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Peter Meiwald
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Frage von Rüdiger M. •

Frage an Peter Meiwald von Rüdiger M. bezüglich Bildung und Erziehung

Moin, mich interessiert, wie Sie zum Thema Inklusion im Hinblick auf unsere Schullandschaft stehen. In wieweit glauben Sie einschätzen zu können, wie die Lage in den Schulen tatasächlich ist? Besonders natürlich in den Förderschulen, die von der Inklusion am meisten betroffen wären

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Bündnis 90/Die Grünen

Moin, sehr geehrter Herr Meis,

Vielen Dank für Ihre Frage zur Inklusion, zu der ich Ihnen gerne meine Position - als Unterstützer z.B. des Inklusionskonzeptes der Grundschule Westerloy - darstellen möchte. Als langjährig in der stationären und ambulanten Jugendhilfe Tätiger und außerdem als Vater von vier schulpflichtigen Kindern beschäftigt mich das Thema nun schon seit mehr als 15 Jahren.

In der Tat stehen wir bei der Suche nach den besten Bildungs- und Förderchancen für unsere Kinder vor mehreren großen Problemen des heutigen viergliedrigen Schulsystems in Niedersachsen, die sich natürlich nicht alle durch ein durchgängiges System von Inklusionsschulen lösen lassen:

Der Mangel an ausreichenden Lehrerstunden, um ein umfassendes Bildungs- und Förderangebot an unseren Schulen anzubieten wird durch die Einrichtung von Inklusionsschulen ebensowenig gelöst wie das Fehlen eines verbindlichen Supervisionsangebotes für PädagogInnen im Schuldienst, zu große Klassenfrequenzen an den weiterführenden Schulen oder das Problem der frühzeitigen Aufteilung der Kinder auf die einzelnen Schulformen des Regelschulsystems.

Für ein Problem aber können Inklusionsschulen einen echten Fortschritt in unsere Schullandschaft bringen - sie können helfen, Kindern mit verschiedenen Beeinträchtigungen die Möglichkeit zu geben, in ihrem sozialen Umfeld ihre Schulzeit zu erleben - mit all den damit zusammenhängenden Vorteilen z.B. in den Bereichen der gegenseitigen Leistungs-Stimulation und des sozialen Lernens.

Dies ist auch im heutigen System schon ansatzweise möglich - mit dem RIK-Konzept für Kinder mit Lernhilfe-Förderbedarf an den Grundschulen oder der Einrichtung von Integrationsklassen. Zwei Vorteile aber sehe ich in einem durchgängigen Inklusionskonzept: Die Aufnahme von Kindern mit Beeinträchtigungen an den Schulen muß nicht in jedem Einzelfall neu beantragt werden (mit dem damit zusammenhängenden bürokratischen Aufwand, der Planungsunsicherheit für Schule und Eltern oder sogar der Stigmatisierung der Antragstellenden) und es wird die gerade aktuell z.B. in Westerstede eingetretene Situation vermieden, dass Kinder in der Grundschule gut integriert sind und anschließend ihre Schulkameraden und sogar ihren Wohnort für den Schulbesuch verlassen müssen, weil es kein weiterführendes integratives (inklusives) Beschulungsangebot vor Ort gibt.

Voraussetzung für einen nachhaltigen Erfolg solcher Inklusionsschulen ist natürlich eine vernünftige Konzeptionsentwicklung und eine angemessene personelle Ausstattung dieser Schulen.

Im übrigen soll meine Befürwortung des Inklusionsmodells nicht heißen, dass nicht auch heute an Förderschulen gute Arbeit geleistet würde. Jedoch zeigen die guten Erfahrungen der vielen Staaten, die den Menschen mit Behinderungen den durch die UN-„Convention on the Rights of Persons with Disabilities“ zugesagten Anspruch auf volle Teilhabe an der Gesellschaft auch im Schulwesen nicht versagen und das intensive Engagement vieler betroffener Eltern, dass wir hier noch Veränderungsbedarf haben.

Die Fachkompetenz aus unseren Förderschulen in gemischt-inklusive Lehrerteams an Inklusionsschulen einzubringen erscheint mir darüber hinaus auch für die sogenannten Regelschulen eine Qualitätssteigerung zu ermöglichen.

Mein Ziel ist es, am Ende des Entwicklungsweges zu einer gemeinsamen Schule für alle Kinder zu kommen, in denen binnendifferenziert gefördert und nicht aussortiert wird. Dass hierzu noch viele Hürden genommen werden müssen, ist mir durchaus bewusst.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Meiwald