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Frage von Eveline M. •

Frage an Werner Pidde von Eveline M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Dr. Pidde,

am 18.06.09 ist vom Bundestag das Gesetz zur Errichtung einer Zensur-Infrastruktur für das Internet beschlossen worden. Formal heißt es "Zugangerschwerungsgesetz (ZugErschwG)" und soll die Kinderpornografie im Internet bzw. den sexuellen Missbrauch und die Vergewaltigung von Kindern wirkungsvoll bekämpfen. Zumindest so die Meinung der Befürworter des Gesetzes.

Am 10.07.09 wurde es vom Bundesrat durchgewunken. Zu wenig Unterstützung erhielten diejenigen, die den Vermittlungsausschuss anrufen wollten. Vorgesehen ist, dass das Gesetz nach 2 Jahren evaluiert und bis 31. Dezember 2012 in Kraft bleibt. Möglicherweise landet es wieder zur Entscheidung beim Bundesrat.

Derzeit vertreten das Land Thüringen im Bundesrat ausschließlich CDU-Politiker. Am 30.08.09 wird indirekt die Thüringer Vertretung im Bundesrat mitgewählt.

Unter anderen bezweifeln die Kritiker, dass die Zuständigkeit beim Bund liegt, ein solches Gesetz zu verabschieden. Die Bekämpfung fiele ins Polizei- und Sicherheitsrechts und damit in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder.

Aus diesen Gründen würde ich gern Ihre Ansicht - als Kandidat zur Landtagswahl - zum ZugErschwG wissen.

Viele Kritiker sehen in diesem Gesetz kein erfolgreiches Mittel zur Bekämpfung von Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, dafür jedoch den Einstieg in die politisch motivierte Internetzenszur und die Aufhebung der Gewaltenteilung.

Eine Vielzahl von Sperrgegner, deren klare Forderung "Löschen statt Sperren" ist, findet sich nicht nur in der bisher meistgezeichneten Petition an den Bundestag (134.015 BürgerInnen), den Oppositionsparteien im Bundestag, sondern auch in den Reihen der SPD, obwohl die Bundes-SPD (bis auf 2 Ausnahmen) für das Gesetz gestimmt hat. Leider konnte ich bisher kaum Sperrgegner aus der Thüringer SPD wahrnehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Eveline Marsell

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Marsell,

vielen Dank für Ihre Frage zum Zugangerschwerungsgesetz. Da es sich um ein Bundesgesetz handelt, haben wir diese Problematik bisher nicht in der Landtagsfraktion bzw. einem Arbeitskreis der Fraktion beraten. Ich kann Ihnen also nur meine Meinung „aus dem Bauch heraus“ mitteilen, weil mir das notwenige fachliche Hintergrundwissen fehlt. Aber schon oft im Leben habe ich mit meinem „Bauchgefühl“ goldrichtig gelegen.

Meines Erachtens handelt es sich bei dieser Problematik um eine Gratwanderung zwischen Möglichkeiten der Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet einerseits und der Zensur des Internets andererseits.

Auf jeden Fall muss mehr gegen die Kinderpornografie getan werden. Seiten mit solchen Inhalten dürfen nicht im Internet für jedermann zugänglich sein. Ob Verträge mit einzelnen Access-Providern ausreichen, bezweifele ich. In anderen Ländern soll die Einführung des Filters wirklich etwas gebracht haben. Es gibt weniger Nutzer und die Zahl der Neuproduktionen sinkt - das heißt weniger missbrauchte Kinder.

Ich teile aber auch Ihre Befürchtungen, dass mit dem Sperrverfahren ein Einstieg in die Internetzensur vorgenommen wird. Als ehemaliger DDR-Bürger weiß ich wie wichtig Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung sind. Diese Grundsätze sollte man nicht so einfach über Bord werfen. Deshalb bin ich vom Grundsatz her gegen jede Art von staatlicher Zensur.

Es ist also eine schwierige Gratwanderung. Soweit meine Meinung zu Ihrer Frage.

Mit freundlichem Gruß
Dr. Werner Pidde