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Andreas Schwab
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Frage von David B. •

Frage an Andreas Schwab von David B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schwab,

als Unionsbürger und Einwohner Ihres Wahlkreises erhoffe ich mir offene Antworten auf meine Fragen zum Thema Lobbying. Laut wissenschaftlichen Schätzungen agieren auf europäischer Ebene bis zu 25.000 Lobbyisten (Quelle: Weidenfeld, Werner 2010: Die Europäische Union. Paderborn, S. 145f.); das europäische Transparenzregister verzeichnet 4089 offiziell akkreditierte Organisationen mit Zugang zu den europäischen Institutionen (Quelle: http://ec.europa.eu/transparencyregister/public/consultation/statistics.do;TRPUBLICID=5GrcPTJYHc2d2vZm3B5YlsH2CMkfxL30j2DBYZn3RDXLspr92yH6!-501050364?action=prepareView ). Angesichts dieser Zahlen drängt sich für einen Außenstehenden der Eindruck auf, dass Lobbying in der EU ein schwer kontrollierbares Ausmaß annimmt und ihre demokratische Legitimation unterminiert. Daher stellen sich mir folgende Fragen:

Inwieweit stützen Sie sich in Ihren Entscheidungen und Auschusstätigkeiten auf Informationen, die Ihnen durch Lobbykontakte zugespielt werden? Gerade im wirtschaftlichen Bereich, in dem Sie tätig sind, ist bereits mehrfach auf den überproportionalen Einfluss von Unternehmens- und Kapitalinteressen aufmerksam gemacht worden (siehe nur dieser Artikel aus der ZEIT: http://www.zeit.de/2012/06/Bankenlobby ). Können Sie diesen Eindruck bestätigen?
Weshalb partizipieren Sie nicht bei Initiativen wie dem ´Gläsernen Abgeordneten´ und stellen Ihre Nebeneinkünfte und Gesprächstermine auf Ihrer Website ins Netz?
Welchen Erfolg messen Sie der Europäischen Transparenzinitiative bei? Welche Rolle spielen Transparenzrichtlinien im Berufsalltag eines Abgeordneten?

Mit freundlichen Grüßen,

David Becker

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Sehr geehrter Herr Becker,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Die Anzahl der Lobby-Organisationen in Brüssel hat in den letzten Jahren zugenommen. Allerdings hat das Europäische Parlament mit der Einführung eines sogenannten "Transparenzregisters" mehr Klarheit darüber geschaffen, wer für welche Organisationen tätig ist. Daneben hat das Europäische Parlament einen "Verhaltenskodex" für seine Mitglieder beschlossen, nach dem alle Abgeordneten ihre Nebeneinkünfte auf der Homepage des Europäischen Parlaments veröffentlichen müssen.

Ich kann Ihnen aus meiner Tätigkeit, beispielsweise bei der Vereinheitlichung der Verbraucherrechte berichten, dass Transparenz zunächst einmal bedeutet, alle Meinungen einzuholen. Deshalb habe ich mich mit sehr vielen Bürgern getroffen, um mir meine Meinung zu bilden, wie Europa mit dieser komplizierten Richtlinie wirklich vorankommen kann:

Zuallererst mit den Vertretern der Mitgliedstaaten, die zwar nicht als Lobbyisten bezeichnet werden, aber dennoch "ihre" Interessen durchsetzen wollen; weiterhin mit den Mitarbeitern der Europäischen Kommission, mit den Vertetern der großen Industrie- und Unternehmensverbände, mit Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern, mit den Vertretern der Verbraucherorganisationen auf EU- und auf mitgliedstaatlicher Ebene, mit einzelnen Unternehmen, die spezielle Anliegen geltend gemacht hatten sowie mit individuellen Verbrauchern, die mir über ihre Probleme berichtet haben.

Der Ausschuss des Europäischen Parlaments hatte für diese Richtlinie mehrfach öffentliche Anhörungen veranstaltet, die im Internet "live" zu verfolgen waren. Wer sich also wirklich dafür interessierte, konnte ganz gut sehen, auf welcher Grundlage sich die Meinung der Abgeordneten entwickelt hat.

Ich kann aus dieser Erfahrung heraus berichten, dass man angesichts von mehr als ca. 300 Gesprächen insgesamt kaum vollständige "Transparenz" schaffen kann, selbst wenn alle diese Termine irgendwo aufgelistet werden. Zumal dann schnell die Frage kommen wird, warum nicht "jeder" der Gesprächspartner "gleichviel" Zeit bekommen hat, obwohl doch die unterschiedlichen Gesprächspartner über ganz unterschiedliche Kompetenzen und Mitarbeiter verfügen.

Im Übrigen muss jeder Abgeordnete am Ende seine Entscheidung ohnehin an seiner Überzeugung sowie an den Interessen seines Wahlkreises ausrichten. Die dann im Ergebnis bei der Abstimmung im Parlament getroffene Entscheidung des Abgeordneten ist zudem vollumfänglich einsehbar, so dass Transparenz jedenfalls zu diesem Zeitpunkt gegeben ist.

Sollten Sie jedoch eine konkrete Detailfrage zu irgendeiner Entscheidung haben, so lade ich Sie gerne in meine Bürgersprechstunde ein. Dort haben Sie die Möglichkeit, mir Ihr Anliegen zu schildern oder schreiben Sie mir eine Email. Oder aber, Sie sprechen mich bei einem meiner vielen Wahlkreistermine an, dann können wir sehr gerne im Detail darüber sprechen.

Transparenz ist für einen Abgeordneten im Alltag sehr wichtig - als Abgeordneter darf man von niemandem abhängig sein. Um mich breit zu informieren, führe ich zu allen Gesetzgebungsvorhaben intensive Gespräche in alle Richtungen. Und dennoch bleiben bestimmte Überzeugungen, für die ich dauerhaft eintrete:

Ich möchte kleine und mittlere Unternehmen weniger bürokratischen Regelungen gegenüber sehen als Großunternehmen - auch wenn das vielleicht auf den ersten Blick "ungerecht" erscheint. Ich möchte Verbraucherinnen und Verbraucher so stark wissen, dass sie informierte Entscheidungen treffen können, die wiederum den Wettbewerb in Europa erheblich zu steuern vermögen. Ich möchte Familien stärken. Ich möchte einen fairen Wettbewerb sichern und dafür eintreten, dass Europa mehr ist als ein gemeinsamer Markt - dafür trete ich ein, egal wer mich davon abzubringen versucht.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Andreas Schwab

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