversicherung zu bezahlbaren Konditionen ermöglichen. Die Leistungen im Basistarif werden in Art, Umfang und Höhe dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sein. Die Prämie im Basistarif wird je nach Alter und Geschlecht unterschiedlich hoch sein. Allerdings werden keine individuellen Risikozuschläge erhoben. Der Beitrag für den Basistarif darf für Einzelpersonen den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht überschreiten. Kann jemand den Beitrag nicht bezahlen, weil er finanziell hilfebedürftig ist, wird die Prämie halbiert. Ist auch das für den Einzelnen zu viel, kann er Zuschüsse vom Grundsicherungsträger bekommen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carola Reimann