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Thomas Bareiß
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Frage von Marcus S. •

Frage an Thomas Bareiß von Marcus S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bareiß,

mir scheint es doch recht auffällig, dass bei der Frage der Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe die Regierungsparteien klar gegen und die Oppositionparteien klar für diesen Entwurf gestimmt haben.
Das Eine sowie das Andere scheint mir etwas zu ideal. Ich würde gerne Wissen wie solche Zahlen zustande kommen können. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das ohne Parteidruck ( und da nehme ich keine Partei aus ) möglich ist.
Meine zweite Frage wäre, warum es dann schlussendlich abgelehnt wurde? Verstößt es nicht gegen die Verfassung eine Gruppierung schlechter zu behandeln als eine anderen?

Ich freue mich auf ihre Sicht der Dinge.

Mit freundlichen Grüßen,
Marcus Stadelmaier

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Stadelmaier,

herzlichen Dank für Ihre Frage zum Thema Gleichstellung der Ehe mit eingetragenen Lebenspartnerschaften.

Lassen Sie mich zu Beginn betonen, dass für mich alle Formen des Zusammenlebens, bei denen der Eine für den Anderen Verantwortung übernimmt, und in denen Partner füreinander einstehen, stets großen Respekt und auch unsere Anerkennung verdienen. Ich persönlich freue mich aufrichtig für jeden, der sich zum Schritt zu einer eingetragenen Lebenspartnerschaft entschließt und sich damit für seinen Partner oder seine Partnerin - hoffentlich auf Dauer bekennt. Trotz dieser inneren Überzeugung kann ich beim Ehegattensplitting eine Gleichstellung mit eingetragenen homosexuellen Partnerschaften nicht befürworten.

Die Regelung des Ehegattensplittings muss sich nicht nur an Artikel 3 unseres Grundgesetzes, dem Gleichheitsgrundsatz, sondern auch an Artikel 6 GG messen lassen. Dort heißt es: Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Dies sollte sich auch in unserem Steuergesetz widerspiegeln. Mit Artikel 6 schafft das Grundgesetz explizit eine Ausnahme vom Gleichheitsgebot. Diese Ausnahme ist jedoch auf Ehe und Familie begrenzt. Dies stellte auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17. Juli 2002 fest: Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist auch keine Ehe mit falschem Etikett, sondern ein Aliud zur Ehe. Somit geht auch das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft nicht gleich sind.

Auch die letzten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes stellten dies nicht in Frage. Denn im Gegensatz zu dem Steuersplitting ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bezüglich der Grunderwerbssteuer und Hinterbliebenenversorgung nachvollziehbar. Schließlich geht es bei der Hinterbliebenenversorgung um das Einstehen füreinander nach dem Tod und bei der Grunderwerbssteuer um den Bereich partnerschaftlicher Vermögensbildung. Gerade bei dem Ehegattensplitting geht es jedoch nicht nur um einen Steuervorteil oder gleiche Einstands-pflichten. Die Ehe ist vielmehr eine besondere Erwerbsgemeinschaft. Das Splitting hat daher auch nur dann Auswirkungen, wenn lediglich ein Ehepartner der Erwerbstätigkeit nachgeht. Dies ist in der Regel, wenn Kinder im Hause zu betreuen sind. Gerade hier liegt meiner Ansicht nach auch der entscheidende Unterschied zur Lebenspartnerschaft. Hier gibt es diese enge Ausrichtung auf Kinder nicht. Für den Großteil der gleichgeschlechtlichen Paare, die in der eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, würde das Steuergattensplitting somit gar keinen Vorteil mit sich bringen.

Sehr geehrter Herr Stadelmaier, ich habe großen Respekt vor gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, in denen die Partner auch füreinander einstehen. Aber ich verstehe die Ehe und Familie als Einheit und auch deshalb genießen sie für mich einen besonderen Stellenwert.

Oft wird argumentiert, dass sich aus der Tatsache, dass zwei Menschen mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft sich zueinander bekennen und dauerhaft füreinander einstehen wollen, der Anspruch zur Gleichstellung mit der Ehe ergeben muss. Wenn dies so wäre dann müssten auch weitere Einstandsgemeinschaften bei einer möglichen Gleichstellung bedacht werden. Denn neben der Ehe und den eingetragenen Lebenspartnerschaften gibt es noch weitere Verantwortungsgemeinschaften, in denen Menschen füreinander einstehen und eine wirtschaftliche Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaften sind: Geschwister, die zusammen leben und wirtschaften, der alleinerziehende, verwitwete Vater, der seine Mutter zur Unterstützung ins Haus holt und auch der getrennt lebende, unverheiratete Vater, der nach der Neureglung sein Sorgerecht wahrnehmen möchte und einen entsprechend großen Haushalt vorhalten muss und die Reisekosten für die Kinder zahlt. All diesen Lebensgemeinschaften steht weder das Rechtsinstitut der Ehe noch das der eingetragenen Lebenspartnerschaft offen. Die Ausweitung des Splittingverfahrens auf die Lebenspartnerschaft hätte also zur Folge, dass die Grenzziehung gegenüber diesen Einstandsgemeinschaften verloren ginge. Ob eine solche Ungleichbehandlung vor der Verfassung Bestand hätte, ist fraglich. Zu Recht würden dann auch andere Einstandsgemeinschaften das Splitting fordern. Ließe man das Splitting für all diese Verantwortungsgemein-schaften zu, hätte dies zur Folge, dass man steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten Tür und Tor öffnen würde.

Sehr geehrter Herr Stadelmaier, hinsichtlich des Ehegattensplittings gibt es verfassungspolitische Unsicherheiten. Letztendlich bleibt es dem Bundesverfassungsbericht vorbehalten, in seinem Urteil, das für den Herbst 2013 erwartet wird, über die Verfassungsmäßigkeit des Ehegattensplittings zu urteilen.

Abschließend noch zu dem von Ihnen beobachtete Phänomen, dass Mitglieder der Regierungsparteien geschlossen gegen einen Entwurf, die Mitglieder Oppositionsparteien geschlossen für einen Entwurf stimmen. Dies kann in der Tat manchmal beobachtet werden. Einen Fraktionszwang gibt es jedoch nicht. Auch innerhalb der Fraktion steht es jedem Abgeordneten frei, nach freiem Wissen und Gewissen abzustimmen. Dennoch ist es manchmal wichtig, Kompromisse zu schließen, um für gemeinsame Überzeugungen, Ziele und Werte ein Mehrheit im Deutschen Bundestag zu erreichen. Ich bedanke mich herzlich für Ihre Frage und Ihr Interesse und wünsche Ihnen ein schönes Weihnachtsfest.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Bareiß MdB

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