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Frage von Markus G. •

Frage an Sebastian Edathy von Markus G. bezüglich Innere Sicherheit

Guten Tag Herr Edathy,

Sie schreiben "Deutschland bleibt Rechtsstaat". Ich würde das gerne begrüßen. Bei der Lektüre des Entwurfes des BKAG stellen sich mir jedoch einige Fragen.

§20c, (3) BKAG schließt ein Zeugnisverweigerungsrecht nach §52 StPO (welches den direkt Beschuldigten betrifft - also keine potentiellen Mitwisser wie Ärzte, Journalisten, Anwälte) aus, wenn einer verdächtigt wird, Taten im Rahmen internationalen Terrorismus zu planen. Es ist doch aber ein rechtstaatliches Prinzip, dass sich ein Beschuldigter nicht äußern muss, wenn er sich selbst damit belastet. Wie wird es sanktioniert, wenn ein Beschuldigter dennoch die Aussage verweigert? Wie soll er zur Aussage gezwungen werden können?

§4a BKAG spricht zwar vom internationalen Terrorismus. Aber wie wird internationaler Terrorismus definiert und wer definiert diesen Begriff, wenn nicht das Gesetz, welches diesen Begriff benutzt bzw. einführt? Letztlich kann man unter internationalem Terrorismus viel verstehen und letztlich kann man auch leicht in den Verdacht geraten und sei es nur durch die bösartige Behauptung eines Nachbarn. Das dies nicht an den Haaren herbeigezogen ist, lehrt die Geschichte.

Viele Grüße
Markus Gohl

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Antwort von
SPD

Berlin, den 5. Dezember 2008

Sehr geehrter Herr Gohl,
vielen Dank für Ihre Fragen zum BKA-Gesetz vom 4. Dezember 2008.

1) Leider lässt insbesondere Ihre erste Frage darauf schließen, dass Sie sich nicht ausreichend intensiv mit dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt auseinandergesetzt haben. So betrifft erstens nicht § 52 der Strafprozessordnung (StPO), sondern § 55 StPO das Recht einer Person, sich nicht selbst belasten zu müssen (Aussageverweigerungsrecht). Die darüber hinausgehenden Zeugnisverweigerungsrechte betreffen Dritte und werden von den §§ 52 ff StPO geregelt. Diese Rechte werden aber im Gegensatz zu Ihrer Auffassung keineswegs durch § 20 c Abs. 3 des BKA-Gesetzes in der Fassung der Verabschiedung durch den Deutschen Bundestag ausgeschlossen. Vielmehr regelt diese Norm die Pflicht zu Beachtung der Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte der StPO sowie zur entsprechenden Belehrung.

Allerdings kann, wenn die Auskunft zur Abwehr einer Gefahr für besonders hochrangige Rechtsgüter erforderlich ist, eine Güterabwägung dazu führen, dass die Privilegierung der §§ 52 bis 55 StPO hinter die Gefahrenabwehr zurücktritt. Damit wird aber nicht der Grundsatz der Freiheit vor Selbstbelastung (nemo tenetur) verletzt, da die gesetzlich angeordnete Zweckbindung sicherstellt, dass die Auskunft nur zur Abwehr dieser Gefahr, nicht aber zu repressiven Zwecken wie etwa der Strafverfolgung, verwendet werden darf. Die Rechtsstellung des Befragten ist in diesen Fällen also nicht etwa die eines Beschuldigten im Strafverfahren, sondern die eines Polizeipflichtigen.

2) Eine gesetzliche Definition des Begriffs „internationaler Terrorismus“ existiert nicht. Es ist aber durchaus üblich, dass Rechtsbegriffe durch die Rechtsprechung und die (rechts-)wissenschaftliche Literatur ausgelegt werden. Nach häufig verwendeter Definition bezeichnet der Begriff „Terrorismus“ eine andauernde und geplante Gewaltanwendung mit politischer Zielsetzung, um mit terroristischen Methoden das Verhalten des Gegners zu beeinflussen. Nach § 4a des BKA-Gesetzes kann das Bundeskriminalamt indes nur dann die Aufgabe der Gefahren des internationalen Terrorismus in den besonders geregelten Fällen wahrnehmen, beispielsweise beim Vorliegen einer länderübergreifenden Gefahr bzw. es darf nur unter besonderen Voraussetzungen die in § 129a und b des Strafgesetzbuches bezeichneten Straftaten verhüten. Letztere Aufgabe beschränkt sich, wegen des Bezugs auf die Gefahren des internationalen Terrorismus, auf die Verhütung von Straftaten, die in Deutschland begangen werden sollen und einen internationalen Bezug aufweisen oder bei deren Begehung im Ausland ein Deutschlandbezug gegeben ist.

Ihre Befürchtung, dass jemand leicht in einen entsprechenden Verdacht geraten könne, ist unbegründet, da die Aufgabenwahrnehmung durch das Bundeskriminalamt jeweils an die Abwehr konkreter Gefahren sowie die Verhütung der genannten schweren Straftaten anknüpft. Eine von Ihnen genannte „bösartige Behauptung eines Nachbarn“ vermag diese Schwellen nicht zu überschreiten.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB