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Frage von Benjamin C. •

Frage an Angelika Graf von Benjamin C. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Graf,

danke für die ausführlichen Antworten auf meine Fragen. Meine größte Befürchtung betrifft die Entwicklungen bei der EZB und der Bundesbank.

1. Die Bundesbank hat via dem sogenannten Target2 System Forderungen in Höhe von 800 Milliarden € gegen andere Zentralbanken. Warum gibt es hierzu keine Anhörung im Bundestag? Die Target-Forderungen steigen jeden Monat dramatisch an und könnten in einem Jahr auf gigantische 1600 Milliarden € anschwellen. Welche Sicherheiten hierfür genau bestehen konnte mir die Bundesbank nicht beantworten.

2. Die Bilanzsumme der EZB ist seit Anfang des Jahres von 2000 Mrd€ auf 3000 Mrd€ angewachsen. Gleichzeitig spricht der ehemalige Chefs-Volkswirt der EZB von "erschreckender" Bilanzqualität. Die EZB hat zudem nach der Schätzung von Openeurope einen drohenden Verlust von 440 Mrd€ im SMP Programm.

3. Sie sprechen die Bemühungen in Spanien an. Die Größe des spanischen Bankensystems ist 4000 Mrd€. Das spanische Bankensystem hat fast kein Eigenkapital mehr und eine Rettung würde ca. 10% davon betragen, also 400 Mrd€. Spanien ist heute schon insolvent, wenn Deutschland für Forderungen Sicherheiten verlangen würde. Diese Länder brauchen endlich einen Schuldenerlass und ihre eigene Währung.

4. Auf Basis welchen Rechts werden all diese Entscheidungen gefällt? Der §125 AEUV verbietet ganz klar und eindeutig Bail-Outs. Euro-Bonds wie sie von der SPD gefordert werden verstoßen noch eklatanter gegen diese Grundlagen der Euro-Zone. Die EU befindet sich jetzt vollends in einem gesetzeslosen Raum. Wer, wenn nicht die Opposition, soll den deutschen Rechtsstaat verteidigen? Die Aufgabe der Unabhängigkeit der Geldpolitik und die Zerfallserscheinung der Demokratie sind außerordentlich beunruhigend. Die politische Klasse bemüht sich um den EU-Superstaat, aber wenn es so weiter geht wird das ganze in Währungsreform, Anarchie und Bürger-Krieg enden. Man braucht nur nach Griechenland zu schauen.

Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Cordes

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Cordes,

vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-E-Mail vom 18. Juli 2012. Gerne nehme ich zu Ihren Fragen Stellung:

Frage: Warum gibt es zu der Target-2-Problematik keine Anhörung im Bundestag?

Antwort: Die gab es schon. Das Thema war Teil der Anhörung zum ESM und dem Fiskalpakt. Die Sachverständigen äußerten dabei, dass die Salden sich regulär wieder abbauen werden, wenn sich die Märkte beruhigen und - nicht zuletzt durch Reformen in den Krisenländern - das Vertrauen zurückkehrt. Ein wirkliches Problem wird in den Salden dann gesehen, wenn es zu Staatspleiten kommen sollte. Letztere wären die Folge, wenn der Bundestag sich Hilfsmaßnahmen, wie dem ESM, verweigern würde. Das Ziel der SPD ist daher, Staatspleiten zu vermeiden.
Siehe:
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a08/anhoerungen/Fiskalpakt_und_ESM/088_Protokoll.pdf

Frage: Auf Basis welchen Rechts werden all diese Entscheidungen gefällt? Der §125 AEUV verbietet ganz klar und eindeutig Bail-Out.

Antwort: Die EU-Mitglieder dürfen nicht dazu gezwungen werden, für die Schulden anderer zu haften. Es ist aber nicht verboten, freiwillig zu helfen (was die Länder ja nicht aus lauter Großzügigkeit machen, sondern aus dem eigenen Interesse heraus). Wobei es die gemeinschaftliche Haftung ganz ohne die Kontrolle des Parlamentes ja schon lange über die EZB gibt und die Diskussion über Euro-Bonds und die gemeinschaftliche Haftung, die angeblich erst damit eingeführt werden würde, eine politische Show-Veranstaltung ist. CDU/CSU/FDP schweigen zur Rolle der EZB und „warnen“ lautstark vor Euro-Bonds, weil sie meiner Meinung nach hoffen, dass die Menschen nicht mitkriegen, welche gemeinschaftliche Haftung es über die EZB schon gibt und bei den Menschen nur die Botschaft hängenbleibt, dass die Regierungsparteien eisern gegen gemeinschaftliche Haftung seien, während der Rest das Geld gerne mit vollen Händen aus jedem Fenster werfen wolle. Das ist natürlich ein Märchen. Richtig ist, dass die SPD der Ansicht ist, dass die EZB nicht für innenpolitische Ziele der Parteipolitik benutzt werden sollte, sondern wir eine ehrliche Debatte darüber führen müssen, ob wir die „heimliche“ gemeinschaftliche Haftung durch die EZB nicht besser in eine gemeinschaftliche Haftung zum Beispiel im Rahmen eines vom Sachverständigenrat der Bundesregierung empfohlenen Schuldentilgungsfonds überführen und so auch kontrollieren können.

Anbei auch noch ein Link zu einem Interview mit Herrn Steinmeier, aus dem auch hervorgeht, dass wir gerade nicht die EZB-Problematik verschweigen: http://www.spdfraktion.de/presse/interviews/wir-sagen-was-ist-%E2%80%93-frau-merkel-nicht

Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf