Frage an Sebastian Edathy von Volker K. bezüglich Recht
Bitte Herr Sebastian Edathy,
können Sie mir plausibel erklären, was wir in Afghanistan verteidigen außer einen Sitz im Weltsicherheitsrat?
MfG
Volker Kluge
Berlin, 24.10.2010
Sehr geehrter Herr Kluge,
vielen Dank für Ihre Frage, die sich auf die deutsche Beteiligung an der NATO-geführten internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (ISAF) bezieht. Gerne nehme ich dazu Stellung.
Selbstverständlich ist das Ziel des Einsatzes nicht der Erhalt eines Sitzes im Weltsicherheitsrat. Es ist auch nicht Aufgabe und Ziel von ISAF, einen „Krieg“ in Afghanistan zu führen. Schwerpunkt des deutschen Afghanistan-Engagements muss auch weiterhin der Wiederaufbau des Landes und die Unterstützung der afghanischen Regierung zur autonomen Übernahme der Sicherheitsverantwortung sein.
Die SPD hat ihre Vorschläge zum weiteren Vorgehen in Afghanistan frühzeitig dargelegt. Jeder Auslandseinsatz muss zeitlich befristet sein. Das gilt auch für den Einsatz in Afghanistan. Frank-Walter Steinmeier hatte bereits im September 2009, vier Wochen vor der Bundestagswahl, einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, in dem eine Perspektive für Dauer und Ende des deutschen und internationalen Einsatzes in Afghanistan formuliert sind.
In einem im Februar 2010 veröffentlichten gemeinsamen Positionspapier von Partei und Fraktion wurden klare Erwartungen an die Bundesregierung formuliert, um den Afghanistaneinsatz erfolgreich beenden zu können.
Die wichtigsten Punkte sind:
- Der Schutz der Zivilbevölkerung, der auch in der noch verbleibenden Zeit im Mittelpunkt unseres Engagements stehen muss,
- eine deutliche Verstärkung der Aktivitäten im Bereich der Ausbildung und Ausstattung der afghanischen Sicherheitskräfte und eine klare Festlegung auf endgültige Zielgrößen beim Aufbau von Polizei und Armee,
- die Erstellung eines konkreten Zeitplans für die schrittweise Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte in der Nordregion,
- der Beginn des Rückzugs der Bundeswehr parallel zu der von US-Präsident Obama in seiner „Westpoint“- Rede am 1. Dezember 2009 angekündigten Reduzierung der US-Truppen im Sommer 2011,
- Entwicklung und zeitliche Einordnung messbarer und qualitativer Fortschrittskriterien bei der Sicherheitssituation, der Armutsentwicklung, der Versorgung der Bevölkerung und bei weiteren Verbesserungen der afghanischen Regierungsführung;
- Übernahme der Sicherheitsverantwortung durch die afghanische Armee und Polizei bis spätestens 2015, um die Voraussetzung für die endgültige Beendigung des Einsatzes der Bundeswehr in einem zeitlichen Korridor zwischen 2013 und 2015 zu schaffen,
- die Einbeziehung aller Kräfte des Landes in einen Waffenstillstands-, Friedens- und Versöhnungsprozess,
- deutlicher Aufwuchs der Hilfe beim zivilen Aufbau ohne zeitliche Befristung.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat von Beginn des Afghanistaneinsatzes an deutlich gemacht, dass der Kampf gegen den Terrorismus mit militärischen Mitteln allein nicht zu gewinnen ist und den neuen globalen Bedrohungen auf Dauer nur mit einer konsequenten zivilen Konfliktbearbeitung und Krisenprävention entgegen gewirkt werden kann. Ich erwarte, dass sich die Bundesregierung aktiv und mit Nachdruck dafür einsetzt, dass die internationalen Bemühungen um einen Strategiewechsel weiter konkretisiert und zügig in die Tat umgesetzt werden. Die Zustimmung der SPD zu dem Einsatz in Afghanistan ist verbunden mit dem klaren Auftrag für einen Strategiewechsel, der eine verantwortbare Abzugsperspektive eröffnet.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB