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Frage von Guido F. •

Frage an Carola Reimann von Guido F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,

in Ihrer Antwort an Herrn Gerl schrieben Sie: "Ich sehe nicht, dass die gegenwärtigen Regelungen zum Cannabiskonsum in eine Sackgasse führen. Die bisherigen Maßnahmen wirken, der Cannabiskonsum ist seit 2004 rückläufig."
Trifft es zu, dass die Verbreitung des Cannabiskonsums trotz des Verbots bis 2004 stetig angestiegen ist? Welche Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Verbots ziehen Sie daraus?

Neben der von Herr Gerl erwähnten Studie gelangten in der jüngeren Vergangenheit noch andere Forschungsarbeiten zu dem Ergebnis, dass Verbote und Strafandrohungen keinen Einfluss auf die Konsumverbreitung ausüben. ( http://tinyurl.com/3pwvqck , http://tinyurl.com/4xraorp , http://tinyurl.com/WHO-WMHS , http://tinyurl.com/BF-GCCR )
Warum ist es I. E. sinnvoll oder gar notwendig am strafbewehrten Cannabisverbot festzuhalten, obwohl es nachweislich nicht geeignet ist, den Konsum einzudämmen?

Bereits 1994 betonte das Bundesverfassungsgericht, der Gesetzgeber habe angesichts der "offenen kriminalpolitischen und wissenschaftlichen Diskussion über die vom Cannabiskonsum ausgehenden Gefahren und den richtigen Weg ihrer Bekämpfung (...) die Auswirkungen des geltenden Rechts unter Einschluss der Erfahrungen des Auslandes zu beobachten und zu überprüfen" ( http://tinyurl.com/3pvff6m ).
Würde die Bundesregierung dieser Vorgabe gerecht, müsste die deutsche Drogenpolitik dann nicht angesichts der erwähnten Studien grundlegend verändert werden?

Sie selbst verwiesen auf einen mehrschichtigen Ansatz aus Prävention, Beratung, Behandlung und Verboten.
Berücksichtigt man den Umfang des eingesetzten Personals und die Höhe der aufgewendeten Geldmittel, welche Bedeutung hat dann das Verbot im Vergleich zu den anderen Bereichen?

Wie bewerten Sie die schädlichen Folgen des Cannabisverbots, wie z.B. gesundheitsschädliche Streckmittel, unbekannte Wirkstoffgehalte, unkontrollierter Schwarzmarkt und fehlender Jugendschutz?

Freundliche Grüße
Guido Friedewald

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Friedewald,

vielen Dank für Ihre Fragen hier auf abgeordnetenwatch.de zum Thema Cannabis-Konsum!

Ich hatte in meiner Antwort auf die Studie „Der Cannabiskonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland 2010“ verwiesen, die hinsichtlich der Lebenszeitprävalenz seit 2004 signifikant sinkende Zahlen vorweisen kann. Ich sehe hier erste Fortschritte einer erfolgreichen Präventions- und Suchtberatung, die jedoch angesichts der hohen Zahlen von regelmäßigen und jungen Cannabis-Konsumenten noch deutlich mehr ausgeweitet werden muss.

Ich verweise Sie wegen des Schadenspotenzials auf meine Antwort an Herrn Mockau hier auf abgeordnetenwatch.de. Cannabis ist nicht ungefährlich und ich halte eine unzulässige Verharmlosung für falsch: „Der Konsum von Cannabis und insbesondere der regelmäßige Cannabiskonsum können zu negativen gesundheitlichen und psychosozialen Folgen führen.“ (Quelle: http://www.bzga.de/forschung/studien-untersuchungen/studien/suchtpraevention/?sub=63 )

Süchtige brauchen Unterstützung und Hilfeangebote, um aus der Sucht herauszukommen oder notfalls mit ihrer Sucht zu leben. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich seit Jahren für eine Entkriminalisierung Süchtiger ein. Eine Legalisierung von Drogen ist aber etwas anderes als die Entkriminalisierung der Süchtigen. Im Bereich von Cannabis wollen wir eine bundeseinheitliche Geringe-Mengen-Regelung. Viele Experten haben sehr deutlich gemacht, dass bei der Strafverfolgung des Eigenkonsums Handlungsbedarf besteht. Die Regelungen in den Ländern sind zum Teil unterschiedlich und die Verurteilungen in den jeweiligen Gerichtsbezirken unterscheiden sich zum Teil erheblich.

Die Diskussion über eine Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten ist in vollem Gange. Ich halte es für richtig, dieses Thema weiter voranzutreiben und werde es sowohl im Gesundheitsausschuss als auch innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion zum Gegenstand der Debatte machen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carola Reimann MdB