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Frage von Wolf Michael K. •

Frage an Paul Lehrieder von Wolf Michael K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Lehrieder,

in einem Beitrag von Frontal21 wurde aufgezeigt, dass die Einlagerung von radioaktiven Abfällen in Morsleben den Steuerzahler nochmals zusätzlich das 25 fache von dem kosten werden, als von der Atomindustrie eingezahlt worden ist. An der Forcierung der Einlagerung in diesem Endlager hat Ihre Kollegin Frau Merkel maßgeblich beigetragen. Sozialisierung von Unkosten und Privatisierung von Gewinnen ist hier das Stichwort. Wie kann so etwas in einer fortschrittlichen Demokratie möglich sein? Oder sind wir schon auf dem Weg in eine Bananenrepublik?

Mit freundlichen Grüßen aus Würzburg,
Wolf Michael Kröger

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Sehr geehrter Herr Kröger,

vielen Dank für Ihre Mail vom 4. 8. 2008, mit der Sie sich auf einen Beitrag des Magazins Frontal 21 zum Endlager Morsleben beziehen.

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Sie nach Anschauen dieses Beitrags verärgert sind. Meiner Meinung nach kamen dort aber einige Aspekte zu kurz, die ich Ihnen im Folgenden kurz schildern möchte.

Das Endlager Morsleben musste 1990 mit dern Wiedervereinigung wie alle öffentlichen Einrichtungen der DDR in das Eigentum der Bundesrepublik Deutschland überführt werden. Damit gingen auch die Kosten des zunächst ungenutzten Endlagers auf die Bundesrepublik über. Die westdeutschen Unternehmen konnten zu diesen Kosten - da nicht von ihnen verursacht - nicht mit herangezogen werden. Erst die Endlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen gegen Entgelt durch diese Unternehmen führte zu einer erheblichen Entlastung des Bundes und damit des Steuerzahlers. Für die Preisfindung war der Bundesfinanzminister zuständig; der Preis enthielt eine Komponente für die Stilllegung.

Das Gesetz sah zunächst eine Nutzungsmöglichkeit des Endlagers bis 2000 vor, der Betrieb wurde 1998 bis 2005 verlängert. Der Nutzung des Endlagers gingen umfangreiche Untersuchungen insbesondere durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie entsprechende Nachrüstungen voraus. Die Beratungsgremien des Bundes waren beteiligt. Alle beteiligten Fachgremien - auch das Bundesamt für Strahlenschutz - hatten keine sicherheitstechnischen Bedenken. Diese Einschätzung wurde vom Bundesverwaltungsgericht 1992 bestätigt. Auf dieser Gurndlage wurde das Endlager nochmals überprüft und erst danach wurde die Einlagerung zugelassen.

Ab 1994 fanden Einlagerungen statt, nicht nur mit Abfällen der Energieversorgungsunternehmen, sondern auch mit Abfällen aus Medizin und Wissenschaft. Der Stop des ndlagers durch das Oberverwaltungsgericht Magdeburg erfolgte 1997, allerdings aus rein juristischen, nicht aus sicherheitstechnischen Gründen.

1998/99 beschloss die damalige rot-grüne Bundesregierung, den Rechtsstreit nicht weiter zu verfolgen und Morsleben stillzulegen. Der Verzicht auf weitere Einlagerungen bedeutete aber auch einen Verzicht auf die daraus resultierenden Einnahmen.

Die betrieblichen Aktivitäten beschränken sich seither auf die sichere Verwahrung der radioaktiven Abfälle und notwendige Erhaltungsmaßnahmen der Anlage. Derzeit wird die Stilllegung des Endlagers vorbereitet. Das dafür vorgesehene Planfeststellungsverfahren ist eingeleitet. Durch die geplanten Stilllegungsmaßnahmen wird der sichere Abschluss der radioaktiven Abfälle hergestellt und die Langzeitsicherheit gewährleistet.

Seit Oktober 2003 werden ausgewählte Hohlräume im Zentralteil des ERAM als Maßnahme der Gefahrenabwehr mit Spezialbeton verfüllt. Hierbei handelt es sich um 22 Abbaukammern aus der Zeit des Gewinnungsbetriebs des Bergwerks Bartensleben. Verfüllt werden dabei ausschließlich Bereiche, in denen keine radioaktiven Abfälle lagern. Die Maßnahme, die der langfristigen Stabilisierung des Zentralteils dient, soll 2010 abgeschlossen sein.

Der "Frontal"-Beitrag sagt unter anderem aus: "Der Gesamtverschluss des Endlagers Morslaben ist mit 2,2 Milliarden Euro sehr teuer und letztlich vom Steuerzahler zu übernehmen. Die Energieversorger haben für die Entsorgung ihres Atommülls aber nur 138 Millionen Euro bezahlt". Meiner Meinung nach ist es aber wichtig, beides auseinander zu halten: Die Energieversorgungsunternehmen haben zwar schwach- und mittelradioaktiven Müll in Morsleben eingelagert und dafür bezahlt - ob die Summe letztendlich angemessen war oder nicht, darüber lässt sich streiten. Sie war Verhandlungssache. Die Gesamtkosten für Erhalt und Gesamtverschluss des Endlagers haben damit nichts zu tun. Die Energieversorgern hätte man schon aus rechtlichen Gründen schwerlich zum Ausgleich dieser Kosten verpflichten können. Die volle Verantwortung tragen sie letztlich nur für die von ihnen betriebenen Atomanlagen, aber nicht für das von der DDR "geerbte" Endlager Morsleben .

Mit freundlichen Grüßen

Paul Lehrieder MdB

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