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Ulla Brede-Hoffmann
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Frage von Manfred B. •

Frage an Ulla Brede-Hoffmann von Manfred B. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Brede-Hoffmann,
was bringt Sie auf die Idee, dass Ganztagsschulen und Kindergartenplätze mit 2 Jahren eine Wohltat für die betroffenen Menschen darstellen? Der Schwerpunkt der Sozialisation sollte überwiegend in der Familie liegen - beide Konzepte entfernen ihn jedoch von der Familie und reduzieren damit das, woran es in den letzten Jahren ohnehin mangelte: die Zeit der Eltern für ihre Kinder! In erster Linie dienen beide Konzepte der Kapitalseite: Menschen, insbesondere Frauen, sollen auf Teufel komm raus von einem Arbeitsmarkt aufgesaugt werden, der ohnehin schon ein extremes Überangebot aufweist und zudem für Produktionsraten weit über ökologisch sinnvolle Maße hinaus ausreicht. Statt Kapazitätenabbau und radikaler Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich erleben wir aber nur Kontraproduktives: Rente ab 67, Reduzierung des Kündigungsschutzes, mehrdimensionale Lohnsenkungen mit dem Resultat, dass immer mehr Menschen notgedrungen länger arbeiten müssen (Bund und Länder forcieren diesen Irrsinn noch durch 40-Stunden-Tarifverträge, die ver.di derzeit - hoffentlich erfolgreich - bekämpft), während gleichzeitig immer mehr Menschen in die Dauerarbeitslosigkeit abgeschoben werden. Was in diesem Klima Ganztagsschulen richten sollen, die zusätzlich zur Schwerpunktverlagerung die Sozialisation auch noch in ihren Dimensionen einengt, weil sie sie fast ganz auf die Sozialisation mit Gleichaltrigen (und wenigen Autoritätspersonen) reduziert, ist mir schleierhaft. Hinzu kommt, dass der so genannte Lernerfolg, von dem Sie wiederholt sprechen, nicht auf der in Lernsituationen verbrachten Zeit beruht, sondern gerade in jungen Jahren wesentlich darauf, wie das Gelernte praktisch umgesetzt und mit realen Erfahrungen angereichert wird. Diese Erfahrungen macht man nicht in der Schule!

Wann also wird die SPD die Konzepte Ganztagsschule und Kindergarten ab 2 Jahren begraben? Noch vor der Wahl oder erst nach dem sich abzeichnenden Fiasko?

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Antwort von
SPD

Hallo Herr Bartl,

Auf Grund welcher Erkenntnisse stellen Sie Ihre Frage? Welche eigenen Erfahrungen, aber auch welche wissenschaftlichen Erkenntnisse stützen Ihre Behauptungen?
Die SPD allerdings hat sich mit der Frage frühkindlicher Sozialisation sehr intensiv und auch in der Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Studien beschäftigt. Hier kann man dann erfahren, dass frühe Kontakte mit anderen Kindern in einer qualifizierten pädagogischen Betreuung die bestmögliche frühkindliche Sozialisation bewirkt -- wenn, ja wenn auch das familiäre Umfeld stimmt! Wenn eine liebevolle Zuwendung der Eltern, wenn eine konsequente Erziehung und Bildung auch im Elternhaus erfolgt. Alle Studien belegen, dass es sich um kein "entweder - oder", sondern um eine "sowohl-als auch" handelt: ein kleines Kind profitiert sowohl von einer liebevollen, verantwortungsvollen familienerfahrung wie gleichfalls von einer ergänzenden pädagogischen Betreuung in Krippe oder Kindertagesstätte! Und wenn die für Kinder schlechte Situation eintritt, nämlich ein nicht liebevolles, sich nicht kümmerndes Elternhaus, so kann eine qualifizierte pädagogische Betreuung, ein qualifiziertes pädagogisches Ganztagsangebot doch viele häusliche, familiäre Defizite mildern oder ausgleichen -- die Lebenschancen von Kindern also verbessern!!!
Diese Forschungsergebnisse widerlegen also das von Ihnen dargestellte sehr konservative Familienverständnis. Welche Rolle möchten Sie denn den Frauen in Ihrer Vorstellung zubilligen? Am Besten gar nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt erscheinen? Statt qualifizierter Schulangebote für die Kinder zu nutzen etwa die heimische Kinderbildung?
Ich sage dazu ein ganz entschiedenes "Nein"!!! Bitte beschäftigen Sie sich doch einmal mit den zusätzlichen Angeboten, die gute Ganztagsschulen unseren Kindern und Jugendlichen anbieten: Hausaufgabenbetreuung (statt innerfamiliärer Hausaufgaben"kriege"! -- Haben Sie nie Hausaufgabenstreß mit Ihren eigenen Kindern gehabt?), individuelle Förderung, um morgendliche Versäumnisse oder Unverständnisse nach zu arbeiteen, Sprachförderung, um Nachteile aus Migrationshintergrund aus zu gleichen, zusätzliche Inhalte, um Begabungsreserven zu wecken und aus zu nutzen, Freizeitangebote, um gemeinschaftliches Erleben zu fördern. Und das wollen Sie unseren Kindern vorenthalten? Ein merkwürdiges "Förderverständnis" Ihrerseits!
Richtig bemerken Sie, dass die reale Erfahrung mit theoretisch Gelerntem erst den wirklichen Lernerfolg ausmacht. Aber wo und wie machen denn Kinder/Jugendliche in der heimischen Atmosphäre mehr reale Erfahrungen als Kinder und Jugendliche, die über den Kontakt mit außerschulischen pädagogischen Kräften Gelerntes reflektieren können oder sogar in außerschulischen Situationen erleben können?
Welche Ganztagsschulen haben Sie denn schon einmal kennengelernt, mit welchen Programmen von Ganztagsschulen haben Sie sich denn schon beschäftigt? Wo also haben Sie selbst die "realen Erfahrungen" mit Ganztagsschulen gemacht? Gerne würde ich anhand dieser konkreten Erfahrungen Ihrerseits mit Ihnen darüber diskutieren.
Sie können also sicher sein, dass das in der gesamten Bundesrepublik als vorbildlich eingestufte Konzept der frühen Förderung und der Ganztagsbeschulung von der SPD in Rheinland-Pfalz konsequent weiter entwickelt wird und bei ganz großer Akzeptanz von Eltern, Schulen und breiten Kreisen der Bevölkerung auch in immer mehr Kindertagesstätten und Schulen umgesetzt werden wird.
Dabei ist mir um einen überzeugenden Wahlerfolg nicht bange!
Mit freundlichen Grüßen

Ulla Brede-Hoffmann