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Antje Tillmann
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Frage von Jan-Peter H. •

Frage an Antje Tillmann von Jan-Peter H. bezüglich Finanzen

Aushebelung der europäischen Einlagensicherung in Zypern

Sehr geehrte Frau Tillmann,
Ich habe die europäische Einlagensicherung immer so verstanden, dass Einlagen in der EURO-Zone bis 100.000,- bei einer Bankeninsolvenz bzw, der Restrukturierung von Banken gesichert sind.

Bitte Erklären Sie mir, warum die Belastung von Einlagen unter 100.000,- bei der Bankenrettung in Zypern mit europäischem Recht vereinbar ist ?

Desweiteren wird in den Medien berichtet, dass das die Banksysteme in Zypern bereits so programmiert sind, dass ein vollständiges Abheben bzw. transferieren der täglich fälligen Einlagen bereits jetzt nicht mehr möglich ist, obwohl das entsprechende Gesetz noch garnicht vom zypriotischen Parlament verabschiedet ist.

Bitte erklären Sie mir, wie das mit europäischem Recht vereinbar ist ?

Als EU Bürger bin ich fassungslos, was hier passiert. Ich verliere gerade jedwegiges Vertrauen in das Funktionieren unserer europäischen Demokratie. Ich erwarte von Ihnen und der CDU eine eine Ablehnung von Bankenrettungen, bei denen die europäische Einlagensicherung ausgehebelt wird.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Homann,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 18. März.

Auf europäischer Ebene haben sich die Regierungen der Euro-Zone mit der zyprischen Regierung Mitte März darauf geeinigt, dass Zypern angesichts seines Finanzbedarfs von rund 16 Mrd. Euro zur Abwendung des Staatsbankrotts seitens des Europäischen Rettungsschirms ESM mit Finanzhilfen über 10 Mrd. Euro rechnen kann, wenn das Land selbst 5,8 Mrd. Euro an Eigenbeitrag zur Verfügung stellt. Die Verhandlungen waren lang und zäh. Der Vorschlag der europäischen Partner sah vor, Guthaben über 100.000 Euro mit einer hohen Sondersteuer zu belegen. Dies lehnte die zyprische Regierung ab. Stattdessen bestand sie selbst darauf, dass auch darunterliegende Guthaben in die Besteuerung einbezogen werden sollten. Betroffen davon wären auch hundertausende Kleinsparer gewesen. Im zyprischen Parlament fand der Vorschlag nicht einmal bei den Abgeordneten der Regierungsparteien Zustimmung.

Es war und ist aber Sache der zyprischen Regierung, welche Maßnahmen sie zur Bereitstellung ihres Eigenanteils ergreift.

Die Geldautomaten in Zypern, von denen Sie sprechen, waren in den fraglichen Tagen im März nicht generell gesperrt. Zu kurzzeitigen Ausfällen konnte es deshalb kommen, weil die Banksysteme erst so umgestellt werden mussten, dass die von der zyprischen Regierung verlangte abgestufte Sondersteuer auf Bankguthaben (unter 100.000 Euro Guthaben: 6,75%; darüber: 9,9%) bereits von diesen Guthaben abgezogen werden konnten. Dies alles geschah, um einen unkontrollierten Kapitalabfluss von zyprischen Banken und aus dem Land heraus zu verhindern.

Zypern kein Fall der Einlagensicherung

Zypern war und ist trotz der Schieflage seiner Banken kein Fall der Einlagensicherung. Denn ohne Hilfsmaßnahmen wären nicht nur seine Banken, sondern auch der Staat sofort bankrott gewesen. In einem pleite gegangenen Staat kann auch keine Einlagensicherung mehr zum Auffangen von Bankguthaben eingreifen. Denn es gibt keine europäische Einlagensicherung, sondern die Verpflichtung, diese in jedem EU-Staat als nationale Einrichtung vorzuhalten. Sparguthaben wären im Falle der Staatsinsolvenz Zyperns in noch viel größerem Umfang verloren gegangen, als im März diskutiert und nun in sehr viel abgeschwächter Form umgesetzt.

Besteuerung von Guthaben unter 100.000 Euro dennoch falsches Signal

Nichtsdestoweniger war die propagierte Besteuerung von Bankvermögen unter 100.000 Euro in einem noch funktionieren Staatswesen mitten in Europa mit unter Einbeziehung von Finanzhilfen prognostizierter positiver Schuldentragfähigkeit angesichts europaweit existierender Einlagensicherungssysteme ein unglückliches und falsches Signal an die europäischen Sparer. Die Entscheidung erweckte den Eindruck, die Einlagensicherungssysteme in Europa unterlägen der politischen Willkür und Guthaben unter 100.000 Euro seien nicht mehr sicher.

Endgültiges Programm positives Ergebnis

Mit dem nun vereinbarten Programm haben die europäischen Partner durch hartes und unnachgiebiges Verhandeln ein gutes Ergebnis erzielt. Im Sinne einer fairen Lastenteilung müssen sich Eigentümer, Gläubiger und Einleger der Banken an den Kosten der Bankenrestrukturierung beteiligen. Der zyprische Bankensektor wird auf ein nachhaltiges Niveau verkleinert. Die Einnahmebasis des Staates wird verbessert und die Haushaltskonsolidierung sowie weitere Strukturreformen für mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit vorangetrieben. Auch die Fragen rund um die Geldwäsche werden angegangen. Es bleibt dabei, dass das Hilfsprogramm auf 10 Mrd. Euro begrenzt ist. Dadurch wird die Schuldentragfähigkeit Zyperns wieder hergestellt und das Land in die Lage versetzt, seine Schulden wieder selbst zu meistern. Das Programm soll vor allem der Haushaltsfinanzierung sowie in geringem Umfang der Umstrukturierung des übrigen Bankensektors dienen. Die Programmmittel werden nicht zur Rekapitalisierung der Laiki Bank oder der Bank of Cyprus verwendet.

Einlagen bis 100.000 Euro von Maßnahmen nicht betroffen

Einlagen bis 100.000 Euro werden nicht angetastet. Der zyprische Bankensektor leistet durch umfassende Beteiligung der Eigentümer und Anleihegläubiger sowie durch die teilweise Heranziehung der Einlagen über 100.000 Euro bei den beiden größten Banken seinen Beitrag. Die Größe des einheimischen Bankensektors soll auf EU-Durchschnitt sinken. Ohne eine Verringerung der Größe des weit überdimensionierten Bankensektors würden dauerhaft hohe Risiken für die Solvenz des zyprischen Staates bestehen bleiben. Wichtig ist, dass der russische Kredit an Zypern vor der endgültigen Zustimmung zum Programm verlängert wird. ESM-Gelder dürfen nicht zur Ablösung des russischen Kredits herangezogen werden.

Unbestritten ist, dass die Menschen die Leidtragenden verfehlter Politik in den betroffenen Ländern sind. Denn nicht die Eurogruppe oder gar einzelne Länder sind für die Situation in den Empfängerländern verantwortlich, sondern die dortige Politik selbst. Die Krise können wir nur gemeinsam meistern – dass sich das lohnt, davon bin ich fest überzeugt.

Ich hoffe, meine Ausführungen sind für Sie hilfreich, und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Antje Tillmann, MdB

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