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Frage von Bernhard S. •

Frage an Ulrich Kelber von Bernhard S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kelber

Sie sagten kurz vor der Bundestagswahl, dass Sie dem ZugErschwG (Zensurgesetz) zugestimmt haben, um wenn Sie eine Mehrheit für ein Gesetz brauchen andere Abgeordnete dann dafür stimmen. Nun meine Frage:
Welche Gesetze haben Sie eingebracht oder werden Sie einbringen für die Sie eine Mehrheit zu erhalten hoffen aufgrund Ihrer Zustimmung zum Zensurgesetz?
Es ist ja inzwischen von der CDU direkt zugegeben worden, dass das ZugErschwG ein Wahlkampfmanöver war. Jetzt soll es auch mit Hilfe von Herrn Köhler möglichst geräuschlos beerdigt und durch etwas ähnliches ersetzt werden.
Sehen Sie nun ein, dass die Gegner des Zensurgesetzes von vorn herein recht hatten?
Denken Sie, dass das historisch schlechte Ergebnis der SPD bei der BTW etwas mit derartigen Entscheidungen zu tun hat?
Es soll nun um die GG-widrigkeit der Hartz4-Gesetze und der ArGen zu beseitigen das GG geändert werden. Werden Sie dem zustimmen (evtl. mit Bauchschmerzen) und was werden Sie der Fraktion empfehlen?

Es würde mich freuen, wenn die SPD aus den Wahlniederlagen der letzten Jahre etwas lernen und die Trendumkehr schaffen würde. Leider sehe ich bei diesem quasipragmatischen Verhalten das auch jetzt noch an den Tag gelegt wird kaum eine Chance. Sogar die Agenda 2010 wird noch fast völlig ohne Kritik verteidigt. Gute Nacht SPD.

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Antwort von
SPD

Guten Tag Herr Sommer,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu Gesetzgebungsfragen.
Wie Sie ganz richtig schreiben, hielt und halte ich das sogenannte Zugangserschwerungsgesetz für falsch, daran hat sich nichts geändert, insofern freue ich mich mit den Kritikern, dass dieser Unsinn jetzt gestoppt wird. Es gibt aus meiner Sicht eine Reihe von sehr unterschiedlichen Gründen, warum die SPD bei der letzten Bundestagswahl so viele Stimmen verloren hat, dieses Gesetz gehört aber eher nicht dazu, weil es in der Bevölkerung dafür immer eine breite Mehrheit gegeben hat. Ich erarbeite derzeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen sowohl im Umweltbereich als auch im Verbraucherschutz eine Reihe von Gesetzentwürfen und Anträgen, bei den ich auf die Unterstützung der gesamten SPD-Bundestagsfraktion, aber auch in den Ländern hoffe. Sie werden diese - so bald sie in der Fraktion beschlossen sind - dann jeweils auf meiner Webseite (www.kelber.de ) nachlesen können.

Ich halte pragmatisches Denken und Verhalten in der Politik für richtig und notwendig, deshalb werde ich dies ganz sicher nicht abstellen. Und ich halte, genau wie meine Partei, große Teile der sogenannten Agenda 2010 nach wie vor für richtig und notwendig, deshalb wäre es dumm, diese jetzt für grundfalsch zu erklären. Wir sollten doch bitte nicht vergessen, dass die Agenda 2010 nicht nur aus den sogenannten Hartz-Gesetzen bestand. Und: Neuere Evaluationen bescheinigen der Agenda 2010 einen nachhaltigen positiven Effekt auf Beschäftigung und zwar insbesondere in den größten Problemgruppen Langzeitarbeitslose, jüngere und ältere Erwerbsfähige. Dafür muss sich die SPD doch nicht schämen, das war und ist Ziel unserer Politik.
Das Bundesverfassungsgericht hat übrigens weder die Argen noch das ALG II (Hartz IV) für grundgesetzwidrig erklärt, sondern Fehler in den zugrundeliegenden Gesetz bemängelt und entsprechende Änderungen eingefordert. Gerichtsvizepräsident Winfried Hassemer sagte zum Beispiel zu dem Argen-Urteil: "Die Entscheidung hört sich wie eine schallende Ohrfeige an den Gesetzgeber an. Aber sie ist keine." Das Urteil sei vielmehr "eine freundliche Ermunterung, bei der Suche nach der besten Lösung fortzufahren". Bei dem aktuellen Urteil zum ALG II wurde bemängelt, dass die Berechnungsgrundlagen für die Pauschalen nicht transparent sind und dass insbesondere bei Kindern und Jugendlichen der Bereich Bildung nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Hier muss und wird nachgebessert werden und das finde ich gut und richtig. Ob ich den entsprechenden Gesetzentwürfen der Bundesregierung dann zustimmen kann, weiß ich natürlich erst, wenn sie vorliegen.
Zielsetzung der SPD-Politik war und wird es in den nächsten Jahren sein die in allen Industriestaaten zunehmende Armut zu bekämpfen, die Auswüchse bei der Leiharbeit zu stoppen (auch die, die wir unbeabsichtigt mitverursacht haben), noch mehr Mindestlöhne einzuführen und optimale Angebote für Kinder und Jugendliche zu schaffen, um jedem eine Chance auf eine gute Ausbildung zu geben.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber