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Frage von Hannelore K. •

Frage an Andrea Wicklein von Hannelore K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Wicklein,

Ihre Antworten an diverse Fragesteller ermutigen mich dazu, mich an Sie zu wenden:
ich beziehe mich auf das Buch EXIT - Wohlstand ohne Wachstum - Seite 61-64 - von Meinhardt Miegel, in dem er schreibt, dass seit dem Beginn der Industrialisierung das BIP um das 11-fache gestiegen sei, mithin das jahresdurchschnittliche Wachstum um reichlich 1%, die Weltbevölkerung um das 7,7-fache von 0,9 auf 6,9 Milliarden Menschen; folglich sei das derzeitige BIP rd. 80 mal so groß wie um 1800, dementsprechend das jahresdurchschnittliche Wachstum gut 2% betrage. Bei einer Fortschreibung bis 2100: Weltbevölkerung von gegenwärtig 6,9 auf 9 Milliarden Menschen gestiegen, das BIP gegenüber heute das 3,6-fache, statt der Güter und Dienste im Wert von rd. 61 Billionen US-Dollar in 2009 müssten Güter und Dienste im Wert von rd. 350 Billionen US-Dollar in 2090 erwirtschaftet werden. Und um die Kluft zwischen Reich und Arm zu schließen, müsste bei einem jährlichen Pro-Kopf-Wachstum von 2% in den westlichen Gesellschaften die globale Wachstumsrate sogar auf 4% steigen.
Ich kann diese Berechnung nicht nachvollziehen und bitte Sie daher um Ihre Stellungnahme zu der Frage, ob Wohlstand für alle ohne das so oft beschworene Wirtschaftswachstum möglich ist, das doch offenbar große Risiken birgt: wenn ich allein an die Zunahme der Autos und LKWs in wachsender Größe auf den Straßen denke! Grauenhaft !!! Bäume wachsen ständig, aber nicht grenzenlos - nicht in den Himmel - und versorgen alle ihre Äste, Zweige, Blätter und Früchte gleichermaßen ausreichend gut!

Mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen und freundlichem Gruß,

Ihre Hannelore Kliche.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kliche,

Sie sprechen entscheidende Zukunftsfragen an, mit denen wir uns national wie auch international beschäftigen müssen. Wachstum kann heute nicht mehr nur bedeuten, mehr Produkte herzustellen, mehr zu exportieren und dabei mehr Rohstoffe einzusetzen. Vor allem kann Wachstum nicht bedeuten, dass nur einige Wenige von den Wachstumsraten profitieren, die große Mehrheit aber leer ausgeht. Ich bin davon überzeugt: Quantitatives Wachstum allein ist nicht mehr das entscheidende Maß für den Fortschritt und für unseren Wohlstand. Der rasante Anstieg der Weltbevölkerung, die Knappheit der Rohstoffe, der dramatische Klimawandel und vor allem Hunger und Armut in vielen Teilen der Erde zeigen deutlich, dass dieses frühere Verständnis von Wachstum längst seine Grenzen erreicht hat. Ich plädiere deshalb dafür, künftig von qualitativem Wachstum zu sprechen. Darunter verstehe ich eine nachhaltige Entwicklung, die wirtschaftliche Dynamik mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung vereint. Wollen wir unsere Wohlstand und unsere natürlichen Lebensgrundlagen auch für kommende Generationen sichern, dann müssen wir unseren Ressourcenverbrauch reduzieren, den erwirtschafteten Reichtum gerechter verteilen und die globalisierten Märkte in den Dienst des Menschen stellen. Nur so können wir Armut, Ausbeutung und der Verschwendung natürlicher Ressourcen wirksam entgegentreten. Dazu brauchen wir insbesondere eine neue Ordnung für den Wettbewerb, die langfristiges Wachstum entfaltet und die Fixierung auf den kurzfristigen Profit überwindet. Die Auswirkungen der weltweiten Finanzmarktkrise haben uns dies deutlich vor Augen geführt.

Herzliche Grüße
Andrea Wicklein