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Ulrike Gote
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Frage von Hans-Jörg R. •

Frage an Ulrike Gote von Hans-Jörg R. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Gote,

Krankenhäuser sind ein wesentlicher Teil einer guten Gesundheitsversorgung. Sie werden derzeit systematisch finanziell ausgeblutet. Die Krankenhausbeschäftigten sind das Hauptziel des Sparkurses. Immer weniger Stellen, immer größere Arbeitsbelastung und die Entlohnung bleibt immer mehr hinter der allgemeinen Entwicklung zurück.
Laut Gesetz sind die Länder verpflichtet, die Krankenhäuser ausreichend finanziell abzusichern. Dem kommt jedoch kein Land nach - das belegen Zahlen der Obersten Landesgesundheitsbehörden.
Die Unterfinanzierung der Krankenhäuser bestimmt zunehmend die Patientenversorgung und die Arbeitsbedingungen der Krankenhausbeschäftigten. Krankenhäuser bekommen häufiger zusätzliche Kosten auferlegt, die von den Kliniken nicht oder kaum beeinflussbar sind. Dies betrifft insbesondere die Tarifsteigerungen aus den vergangenen Tarifrunden, steigende Energiekosten, die Erhöhung der Mehrwertsteuer, aber auch die Anschubfinanzierungen für neue Versorgungsmodelle der Bundesregierung.
Der gesetzlich verordnete Budgetdeckel für die Krankenhäuser stranguliert die Krankenhäuser immer mehr. Dies zwingt die Krankenhäuser durch Absenkung der Personalkosten die finanziellen Lücken zu schließen.
Die Krankenhäuser in Deutschland sind in einer desolaten Situation. Patienten müssen immer schneller durch die Kliniken geschleust werden. Die flächendeckende Versorgung ist in Gefahr. Die Qualität der Patientenversorgung leidet und die Beschäftigten geraten immer mehr unter Druck. Immer mehr wird die Gesundheit zu einer Ware gemacht.

Was würden Sie bzw. was werden Sie im Falle einer Wahl gegen diese Missstände unternehmen?
Wie stellen Sie sich eine optimale Patientenversorgung vor?
Wie definieren Sie eine optimale Personalpolitik in den Krankenhäusern, damit diese ihre Patienten optimal versorgen können?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rabenstein,

auf Bundesebene treten die Grünen seit langem für eine Bürgerversicherung ein: Gesetzliche und private Krankenversicherung müssen zusammengeführt werden. Damit wird die Finanzierungsbasis gestärkt. Alle Bevölkerungsgruppen werden in den Solidarausgleich einbezogen. Im Rahmen der Bürgerversicherung werden Beiträge auf alle Einkommensarten erhoben. Durch die Ausweitung der Finanzierungsbasis und die Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen wird die Finanzierung der Krankenversicherung auf eine sichere Basis gestellt. So könnten Strukturdefizite und Gerechtigkeitslücken in der Krankenversicherung behoben werden.

Die Gesundheitsreform der Großen Koalition löst kein einziges Problem im Gesundheitswesen: Die Finanzreform ist gescheitert, sinnvoller Wettbewerb kommt nicht zustande, am Ende siegten die Lobbyisten und die Zeche zahlen die Versicherten. Wir haben den Gesundheitsfonds von Anfang an abgelehnt. Er schwächt das Solidarprinzip und führt zu unvorhersehbaren Konsequenzen für Versicherte, Arbeitgeber und Leistungserbringer.

Wir Grüne im Bayerischen Landtag fordern seit langem, dass Bayern seiner Pflicht bei der dualen Krankenhausfinanzierung besser nachkommt. Das Bekenntnis der CSU zum dualen System der Krankenhausfinanzierung ist ein Lippenbekenntnis, wenn man weiß, dass Bayern seinen Anteil an der dualen Finanzierung immer stärker auf die Kassen abwälzt. Weil der Freistaat zu wenig investiert, sind Quersubventionierungen aus Beitragsgeldern die Folge. Weil 40 bis 50 Prozent weniger investiert wird als erforderlich, gehen die Krankenhäuser immer mehr dazu über, die von den Krankenkassen zu zahlenden Fallpauschalen statt für Behandlung und Pflege für unaufschiebbare Investitionen einzusetzen. Das ist mit die Hauptursache dafür, dass es etlichen Kliniken finanziell so schlecht geht. Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft förderte der Freistaat im Jahr 2000 die Krankenhäuser noch mit Bauinvestitionen von rund 400 Millionen Euro, im Jahr 2005 waren es dagegen nur noch 65 Millionen Euro.

In vielen Krankenhäusern hat die Zahl der MitarbeiterInnen in der Pflege mittlerweile eine nach unten kritische Größe erreicht. Dies belastet PatientInnen und KrankenpflegerInnen. Wir wollen der Pflege wieder einen höheren Stellenwert zuschreiben. Es muss ausreichend Personal eingestellt werden und die schwere und verantwortungsvolle Leistung muss auch entsprechend vergütet werden. Insbesondere Servicegesellschaften sehe ich in diesem Zusammenhang kritisch: Es darf nicht sein, dass für die gleiche Leistung unterschiedlicher Lohn gezahlt wird und dass durch die Servicegesellschaften das Lohnniveau gedrückt wird.

Für die Gesundheitsversorgung in der Fläche brauchen wir in Zukunft flexible Lösungen. Dazu gehört soweit möglich der Erhalt kleiner Krankenhäuser, die auch die Funktion von MVZs erfüllen können oder mit MVZs zusammenarbeiten können. Wir brauchen weiterhin eine flächendeckende Versorgung mit Ärzten auf dem Land. Dies kann auch durch mobile Dienste erfüllt werden. Modelle, in denen der Hausarzt in Zukunft von einer "Gemeindeschwester" ersetzt wird, lehne ich ab.

Mit besten Grüßen
Ulrike Gote