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Frage von Ulrich S. •

Frage an Beate Merk von Ulrich S. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Ministerin,

in Ihrer Antwort vom 21. November 2011 an Frau März und vom 12.12.2011 an Frau Kuklinski fassen sie sich zur Frage, ob Richter zur Verantwortung gezogen werden können, selbst zusammen:

(1)"Im Wege der Dienstaufsicht, die die Dienstvorgesetzten (zunächst die je-weiligen Präsidentinnen oder Präsidenten des Gerichts, an dem der Rich-ter tätig ist) ausüben, können Richter zur Einhaltung ihrer Dienstpflichten angehalten und ggf. Dienstvergehen geahndet werden.
…"
(2)"Sollte ein Richter im Rahmen seiner richterlichen Tätigkeit eine Straftat begehen, so obliegt deren Verfolgung der zuständigen Staatsanwaltschaft. Zur Entgegennahme von Strafanzeigen sind gemäß § 158 Abs. 1 Strafpro-zessordnung neben den Staatsanwaltschaften die Beamten und Behörden des Polizeidienstes sowie die Amtsgerichte zuständig."

Ist 1. nicht absolut blauäugig -und m.E. auch falsch- angesicht der Unabhängigkeit der Richter - oder behaupten Sie (als gemäß Artikel 55 Nr. 6 der bayerischen Verfassung übergeordnete Dienstaufsichtige) da Einfluss-/ Ahndungsmöglichkeiten?!

Zu 2.
was tun Sie als aufsichtsführende Ministerin dagegen, dass Amtsgerichte/Amtsrichter (in Bayern) offen die Annahme von Strafanzeigen verweigern
und Staatsanwälte offen die Verfolgung solcher Strafanzeigen in eigener Sache (!) entscheiden -mit offensichtlichem Ergebnis-, ohne auch nur den Anschein eines unbefangenen rechtsstaatlichen Verfahrens wahren zu müssen?

Ist Ihnen ausserdem bekannt, dass Richter im deutschen Strafrecht dem (doppelten) Richterprivileg ( http://tinyurl.com/coj4w76 ) unterliegen, d.h. als Richter (und darum geht es mit den Anfragen ja wohl)
"(...) schon im Interesse der Rechtssicherheit (...) (BGHSt 47, 105, 109)."
(z.B. aus http://openjur.de/u/70403.html > BGH 4 StR 47/09 Ziffern 16ff)
"normale" Straftaten ungestraft ausüben dürfen?

Wie stehen Sie als der Rechtspflege des Volkes (!) Verpflichtete und Bayerische MDL dazu?

Danke f Ihre Antwort!
Frohe Weihnacht u.ein gutes 2012

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Schulte,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 23. Dezember 2011.

1. Es entspricht der Rechtslage, dass Richter im Wege der Dienstaufsicht zur Einhaltung ihrer Dienstpflichten angehalten und ggf. Dienstvergehen geahndet werden können. Wie ich bereits auf die vorangegangene Anfrage von Frau März vom 25. Oktober 2011 schrieb, ist allerdings eine Dienstaufsicht über Richter gemäß § 26 Abs. 2 Deutsches Richtergesetz nur insoweit zulässig, als dadurch die richterliche Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt wird.

2. Es ist mir nicht bekannt, dass an bayerischen Amtsgerichten die Annahme von Strafanzeigen verweigert würde. Wenn das im Einzelfall vorgekommen sein sollte, steht es Ihnen frei, eine dienstaufsichtliche Überprüfung anzustoßen.

Die Strafprozessordnung weist den Staatsanwaltschaften die Bearbeitung von Strafanzeigen zu. Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein bayerischer Staatsanwalt dabei über Tatvorwürfe entschieden hat, die gegen ihn persönlich gerichtet waren.

3. Mit der Bezeichnung "Richterprivileg" wird gemeinhin die Vorschrift des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB bezeichnet, wonach die Amtshaftung bei Entscheidungen in Rechtssachen auf Fälle beschränkt wird, in denen durch die Pflichtverletzung zugleich eine Straftat begangen wird. Die von Ihnen erwähnten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen 5 StR 92/01 und 4 StR 47/09 (richtig: 4 StR 97/09)) betreffen dieses Haftungsprivileg nicht. Die Urteile, denen auch nicht zu entnehmen ist, dass Richter trotz Verwirklichung eines Straftatbestandes straffrei blieben, behandeln vielmehr die tatbestandlichen Voraussetzungen von Rechtsbeugung, Strafvereitlung im Amt und Freiheitsberaubung, die nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auf Grundlage der Feststellungen der Vorinstanz jeweils nicht vorlagen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Beate Merk
Staatsministerin