Arno Klare MdB
Arno Klare
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Arno Klare zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Horst Z. •

Frage an Arno Klare von Horst Z. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Abgeordneter Klare,

Warum ist es in einem der reichstrn Länder des Planeten nicht möglich ein einheitliches,offenes undd durchlässiges Bildungssystem,insbesondere in der Basisbeschulung zu etablieren?
Vor!bild Finland!

Arno Klare MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Z.,

die Alliierten und in der Folge auch die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben sich für einen föderalen Staat entschieden. Der Grund war - vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte - nie mehr einem Zentralstaat die Macht allein zu geben. Es galt, Zentralismus zu vermeiden. Dies erachtete man seinerzeit als Schutzwall gegen faschistoide Tendenzen. Die Bundesländer entstanden, wie Sie wissen, vor den Bundesrepublik. Die Alliierten hatten sogar in einer Direktive verfügt, dass Deutschland ein Bildungssystem orientiert am Comprehensive School-System erhalten sollte. Dies mit zwei interessanten Begründungen: 1. Ein gegliedertes Schulsystem bilde Eliten und damit zwangsläufig elitäres Bewusstsein aus, eine Grundbedingung des deutschen Nationalsozialismus. 2. Es sei pädagogisch nicht zu rechtfertigen, Kinder im Alter von 10 in Schultypen zu kategorisieren.
Die Direktive wurde in den ab 1946 entstehenden (Bundes-)Ländern nicht umgesetzt, sondern man führte das tradierte gegliederte Schulsystem schlicht weiter. In der SBZ, später DDR, setzte man die Direktive um. Finnland orientierte sich Ende der 60er-Jahre strukturell (nicht methodisch-didaktisch) u.a. am DDR-System, setzte also auf den Comprehensive-Gedanken.
Die Kultur- und damit die Bildungshoheit liegt in Deutschland bei den Bundesländern. Deshalb gibt es bis heute kein einheitliches Schulsystem. Die Gesamtschule kommt dem finnischen System sehr nahe und in der Tat ist diese Schulform pädagogisch überaus erfolgreich. Rund 25% der SchülerInnen, die bei der Einschulung eine Hauptschulempfehlung hatten, machen auf einer Gesamtschule Abitur, was belegt, dass das gemeinsame Lernen ohne Abschulung und ohne Sitzenbleiben überaus erfolgreich ist.
Wie Sie sicher mitbekommen haben, wehren sich aktuell die Bundesländer gegen die GG-Änderung, die ihnen 5,5 Mrd. zur besseren IT-Ausstattung der Schulen bescheren würde. Hauptstreitpunkte sind die Zusätzlichkeit der Bundesmittel sowie die Kontrollmöglichkeiten des Bundes bei der Mittelverwendung. Sie sehen daran, dass es bis heute sehr ausgeprägte Sensibilität gibt, wenn in die föderale begründete Hoheit der Länder eingegriffen wird. Insofern wird es, soweit absehbar, kein einheitliches Schulsystem in Deutschland geben und schon gar nicht eine Schule für alle á la Finnland. Ich persönlich bedaure nicht den Bildungsföderalismus, sondern die Tatsache, dass es kein Comprehensive-/Gesamtschulsystem in Deutschland gibt. Hätte man seinerzeit die Direktive der Alliierten umgesetzt, würden wir die Debatte heute gar nicht führen.

Mit freundlichen Grüßen
Arno Klare