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Frage von Nadine A. •

Frage an Ursula von der Leyen von Nadine A. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau von der Leyen,

bei meiner Frage handelt es sich um das Elterngeld.
Und zwar möchte ich gerne wissen, wieso man bei dem Elterngeld von "steuerfrei" sprechen kann, wenn es bei dem Lohnsteuerjahresausgleich so stark ins Gewicht fällt, das es dann nachher statt einer zu erwartenden Rückerstattung zu einer Nachzahlung kommen kann ( Und wir haben nur den Mindestsatz von 300 € bekommen ) ? Außerdem bekommt man dieses Elterngeld auch nicht für 12 Monate , sondern eigentlich nur für 10 Monate . Wie kann das sein ? Zudem muss ich deutlich sagen, das es in unserer Familie leider nicht von Vorteil war, das das Elterngeld gekommen ist, da ich wegen einem älteren Geschwisterkind zu Hause war und dann nur den Mindestsatz von 300 € + Geschwisterbonus für 1 Jahr bekommen habe statt wie vorher 2 Jahre . Klingt irgendwie alles nicht so gerecht, oder ?

Mit freundlichen Grüßen
Ascheberg

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Ascheberg,

1. Zunächst äußern Sie Ihr Unverständnis, warum das Elterngeld als steuerfrei bezeichnet wird, obwohl es doch dem Progressionsvorbehalt unterliegt. Dazu folgende Anmerkungen und Erläuterungen:

Das Elterngeld selbst ist steuerfrei. Das heißt, von dem Betrag, den Sie als Elterngeld ausgezahlt bekommen, werden keine Steuern abgezogen. Richtig ist aber, dass das Elterngeld für die Ermittlung des Steuersatzes, der auf das steuerpflichtige Einkommen anzuwenden ist, zum Einkommen hinzugerechnet wird. Auf das Einkommen, das zu versteuern ist, entfallen daher mehr Steuern. Das Elterngeld wird damit steuerlich so behandelt wie andere Leistungen, die Einkommen ersetzen, z.B. das Mutterschaftsgeld.

Dies entspricht dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Denn danach ist der Steuersatz nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu bemessen. Wenn sich also durch den Bezug von Elterngeld oder andere steuerfreie Einkommensersatzleistungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person insgesamt erhöht, muss sie dementsprechend auf ihr zu versteuerndes Einkommen (zu dem das Elterngeld gerade nicht zählt) einen Steuersatz zahlen, der ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht. Familien mit geringem Einkommen sind hingegen vom Progressionsvorbehalt mangels steuerlicher Leistungsfähigkeit häufig gar nicht oder nur geringfügig belastet.

2. Zudem weisen Sie darauf hin, dass Sie das Elterngeld für 10 Monate und nicht für 12 Monate bezogen haben. Ich gehe davon aus, dass Sie mit den beiden Monaten, in denen Sie kein Elterngeld erhalten haben, die Monate meinen, in denen Sie Mutterschaftsleistungen bezogen haben. Die Anrechnungsregelung, die Sie damit kritisieren, erklärt sich vor folgendem Hintergrund:

Das Elterngeld soll allen Eltern in der ersten Zeit nach der Geburt des Kindes dessen Betreuung ermöglichen, ohne dadurch allzu große Einkommenseinbußen fürchten zu müssen. Es soll einen Schonraum schaffen, in dem sich die Familie nach der Geburt ihres Kindes auf die neue Situation einstellen und zusammenfinden kann. Zu diesem Zweck ersetzt es den berechtigten Personen in der Regel zwei Drittel des Voreinkommens. Bis zum 12 bzw. 14. Lebensmonat des Kindes gibt es daher für jeden Monat einen Monatsbetrag, insgesamt also maximal 14 Monatsbeträge.

Die Begrenzung des Schonraums auf 14 Monate beruht auf folgender Erwägung: Die Erfahrung lehrt, dass längere Erwerbsunterbrechungen auf lange Sicht oft nicht aufzuholende, über den Einkommensausfall hinausgehende finanzielle Nachteile gegenüber kinderlosen Paaren: Je länger und je häufiger die Erwerbstätigkeit ausgesetzt wird, umso schlechter sind die Rückkehrmöglichkeiten, die Karrierechancen und die Altersvorsorge und umso größer ist das Armutsrisiko der Familie. Nach dem Konzept des Elterngeldes geht es also darum, gezielt in einer bestimmten Zeit nach der Geburt zu unterstützen. Das ändert nichts an der individuellen in jeder Hinsicht zu respektierenden Wahlfreiheit zur Frage der Aufteilung und Organisation von Erwerbsarbeit und Erziehungsleistung.

Bis zum 12. bzw. 14. Lebensmonat nach der Geburt ist das Elterngeld also eine Leistung zum Ersatz von weggefallenen und noch nicht ersetzten Einkommen. Dort, wo dieser Schonraum bereits durch andere Leistungen, wie z.B. Mutterschaftsleistungen, abgesichert ist, ist das Elterngeld nicht erforderlich, um den angestrebten Schutz zu gewährleisten.

3. Mit Ihrer dritten Frage wenden Sie ein, dass Sie sich nach Ihrer Auffassung mit dem vor der Einführung des Elterngeldes gewährten Erziehungsgeld besser gestanden hätten. Dazu bitte ich Folgendes zu bedenken:

Das Bundeserziehungsgeld hat Eltern eine bedarfsorientierte finanzielle Unterstützung angeboten, die sich am Einkommen orientierte, den Einkommenseinbruch bei Wegfall eines Erwerbseinkommens jedoch nicht vermeiden konnte. Bei den im Jahr 2006 geborenen Kindern haben knapp ein Viertel der Familien (23%) überhaupt kein Erziehungsgeld bekommen und nur etwa die Hälfte aller Eltern hat zumindest länger als sechs Monate den maximalen Erziehungsgeldbetrag von in der Regel 300 Euro monatlich bezogen. Ein Viertel der Eltern erhielt ein gemindertes Erziehungsgeld, die Hälfte von ihnen nur 12 Monate. Wie auch die Ergebnisse der jüngsten Elterngeldevaluation belegen, schafft es das Elterngeld, die Familieneinkommen während der Bezugszeit zu stabilisieren.

Das bisherige Bundeserziehungsgeld hat Müttern und Vätern zudem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht in ausreichendem Maße ermöglicht. Es begünstigte eine Rollenteilung zwischen Männern und Frauen, die häufig nicht den Lebenswünschen der Paare entsprach. Bei den betroffenen Familien verursachten die durch das Erziehungsgeld begünstigten längeren Erwerbsunterbrechungen auch auf lange Sicht oft nicht aufzuholende, über den Einkommensausfall hinausgehende finanzielle Nachteile gegenüber kinderlosen Paaren: Je länger und je häufiger die Erwerbstätigkeit ausgesetzt wird, umso schlechter sind in der Regel die Rückkehrmöglichkeiten, die Karrierechancen und die Altersvorsorge und umso größer ist in manchen Familien auch das Armutsrisiko dieserFamilie.

Die Elterngeldbezugszeit umfasst heute maximal 14 Monate. Viele bekommen zusätzlich zum Mindestelterngeld den Geschwisterbonus von mindestens 75 Euro pro Geschwisterkind oder den Mehrlingszuschlag, bei dem zusätzlich zum errechneten Elterngeld für jeden Mehrling 300 Euro monatlich bezahlt werden. Dies bedeutet, dass insbesondere auch Eltern mit geringem Einkommen nicht notwendigerweise mit dem Erziehungsgeld besser gefahren wären.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ursula von der Leyen