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Frage von Martin V. •

Frage an Rainer Arnold von Martin V. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Arnold,

in der heutigen Ausgabe von "Spiegel Online" erscheint ein Artikel mit dem Titel "Jung verlangt Grundgesetzänderung wegen Geiseldrama". Mit einer solchen Verfassungsänderung soll laut Verteidigungsminister Jung der Bundeswehr ermöglicht werden, Geiseln zu befreien, im In- wie auch im Ausland. Meiner Meinung nach spricht nichts dagegen, ich verstehe auch nicht warum man Einsätze gegen Piraten als Polizeiaufgabe sieht, das war in vergangenen Jahrhunderten immer Aufgabe der Kriegsmarine, aber muss man für militärische Einsätze gegen Geiselnehmer wirklich das GG ändern? Ist die jeztige Rechtslage nicht ausreichend?

Gibt es Bestrebungen, deutsche/europäische Sicherheitskräfte nicht nur gegen Piraten, sondern auch gegen Müllverklapper vor der afrikanischen Küste einzusetzen?

mfg
Veiglhuber

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Veiglhuber,

in den letzten Monaten wurde intensiv über den Kampf gegen die Piraterie diskutiert. Insbesondere die Minister Schäuble und Jung, wie auch in dem von Ihnen erwähnten Artikel, haben eine Änderung unserer Verfassung gefordert. Leider haben sie damit unnötig zur Verunsicherung der Bevölkerung, speziell der Bundeswehrangehörigen und auch den Angehörigen der Polizei beigetragen.

Pirateriebekämpfung ist seit mehreren hundert Jahren allgemeines Völkerrecht. Deutschland hat sich als Mitunterzeichner des Seerechtsübereinkommens zur Bekämpfung der Piraterie verpflichtet. Legitimiert wird ein solcher Einsatz deutscher Streitkräfte durch Artikel 25 unserer Verfassung, der uns zur Durchsetzung des allgemeinen Völkerrechts verpflichtet. Diese Auffassung vertreten auch die meisten Verfassungs- und Völkerrechtler.

Unsere rechtliche Grundlage geht jedoch weiter. Der Bundestag hat im Einklang mit einem Urteil des Verfassungsgerichts die Bundeswehr nach Art. 24 Grundgesetz mandatiert, am Horn von Afrika gegen Piraterie vorzugehen. Diesem Mandat haben alle Parteien mit Ausnahme der LINKEN zugestimmt.

Unabhängig von diesem Mandat darf die Bundeswehr gemäß § 5 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes zur Rettung von Menschen aus besonderen Gefahrenlagen, das heißt wenn Gefahr im Verzug ist, eingesetzt werden. Hierzu bedarf es lediglich einer nachträglichen Beschlussfassung des Bundestages. Diese Bestimmungen sind eindeutig und hinterlassen keine rechtlichen Grauzonen. Die Bundeswehr ist demnach bereits heute nach geltender Rechtlage befugt, jederzeit gegen Piraterie vorzugehen.

Die Union weiß das auch. Sie will jedoch noch mehr. Sie möchte eine erhebliche Aufgabenausweitung für die Bundeswehr im Inneren. Die Bundeswehr soll Hilfspolizei werden. Ich will nicht, dass Bundeswehrsoldaten auf Bahnhöfen oder in Fußballstadien Personenkontrollen durchführen. Hierfür ist ausschließlich die Polizei zuständig. Hier stimmen wir mit den anderen Fraktionen von FDP und Grünen überein. Deswegen halte ich die von der Union angestoßene Diskussion weder für sachlich begründet noch für zielführend. Sie ist eine Phantomdiskussion und sollte zugunsten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit in unserem Land beendet werden.

Das deutsche Mandat und die entsprechende UN-Resolution, auf denen der Einsatz deutscher Marinestreitkräfte am Horn von Afrika zur Pirateriebekämpfung beruht, erlaubt es deutschen Streitkräften nicht, gegen Müllverklapper vor der afrikanischen Küste vorzugehen.

Nach meinem Kenntnisstand gibt es auch keine Bestrebungen dies zukünftig zu tun. Es wäre nach meiner Auffassung auch nicht angebracht. Hier sind die Regierungen der Länder gefordert, aus denen die Müllverklapper kommen oder aus denen der Müll transferiert wird, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Arnold