Portrait von Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sebastian Edathy zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Andreas P. •

Frage an Sebastian Edathy von Andreas P. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Edathy,

seit 2001 stehen Frauen in der Bundeswehr alle Laufbahnen offen. Diese Maßnahme ist im Kontext zu sehen mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes, dass die Deutsche Praxis, Frauen grundsätzlich nicht zum Dienst an der Waffe zuzulassen, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Mann und Frau in der Europäischen Union verstößt.
Allerdings kann man auch argumentieren, dass die Tatsache, dass Frauen nicht im selben Umfang wie Männer - nur im Verteidigungsfall und nur zu medizinischen Hilfsleistungen - den Wehrdienst ableisten müssen, gegen eben jenen Grundsatz verstößt.

Deswegen meine Fragen an Sie:

- Gedachte der Bundestag oder die Bundesregierung bereits vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2000, den entsprechenden, den Dienst von Frauen an der Waffe verbietenden Artikel des Grundgesetzes zu ändern und so Frauen in den Streitkräften zuzulassen, und wenn nein, warum?

- Entspricht das Urteil BVerwG 6 B 9.06 vom 26.06.06 des Bundesverwaltungsgerichts, welches besagt, dass die Ausnahme von Frauen vom Wehrdienst nicht verfassungswidrig sei, der offiziellen Politik der Bundesregierung und des Parlaments und wenn ja, warum?

- Wenn gegen eine Allgemeine Wehrpflicht für Frauen spricht, dass Frauen in der Regel stärker als Männer durch die Familie belastet würden wie das BVerwG die Ansicht vertritt, warum wird dann von der Judikative offenbar mit Billigung oder Unterstützung der Legislative ein Familienbild aufrecht erhalten, dass so nicht mehr existiert, da das Durchschnittsalter Deutscher Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes auf 30 Jahre und damit auf ein Alter gestiegen ist, in dem i.d.R. auch Männer nicht mehr zum Wehrdienst herangezogen werden? Ist aufgrund dieser Tatsache nicht eine deutliche Benachteiligung des Mannes gegeben, dem berufliche Nachteile durch den Wehrdienst entstehen könnten (späterer Berufseinstieg bspw., oder längeres Warten auf Studienplatz)?

Mit freundlichem Gruß,

Andreas Politschek

Portrait von Sebastian Edathy
Antwort von
SPD

Berlin, den 26. August 2008

Sehr geehrter Herr Politschek,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 22. August 2008.

Ich teile zwar Ihre Ansicht, dass die Tatsache, dass ausschließlich Männer zum „allgemeinen“ Wehrdienst bzw. zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden können, in einem Spannungsverhältnis zum Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (GG) steht. (Artikel 3 Abssatz 2 regelt die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und das Verbot der Benachteiligung oder Bevorzugung wegen des Geschlechts.) Mit Artikel 12a, der u.a. die Wehrpflicht regelt, hat der Verfassungsgeber sich jedoch für eine spezielle Ausnahmeregelung des Gleichheitsgrundsatzes entschieden Diese Regelung hat den gleichen verfassungsrechtlichen Rang wie Artikel 3 und ist daher verfassungsgemäß. Vor diesem Hintergrund ist die in Artikel 12a Absatz 1 und 2 verankerte Beschränkung der Wehrpflicht bzw. der Ersatzdienstpflicht (Zivildienst) nur auf Männer nicht zu beanstanden. Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen bestätigt. Gleiches gilt für den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Urteil des EuGH vom 11. März 2003 - Az C-186/01).

Unabhängig von der (verfassungs-)rechtlichen Frage halte ich die Öffnung der Bundeswehr für Frauen – auf freiwilliger Basis – für den richtigen Weg. Ein allgemeines Konzept der SPD zur Fortentwicklung der Wehrpflicht finden Sie unter http://www.spd.de/show/1722892/220807_SPD_Aktuell_Wehrpflicht.pdf.

Ich persönlich halte die Wehrpflicht für eine sinnvolle Einrichtung. Freilich muss sichergestellt werden, dass diese Zeit sinnvoll ausgefüllt wird und Wehrgerechtigkeit herrscht. Andernfalls käme ein (temporäres) Aussetzen der Wehrpflicht in Betracht.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB