Wie geht es jetzt weiter nach der Evaluierung und bleibt die SPD bei ihrem Kurs?
Liebe Carmen Wegge,
entschuldigen sie nochmals die Störung, aber das Thema lässt mir keine Ruhe.
Kaum ist der Evaluierungsbericht veröffentlicht, fordert die Union reflexartig Verschärfungen. Obwohl der neue Drogenbeauftragte von „Ergebnisoffenheit“ sprach, stellt er Behauptungen auf, die sich aus den Ergebnissen nicht ableiten lassen. Streek behauptet, Jugendliche kämen leichter an Cannabis, Eigenanbau stärke den Schwarzmarkt, die Besitzmengen seien zu hoch, der medizinale Schwarzmarkt boome und es gebe mehr Erkrankte. Nichts davon steht in der Evaluierung. Statt sachlich zu bleiben, wird erneut ein Kulturkampf auf Kosten der Konsumenten geführt. Wird die SPD dem entschieden entgegentreten? Bleibt der Eigenanbau erhalten? Dieser ständige Kulturkampf macht mich langsam fertig.
Mit freundlichen Grüßen
Louis S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Die aktuellen Ergebnisse der unabhängigen Evaluation bestätigen eindeutig, dass die Legalisierung von Cannabis ein richtiger Schritt war. Sie führt zur Entkriminalisierung der Konsument*innen, stärkt Präventionsmaßnahmen und entlastet Polizei sowie Justiz. Beim Prozess der Entkriminalisierung wurde der Jugendschutz von Beginn an hoch priorisiert – die Evaluation belegt, dass dieser Ansatz erfolgreich war. Zudem zeigt sie, dass der private Eigenanbau den Schwarzmarkt nicht stärkt, sondern vielmehr schwächt.
Die Forderungen der Union nach Verschärfungen erfolgen reflexartig und ohne sachliche Grundlage. Diesen Vorschlägen werden wir nicht folgen. Nach Auswertung der Evaluation sehe ich keine Notwendigkeit für eine Rücknahme oder grundlegende Überarbeitung des Cannabisgesetzes. Eine Debatte, bei der Fakten und populistische Thesen einzelner Stimmen aus der Union als gleichwertig behandelt werden, schadet vor allem den Konsument*innen und dem gesundheitlichen Schutz. Was wir brauchen, ist eine wissenschaftsbasierte Politik, die unseren Kurswechsel in der Drogenpolitik konsequent fortsetzt.
Bezüglich des Gesetzesentwurfs aus dem Gesundheitsministerium, der den Anstieg der Importe von medizinischem Cannabis auf die verstärkte Nutzung von Privatverschreibungen für Selbstzahler*innen über Online-Plattformen ohne Arzt-Patienten-Kontakt zurückführt und problematisiert, kann ich Ihnen versichern: Die SPD-Fraktion wird dem Gesetzentwurf in vorliegender Form nicht zustimmen. Patient*innen, die auf medizinisches Cannabis angewiesen sind, müssen weiterhin auf eine verlässliche, wohnortnahe und barrierefreie Versorgung vertrauen können. Insbesondere für chronisch Kranke und mobilitätseingeschränkte Menschen stellt der Entwurf eine unangemessene Belastung dar.
Ich werde mich weiterhin für eine progressive Drogenpolitik einsetzen und unsere Errungenschaften gegen faktenfreie Angriffe verteidigen.
Mit freundlichen Grüßen
Carmen Wegge

