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Frage von Helga M. •

Frage an Uwe Barth von Helga M. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Barth,

die politischen Bestrebungen, die Deutsche Bahn zu privatisieren beschäftigen mich und viele andere Mitbürger.
Für mich ist es ein Wiederspruch daß unsere Politik einerseits sich um Klimaschutzprogramme bemüht, die Bahn aber als umweltfreundliches Verkehrsmittel an die Börse bringen will obwohl die meisten Menschen im Lande gegen eine Privatisierung der Bahn sind.

Wie erklären Sie diese Widersprüche?
Freundliche Grüße aus Thüringen von einer noch begeisterten Bahnfahrerin

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Müller,

vielen Dank für Ihre Frage zur Privatisierung der Deutschen Bahn. Auch ich bin begeisterter Bahnfahrer. Nicht zuletzt deshalb liegt mir die Zukunft des Schienenverkehrs am Herzen. Ich stehe allerdings, wie auch die FDP-Bundestagsfraktion einer Privatisierung der Deutschen Bahn positiv gegenüber.

Die FDP orientiert sich dabei unverändert an den Zielen der Bahnreform, die sie 1993 als Regierungsfraktion maßgeblich auf den Weg gebracht hatte. Wir wollen den Verkehrsträger Schiene stärken und die Belastungen des Steuerzahlers senken. Das Schlüsselinstrument dafür ist Wettbewerb auf der Schiene, den wir konsequent fördern wollen. Eine Wettbewerbsbranche Schienenverkehr ist auch die beste Gewähr für die Sicherung von Beschäftigung im Bahnsektor. Dies sind somit die Leitlinien für unsere Position zur Bahnprivatisierung.

Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt das Modell der geplanten Teilprivatisierung, das Verkehrsminister Tiefensee jetzt vorgestellt hat, entschieden ab. Ich will aber nicht ausschließen, dass dabei für uns auch andere Motive maßgeblich sind, als die in Ihrem Brief angesprochenen Punkte. Wir wenden uns nicht grundsätzlich gegen eine Privatisierung der Deutschen Bahn, sondern wollen sichergestellt wissen, dass Wettbewerb auf der Schiene möglich ist und eine klare Unterscheidung zwischen staatsnahen und staatsfernen Aufgaben erfolgt.

Aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion muss daher bei der Privatisierung zwischen den Infrastrukturbereichen einerseits und den Transport- und Logistikbereichen andererseits unterschieden werden. Nach Art. 87e Absatz 3 Grundgesetz muss der Bund dauerhaft Mehrheitseigentümer der Infrastrukturgesellschaften bleiben. Das ist auch sinnvoll, weil die Infrastruktur – also vor allem das Schienennetz – dauerhaft nur mit hohen Zuschüssen des Bundes unterhalten werden kann. Eine Privatisierung würde dazu führen, dass die Zuschüsse letztlich in Aktionärsdividenden verwandelt würden, was selbstverständlich nicht Sinn der Sache sein kann. Außerdem muss auch berücksichtigt werden, dass die Infrastruktur als Drehscheibe des Verkehrs auch das Schlüsselinstrument ist, um Wettbewerb auf der Schiene zu behindern. Aus diesem Grunde muss die Infrastruktur erstens vom restlichen DB-Konzern getrennt und zweitens nicht privatisiert wird. Es kann nicht im Interesse des Bundes oder allgemein des deutschen Steuerzahlers liegen, mit der Deutschen Bahn AG unter Einsatz von Steuermitteln einen global agierenden Mobilitäts- und Logistikdienstleister aufzubauen. Ein solcher Staatskonzern passt nicht in die Unternehmenslandschaft. Es wäre eine grobe Verletzung der ordnungspolitischen Spielregeln gegenüber privaten Unternehmen derselben Branche, die sich nicht auf eine staatlich garantierte Konkursfestigkeit verlassen können. Aufgabe des Staates ist die Wahrnehmung der Infrastrukturverantwortung – nicht mehr und nicht weniger. Als Transport- und Logistikunternehmer ist der Staat weder gefragt noch kompetent. Ein integrierter Börsengang verbietet sich aus allen diesen Gründen. Die Privatisierung der Transport- und Logistiksparten hingegen ist sinnvoll, denn diese Geschäftsfelder haben - anders als die Infrastruktur - nichts mit staatlichen Aufgaben zu tun. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, nach welchem der Bund zwar formaler Eigentümer der Infrastrukturgesellschaften bleiben soll, das wirtschaftliche Eigentum in diesen Gesellschaften jedoch der DB AG übertragen wird. Damit kommt es faktisch doch zu einer Teilprivatisierung des Schienennetzes. Es handelt sich um ein verkapptes Integrationsmodell. Dieses so genannte „Eigentumssicherungsmodell“ lehne ich ab. Es besitzt alle Nachteile des Integrationsmodells im Hinblick auf nachteilhafte Wirkungen auf den Wettbewerb, die Stärkung der Schiene im intermodalen Wettbewerb und die Entwicklung der Kosten für die Steuerzahler. Besonders absurd ist, dass der Bund später – will er das Netz als bundeseigenes Unternehmen weiter führen – einen Wertausgleich zahlen muss, der mit mindestens 7,5 Milliarden Euro höher sein wird, als die jetzt für die Hälfte des Gesamtkonzerns zu erwartenden Privatisierungserlöse (5 – 8 Mrd. Euro).

Aus all diesen Gründen halte ich es für richtig, die Infrastruktur bei einer bundeseigenen Gesellschaft zu belassen und die Transport- und Logistiksparten der Bahn zu privatisieren. Diese Privatisierung halte ich deshalb für richtig, weil nicht einzusehen ist, warum der Bund sich dauerhaft als Transport- und Logistikunternehmer betätigen soll. Durch das Modell der FDP-Bundestagsfraktion wäre auch sichergestellt, dass es zu keinen Streckenstilllegungen in der „Fläche“ kommt. Gleichzeitig würde das System Schiene insgesamt durch verbesserten Wettbewerb gestärkt.

Einen direkten Einfluss der Eigentumsverhältnisse bei der Deutschen Bahn auf die Umweltfreundlichkeit dieses Verkehrsmittel sehe ich zwar nicht. Ich halte es aber für möglich, dass ein privater Schienenverkehr durch mehr Wettbewerb Service, Komfort und Pünktlichkeit weiter verbessert und dadurch neue Kunden an sich binden kann. Insofern hätte eine Privatisierung sogar einen positiven Effekt.

Mit freundlichen Grüßen
Uwe Barth