Frage von Jochen T. •

Warum erfüllt die Preisliche Gestaltung der MPU und der Verwaltungskosten, Bußgelder, eigentlich nicht die Wucherverbote nach § 138 Abs. 2 BGB? Darf der Staat legal Wuchern?

Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr T.

vielen Dank für Ihre berechtigte Frage zur Preisgestaltung rund um die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU). Ihre Sorge, ob hier nicht gegen das Wucherverbot (§ 138 Abs. 2 BGB) verstoßen wird, nehme ich ernst – auch wenn juristisch gesehen ein solcher Tatbestand aktuell nicht erfüllt ist.

Das eigentliche Problem liegt meiner Einschätzung nach nicht darin, dass der Staat selbst wuchert, sondern darin, dass er die Durchführung der MPU in den letzten Jahren schrittweise privatisiert hat – und damit ein Stück weit Kontrolle über Preisgestaltung und Qualitätssicherung abgegeben wurde.

Bis 2018 galt eine bundeseinheitliche Gebührenordnung für die MPU. Diese wurde jedoch aufgehoben. Seitdem dürfen private Träger wie TÜV, DEKRA oder PIMA die Preise eigenständig festlegen, auch wenn sie durch die BASt (Bundesanstalt für Straßenwesen) zertifiziert sind und sich an gewisse fachliche Standards und Transparenzpflichten halten müssen.

Das führt zu einer kommerzialisierten Praxis, bei der für Betroffene zum Teil hohe und intransparente Kosten entstehen – insbesondere im Bereich der MPU-Vorbereitung, der völlig unreguliert ist. Hier haben sich Marktmechanismen etabliert, die anfällig für Missbrauch, finanzielle Ausbeutung und unseriöse Angebote sind.

Statt klarer staatlicher Steuerung haben wir es mit einem System zu tun, das zulässt, dass Profit über Fairness steht. Das halte ich für grundlegend falsch – besonders bei einem Verfahren, das über Mobilität, Teilhabe und nicht selten über berufliche Existenzen entscheidet.

Was es braucht, ist eine stärkere staatliche Kontrolle und klare Preisgrenzen – insbesondere im Bereich der Vorbereitung. Hier ist vor allem das Bundesverkehrsministerium gefragt, um dem Wildwuchs auf dem MPU-Markt entgegenzuwirken.

Privatisierung ist in sensiblen Bereichen wie diesem kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt – mit ganz realen negativen Folgen für Bürgerinnen und Bürger.

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Knopf, MdL
Bündnis 90 / Die Grünen

 

Was möchten Sie wissen von:
Norbert Knopf
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN