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Petra Heß
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Frage von Egmont S. •

Frage an Petra Heß von Egmont S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Heß,

mit Bestürzung habe ich zur Kenntnis genommen, dass Sie der Bahnprivatisierung zugestimmt haben.
Sie wissen sehr genau, dass von dieser Privatisierung nur ein bestimmter Personenkreis profitiert.
Haben Sie eigentlich Ihren Parteifreund Tiefensee mal gefragt, warum nur sehr minimal der Gütertransport der Bahn gewachsen ist?
Der vom Parlament geforderte Netzustandsbericht der Bahn hat ja bis jetzt nicht vorgelegen.
Auf welcher Grundlage ist dann Ihre Entscheidung zur Bahnprivatisierung gefallen ?
Was denken sie eigentlich, welche Bahn wir in absehbarer Zeit haben werden ?
Ich sehe hier in diesem Land keine vernünftiges Verkehrskonzept, keine Verkehrspolitik die es verdient, so genannt zu werden.
Die Autoindustrie hat sie so im Griff, dass es schon fast weh tut Ihrer Partei zuzusehen. Wir haben als Familie immer SPD gewählt und sind von dieser Partei maßlos enttäuscht worden.
So wie jetzt agiert wird, lässt es für uns nur den Schluss zu, dass die Bürger an die Tankstellen getrieben werden sollen. Welches Verkehrsmittel sollen wir denn benutzen, wenn der Treibstoff immer teurer wird?
Haben Sie sich in Ihrem Wahlkreis mal kundig gemacht, wie Busse und Bahnen vernetzt sind ? Wenn wir zum Beispiel von Langewiesen nach Ilmenau mit dem Bus fahren um den Zug in Ilmenau zu erreichen, fährt der Zug gerade ab bevor der Bus ankommt. Oder Sonntags kann man früh vor 10.00 Uhr gar nicht mit dem Bus fahren.
Kennen Sie den Wahnsinn auf den Strassen, Termindruck, Staus und
Unfälle ? Wie soll das enden ?
Wir brauchen als Bürger die Bahn und zwar als ordentlich vernetztes Verkehrsmittel und bundesweiten vertakteten Fahrplänen, wo auch die Anschlüsse abgesichert sind.
Ich arbeite als Pendler/Lokführer in München und muss feststellen, dass der Anschluss in Saalfeld in 4 Wochen 3 mal nicht gewährt werden kann.
So wie es jetzt aussieht, vertreten Sie unsere Interessen nicht mehr.
Sie sind für uns nicht mehr wählbar.

Mit freundlichem Gruss
Egmont Stürzkober

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stürzkober,

vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie Ihre Befürchtungen bezüglich der geplanten Bahnreform äußern.

In den vergangenen Monaten haben wir intensiv über die Zukunft der Deutschen Bahn und eines leistungsfähigen und bedarfsgerechten Schienenverkehrs für die Menschen in unserem Land diskutiert. Im Dialog mit Gewerkschaften, Umwelt- und Verkehrsverbänden und vielen Bürgern, haben wir über den Sinn einer Teilprivatisierung und über verschiedene Modelle der Kapitalbeteiligung beraten. Diese Diskussion war und ist außerordentlich gerechtfertigt. Der Schienenverkehr und damit die Deutsche Bahn AG sind ein entscheidender Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge, den wir erhalten und verbessern wollen. Die Bahn darf kein Spekulationsobjekt sein.

Ausgangspunkt in der letzten Phase dieser Diskussion war für uns der Beschluss "Für eine Bahn mit Zukunft!", den der SPD-Parteitag in Hamburg mit großer Mehrheit beschlossen hat. Darin haben die Delegierten des Parteitages eindeutig die politischen Eckpunkte zur Fortsetzung der Bahnreform festgelegt und den Auftrag erteilt, diese Ziele in ein Modell zu gießen und innerhalb der SPD eine breite Einigung zu erzielen. Eine einvernehmliche Lösung - das Strukturmodell -- liegt auf dem Tisch.

Die Koalitionsfraktionen haben am 30. Mai 2008 einen Antrag "Zukunft der Bahn, Bahn der Zukunft" auf den Weg gebracht, der folgende Organisationsstruktur vorsieht: Die DB AG bleibt vollständig im Eigentum des Bundes. An den zusammengefassten Verkehrs- und Logistikunternehmen werden Dritte beteiligt. Dafür bedarf es keiner gesetzlichen Änderung.

In diesem Antrag fordert der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, bei der Umsetzung der neuen Organisationsstruktur insbesondere folgende Punkte zu garantieren, die auch meiner Zustimmung zugrunde liegen:

1. Der integrierte Konzern der DB AG bleibt erhalten und wird gesichert. Private Investoren erhalten keinen unternehmensbestimmenden Einfluss auf den Kernbereich der Unternehmenspolitik der Deutschen Bahn AG.

2. Privates Kapital wird mit 24,9 % an den Bereichen Verkehr und Logistik der DB AG beteiligt. Dafür werden der Güter-, der Fern- und der Regionalverkehr sowie dazugehörende geeignete Dienstleistungen der DB AG zu einer Gesellschaft zusammengefasst. Die DB AG bleibt zu 100 Prozent im Bundeseigentum und behält die Aktienmehrheit an dieser Gesellschaft.

3. Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen bleiben dauerhaft und vollständig bei der DB AG und damit zu 100 Prozent beim Bund.

4. In einem Beteiligungsvertrag des Bundes mit der DB AG wird die oben beschriebene Struktur einschließlich der Beteiligung Dritter geregelt. Hierbei soll Bezug genommen werden auf die im Grundgesetz festgelegte Infrastruktur- und Angebotsverantwortung. Hierzu gehört, dass der Bund dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz -- als Ausdruck der Daseinsvorsorge für den Bürger -- Rechnung trägt. Soweit die Verkehrsangebote auf dem Schienennetz den Schienenpersonennahverkehr betreffen, obliegen die Verpflichtungen zur Daseinsvorsorge nach geltendem Recht den Bundesländern. Der Bund wird die Länder weiterhin bei der Erfüllung dieser Verpflichtungen mit Finanzmitteln unterstützen, wie sie derzeit im Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (RegG) vorgesehen sind. An der Dynamisierung wird festgehalten, eine Revision ist für 2014 vorgesehen. Entsprechend den gesetzlichen Aufgaben der Länder (Bestellorganisationen, Verkehrsverbünde) soll eine Vernetzung und Vertaktung von Nah- und Fernverkehrsangeboten erfolgen. Vor Abschluss ist der Beteiligungsvertrag dem Bundestagsausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie dem Haushaltsausschuss vorzulegen.

5. Der konzerninterne Arbeitsmarkt muss auch nach der Anteilsveräußerung langfristig gesichert bleiben. Wir nehmen die entsprechende Einigung der Tarifsvertragsparteien zur Kenntnis.

6. Der Veräußerungserlös wird zu etwa gleichen Teilen verwandt für ein Innovations- und Investitionsprogramm für den Schienenverkehr, für eine Aufstockung des Eigenkapitals der DB AG und für den Bundeshaushalt. Der Bund erwartet, dass die der Bahn zur Verfügung gestellten Mittel für nationale Innovationen und Investitionen der Bahn verwandt werden. Mit dem Programm werden insbesondere Lärm mindernde, Energieeffizienz steigernde und Netz verbessernde Maßnahmen sowie Investitionen in Bahnhöfe finanziert.

7. Aus wettbewerbs- wie aus europarechtlichen Gründen wird sichergestellt, dass der Bereich Verkehr und Logistik keine diskriminierenden Einflüsse auf die Infrastrukturunternehmen ausüben kann.

8. In einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) sollen die Regelungen zu Qualitätsparametern und zu Berichtspflichten an das Parlament vertraglich vereinbart werden. Dazu ist vorher die Zustimmung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages einzuholen sowie das Benehmen mit den Ländern herzustellen. Der Abschluss der LuFV soll auf der Basis einer haushaltsgesetzlichen Ermächtigung stattfinden. Die Bundesregierung wird künftig jährlich dem Deutschen Bundestag über die Entwicklung und den Zustand der Infrastruktur sowie über die Umsetzung der LuFV berichten.

9. Die Gesetzgebungskompetenz des Deutschen Bundestages für die wesentlichen eisenbahnpolitischen Steuerungsinstrumente bleibt unberührt (z.B. Allgemeines Eisenbahngesetz, Bundesschienenwegeausbaugesetz, Regionalisierungsgesetz).

Ich denke, mit diesen Punkten aufgezeigt zu haben, dass der Bund keineswegs seine Einflußmöglichkeiten aufgibt, sonder weiterhin die Zügel fest in seinen Händen halten wird. Der Bahn wird es ermöglicht, mit den Einnahmen in die Infrastruktur zu investieren. Ich bin mir sicher, dass der Bund ganz genau schauen wird, dass die Bahn die zusätzlichen Mittel auch entsprechend verwendet.

Ich bedanke mich nochmals für Ihr Engagement in dieser Angelegenheit und verbleibe

mit freundlichen Grüßen,
Petra Heß