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Frage von Frank K. •

Frage an Rainer Arnold von Frank K. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Arnold,

Sie treten für eine Beibehaltung der Wehrpflicht ein. Bereits bei einer Dienstzeit von 9 Monaten muss man aber auch die Kosten-/Nutzenrelation betrachten. Die reine Ausbildungsdauer benötigt mehr als ein Drittel der Dienstzeit und bindet erhebliche Kapazitäten bei den Zeit- und Berufssoldaten. Letztlich ist auch bei den internationalen Verpflichtungen der BW nicht die Personalstärke, sondern die Anzahl der einsatzfähigen Kräfte maßgebend. Sind die damit einhergehenden Mehrkosten mit einem "gesellschaftspolitischen" Mehrwert zu rechtfertigen?

Noch eine Frage: Haben Sie selber den Grundwehrdienst geleistet?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Königs,

haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 9. Juni 2010. Bitte entschuldigen Sie meine verspätete Antwort, die sich aufgrund der umfangreichen Debatte um das Wehrrechtsänderungsgesetz sowie der Arbeit im Kunduz-Untersuchungsausschuss verzögert hat.

Die SPD tritt nicht für eine Beibehaltung der Wehrpflicht ein, sondern sie befürwortet ihre Weiterentwicklung, die wesentliche Vorteile der allgemeinen Wehrpflicht erhält und diese mit Elementen eines Freiwilligendienstes kombiniert. Dazu haben wir ein Modell entwickelt, über dass Sie sich unter http://www.rainer-arnold.de/pdf/spd_wehrdienstmodell.pdf gerne näher informieren können.

Es besteht Konsens innerhalb unserer Gesellschaft darüber, dass sich die Allgemeine Wehrpflicht in den vergangenen 54 Jahren bewährt hat. Sie steht dafür, dass sich unsere Gesellschaft in ihrer gesamten sozialen Breite und unterschiedlichen weltanschaulichen Überzeugungen in der Bundeswehr widerspiegelt. Die Wehrpflicht ist aber nicht irgendeine selbstverständliche allgemeine Bürgerpflicht. Ihre Beibehaltung, Ausgestaltung oder Abschaffung und ebenso die Dauer des Grundwehrdienstes müssen zwingend sicherheitspolitisch begründet werden können.

Wir wollen dieses Modell auch für die Grundwehrdienstleistenden einführen. Wir setzten auf eine Weiterentwicklung der Wehrpflicht, die die Möglichkeit einer flexiblen Bedarfsdeckung des erforderlichen Bundeswehrpersonals mit einer Stärkung des freiwilligen Engagements in der Bundeswehr verbindet. Zum Dienst in den Streitkräften sollen künftig nur noch diejenigen einzuberufen werden, die sich zuvor bereit erklärt haben, den Dienst in der Bundeswehr leisten zu wollen. Dies ist der Ausdruck einer persönlichen Entscheidung, sich für die Gesellschaft und für das Gemeinwohl zu engagieren. Dazu wollen wir die Attraktivität dieses freiwilligen Wehrdienstes steigern und über ein Bonussystem positive Anreize setzen, etwa durch die Anrechnung von Dienst- auf Ausbildungszeiten und zusätzliche Fort- und Weiterbildung. Auch eine angemessene Entlohnung ist erforderlich. Wir sind fest davon überzeugt, dass mit unserem Konzept allen betroffenen Gruppierungen besser gedient ist, als mit einer weiteren Verkürzung des Grundwehrdienstes oder gar der Abschaffung der Wehrpflicht.

Dänemark ist diesen Weg bereits gegangen. Die Dänen haben die Wehrpflicht im rechtlichen Sinne beibehalten, ziehen aber nur noch Freiwillige ein. Dieses Modell stößt auf große Zustimmung in der Bevölkerung. Ich bin der Auffassung, auch Deutschland sollte diesen Weg gehen, um die Bundeswehr zukunftsfähig zu gestalten.

Sie sprechen die Kosten-/Nutzenrelation an. Eine Wehrpflichtarmee ist deutlich preiswerter und effizienter als eine reine Berufsarmee, was sich unter anderem an den enormen Anwerbungskosten zeigt, die Länder wie Spanien, Frankreich oder die USA - die den Weg der Berufsarmee gehen - aufbringen müssen. Der Etat für Werbekosten ist exorbitant hoch. Des weiteren besteht eine große Konkurrenz mit anderen Berufsmöglichkeiten, so dass entsprechende finanzielle und sonstige Anreize geboten werden müssen, die z. B. auch das persönliche Risiko für das eigene Wohl und Leben angemessen honorieren.

Darüber hinaus bilden die Grundwehrdienstleistenden den Grundstock der Bundeswehr. Viele verpflichten sich nach dem Grundwehrdienst freiwillig für einen längeren Zeitraum. Die Freiwilligdienstleistenden profitieren von den breit gefächerten schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten innerhalb der Bundeswehr und finden dort ihre Heimat. Und das in unterschiedlichen Bereichen, z. B. auch als Arzt oder Schlosser. Ein “Einkauf” solch qualifizierter Leute von außen - wie in einer reinen Berufsarmee erforderlich - wäre viel teurer. Die Bundeswehr gewinnt über diesen Weg viele Zeit- und Berufssoldaten aus Überzeugung für sich.

Ich hoffe, diese Ausführungen waren hilfreich für Sie, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Rainer Arnold