Große Konzerne und Lobbyagenturen haben Vertraute von Merz, Spahn und Pistorius engagiert, zeigt unsere neue Recherche. Auf diesem Wege erhalten Rüstungs- und Pharmaunternehmen direkten Zugang zur Spitze der Regierungskoalition. Außerdem in diesem Newsletter: Hohe Spenden für AfD und CDU.
Die Themen im Überblick:
- Die verdeckten Lobbynetzwerke der Konzerne
- „Welchen Satz möchten Sie im Koalitionsvertrag lesen?“
- +++ Großspenden-Ticker: Hohe Summen für CDU und AfD +++
- Abstimmungen zu Familiennachzug und Corona-Ausschuss: Wer stimmte wie ab?
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufene Recherche im letzten Newsletter: Friedrich Merz und die 150.000 Aktien (Regierungsmitglieder verweigern Angaben zu Aktienbesitz)
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Die verdeckten Lobbynetzwerke der Konzerne

© | alle Fotos: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka (Wadephul) | Andreas Gora (Pistorius) | Katharina Kausche (Merz) | Geisler-Fotopress/Bernd Elmenthaler (Spahn). Montage: abgeordnetenwatch |
Mindestens 670 Lobbyist:innen im Berliner Regierungsviertel waren früher selbst Teil des politischen Apparats – oder sind es immer noch. Recherchen zeigen ihre Verbindungen bis in die Spitzen der Koalition:
- Ein früherer SPD-Abgeordneter und Duzfreund von Verteidigungsminister Boris Pistorius arbeitet jetzt als Rüstungslobbyist für einen Hersteller von Kampfdrohnen. Das Unternehmen hofft auf einen Großauftrag der Bundeswehr noch in diesem Jahr.
- Ein Ex-Büroleiter von Friedrich Merz lobbyiert im Auftrag einer Agentur für Unternehmen aus der Pharmaindustrie. Im Wahlkampf bot die Agentur Unterstützung bei der Platzierung von politischen Anliegen bei Parteien an.
- Ein langjähriger Vertrauter von Unionsfraktionschef Jens Spahn arbeitet als Lobbyist für internationale Großkonzerne. Bei seinem Ausscheiden aus der Politik sagte er: "Ich bleibe meinem langjährigen Chef Jens Spahn auch in Zukunft sehr verbunden.”
Und dann ist da noch ein weiterer brisanter Fall: Ein hoher Beamter aus dem Wirtschaftsministerium wechselte zu einem eFuels-Unternehmen – dessen Projekt er zuvor mit einer Millionen-Förderung unterstützt hatte.
Artikel lesen: Die verdeckten Lobbynetzwerke der Konzerne
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„Welchen Satz möchten Sie im Koalitionsvertrag lesen?“
Mit dieser Frage warb die Lobbyagentur 365 Sherpas im letzten Wahlkampf um Aufträge von Unternehmen und Verbänden. Ansprechpartner: ein Vertrauter von Kanzler Friedrich Merz, wie wir jetzt aufgedeckt haben. 2022 machte Merz ihn zu seinem Büroleiter in der CDU-Parteizentrale. Heute lobbyiert er für große Pharmaunternehmen, bis vor kurzem auch für den Immobilienkonzern Vonovia.
Sorgte Merz’ ehemaliger Büroleiter dafür, dass Anliegen von Konzernen im Koalitionsvertrag landeten? Auf unsere Frage, ob er während der Koalitionsgespräche Kontakt zu Mitgliedern der Verhandlungsteams hatte, wollte der Lobbyist keine Auskunft geben.
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+++ Großspenden-Ticker: Hohe Summen für CDU und AfD +++
CDU und AfD haben zuletzt neue Großspenden erhalten:
- Das Unternehmen Johannes Schuetze Energy Import AG aus Hamburg ließ der CDU 50.000 Euro zukommen.
- Weitere 50.000 Euro erhielt die CDU von Hans-Helmuth Walther Schmidt, einem Geschäftsführer von Immobilien- und Beteiligungsgesellschaften aus Bergisch-Gladbach.
- Die AfD bekam 50.000 Euro von Daniela End, einer Privatperson aus Bad Oeynhausen.
Großspenden von mehr als 35.000 Euro müssen dem Bundestag unverzüglich gemeldet werden und werden anschließend auf der Bundestagswebsite veröffentlicht.
Abstimmungen zu Familiennachzug und Corona-Ausschuss: Wer stimmte wie ab?
Vor der Sommerpause hat der Bundestag wichtige Entscheidungen in namentlicher Abstimmung getroffen. Die Abgeordneten beschlossen, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre auszusetzen. Außerdem bewilligten sie die Fortsetzung eines Bundeswehreinsatzes vor der libanesischen Küste sowie weiterer Missionen. Keine Mehrheit fand ein Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie.
Worum es in den Anträgen genau ging und wer wie abgestimmt hat, erfahren Sie hier:
- Familiennachzug: So stimmten die Abgeordneten
- Bundeswehreinsatz vor der libanesischen Küste
- Corona-Untersuchungsausschuss: So stimmten die Abgeordneten
Weitere namentliche Abstimmungen aus dieser Legislaturperiode finden Sie hier.
Fragen und Antworten des Monats
- Verhinderung von Kandidatin für Verfassungsgericht | „Wie kann es sein, dass die AfD Sie auffordert, eine Richter-Kandidatin zu verhindern – und Sie das dann auch noch bestätigen?“ fragt eine Bürgerin die CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig. Anlass ist ein Post auf X, in dem die Bundestagsabgeordnete Joana Cotar (fraktionslos, ehemals AfD) forderte, die SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf zu verhindern. Ludwig kommentierte: „Erledigt.“ Eine Antwort liegt noch nicht vor. Hier können Sie sich per Mail bei Eintreffen benachrichtigen lassen (auf „Folgen“ klicken und Mailadresse eingeben).
- Regenbogenflagge und “Zirkuszelt”-Äußerung | „Wie stehen Sie dazu, dass die Regenbogenflagge nicht zum Berliner CSD gehisst werden soll?“ fragt ein schwuler Mann die CSU-Abgeordnete Anja Weisgerber. Er spielt damit auf Äußerungen von Friedrich Merz (CDU) an, der das Hissen der Flagge auf dem Bundestag mit einem „Zirkuszelt“ in Verbindung brachte. Weisgerber schreibt: „Ich distanziere mich entschieden von unangebrachten Äußerungen, und würde den CSD nie als Zirkuszelt bezeichnen.“ Die Flagge sei ein „wichtiger symbolischer Akt“. Sie betont, dass sie sich “für eine Gesellschaft einsetze, in der jeder Mensch, unabhängig von der sexuellen Orientierung, sicher und akzeptiert leben kann.” Frage und Antwort lesen.
- Baskenmütze im Bundestag | „Woher nehmen Sie sich das Recht, Baskenmützen aus dem Bundestag zu verbannen und gleichzeitig florale Kostüme zu tolerieren?“ fragt ein Bürger Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU). Diese hatte den Linken-Abgeordneten Marcel Bauer während einer Sitzung aufgefordert, entweder zu gehen oder seine Kopfbedeckung abzuziehen. Klöckner verweist in ihrer Antwort auf das freie Mandat, betont aber das Hausrecht im Plenum: „Wenn ich diese Mütze hätte durchgehen lassen, wäre der nächste mit einer Golfkappe und der dritte mit einem Stahlhelm gekommen.“ Frage und Antwort lesen.
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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