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Frage von Roland M. •

Frage an Rudolf Henke von Roland M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Also wenn ich das richtig verstehe, ist das Referendum auf der Krim gegen das Völkerrecht, weil die Regierung in Kiew dem nicht zugestimmt hat.

Aber wir wissen doch alle, dass die Regierung in Kiew dem Referendum niemals zugestimmt hätte! Also hätte es nach dem Willen der deutschen Bundesregierung kein Referendum gegeben. Offenbar ist die deutsche Politik etwas sehr verwöhnt von den katastrophalen Zuständen in Sachen Volksbefragung in Deutschland!

Um zu einer konkreten Frage zu kommen, diese: Warum wird die Einverleibung der Krim offiziell als Annexion verurteilt? Wobei ich bei Annexion an die Definition von Wikipedia denke, weil danach war es eindeutig keine, weil die Gewalttaten und gewaltsame Okkupation gänzlich fehlten! Allerdings auf den Irak oder Afghanistan trifft das schon eher zu.

Dass die deutscdhe Politik wenig auf die Volksmeinung gibt außer vor den Wahlen ist mir klar, aber das ist schon etwas abartig. Das hier ist definitiv keine Demokratie im klassischen Sinne, ich erwarte eine Korrektur der Begriffsdefinition, da unsere Demokratie mit etwa der schweizer oder hellenischen rein gar nichts zu tun hat!

Wenn meine Zeilen etwas durcheinander sind, dann weil wegen der Energiewende meine Stromkosten von 100 auf 280€ explodiert sind und ich als Ingenieur und durchgehend beschäftigt seit ein paar Tagen am Essen sparen muss. Deutlicher kann man dem Bürgerpack die Augen nicht öffnen als durch solch eine Verachtung und Ausbeutung! Mein Lohn für zwei gut verkäufliche Industriepatente in 2013...Hunger! Eine nette Erfahrung, Dankeschön!

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Magiera,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 3. April.

Russland hat auf den Umbruch in der Ukraine entgegen Ihrem Eindruck sehr wohl militärisch reagiert. Das Referendum stand eindeutig unter dem Einfluss des Aufmarschs russischer Truppen auf der Krim. Unter Missachtung des Gewaltverbots haben fremde Soldaten die Sezession unterstützt. Diese Aggression ist rechtlich gesehen ein Akt der Gewalt. Dies bedeutet einen klaren Rechtsbruch und darf nicht ohne weiteres hingenommen werden. Ein Anspruch auf Abspaltung wäre lediglich in dem Falle von systematischen Menschrechtsverletzungen oder direkter Gewaltausübung zu rechtfertigen, die das Zusammenleben in einem gemeinsamen Staat unmöglich machen würden. Dies war jedoch auf der Krim eindeutig nicht der Fall.
Dass es nicht zu einem militärischen Gewaltausbruch gekommen ist, haben wir unter anderem auch den diplomatischen Anstrengungen und den Bemühungen um Deeskalation des Westens zu verdanken. Auch für die Bundesregierung war ein militärisches Eingreifen zu keinem Zeitpunkt eine Option.

Bezüglich der von Ihnen angesprochenen Bürgerbeteiligung möchte ich Sie gerne auf die grundlegenden Unterschiede einzelner Formen der Demokratie hinweisen, die in politischen Systemen angewandt werden können.
In der Bundesrepublik Deutschland hat sich das System der repräsentativen parlamentarischen Demokratie dauerhaft bewährt. Auch in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrise hat es die Bundesregierung geschafft, Deutschland sicher durch die Krise zu führen. Das Ergebnis sind eine geringe Arbeitslosenzahl und die Möglichkeit in den kommenden Jahren Staatsschulden zurückzahlen zu können.
In der Schweiz hingegen, die Sie als Beispiel heranziehen, herrscht das System der plebiszitären bzw. direkten Demokratie. Dieses System gibt jedem Bürger die Möglichkeit, bestimmte Sachverhalte durch seine Stimmabgabe direkt zu beeinflussen. Ich halte diese Art der Demokratie für eine sinnvolle Ergänzung, wenn es sich um kommunale Belange handelt. Auf Bundesebene stehe ich dieser Möglichkeit jedoch kritisch gegenüber. Gesetzgebungsprozesse sind oft mit vielen Beratungsgesprächen, Verhandlungen und mehreren Lesungen in Arbeitsgruppen, Ausschüssen und dem Plenum verbunden. Dabei muss geltendes Recht genauso beachtet werden, wie thematische Tiefe und Flexibilität. Die meisten komplexen Themen sind nicht annähernd durch eine einzelne Befragung befriedigend zu beantworten.

Zudem bietet die direkte Demokratie große Einflusschancen für populistische Strömungen, die zum einen keine langfristig angelegten Lösungen beinhalten und zum anderen oft zu Lasten von Minderheiten und gesellschaftlich benachteiligten Gruppen gehen. Ein Beispiel dafür ist das am 9. Februar 2014 durchgeführte Referendum zur Begrenzung der Einwanderung in der Schweiz. Durch dieses Referendum wurde eine von Populismus geleitete Entscheidung gefällt, die jegliche Weitsicht vermissen lässt und an der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Realität der Schweiz vorbeigeht. An die Folgen und mögliche Isolation der Schweiz innerhalb Europas haben die wenigsten Menschen gedacht, die zu diesem Zeitpunkt für eine Begrenzung der Einwanderung gestimmt haben. Doch bereits jetzt werden weitreichende Folgen deutlich. So wurden bereits sechs Abkommen zwischen der EU und der Schweiz ausgesetzt. Diese Entwicklung ist ein Rückschritt. Sie bestätigen mir meine Skepsis gegenüber Volksabstimmungen.

Mit freundlichen Grüßen

Rudolf Henke MdB