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Niels Annen
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Frage von Wolfgang S. •

Frage an Niels Annen von Wolfgang S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Annen,

welche Vorteile soll die Übertragung der Bundesautobahnen an eine Verwaltungsgesellschaft bringen, wenn nicht Privatisierungsinteressen dahinterstehen?

Die SPD behauptet sie hätten einen Kompromiss gefunden, so dass Autobahnprivatisierungen ausgeschlossen sind. Mit dieser Aussage betrügen sie Ihre Wähler und einen grossen Teil Ihrer eigenen Parteimitglieder. Warum ist denn im Gesetzesentwurf, der am Donnerstag verabschiedet werden soll nicht der folgende Satz gestrichen worden ?

"Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben (bei der künftigen Verwaltung der Autobahnen) einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen.“

Sie als langjähriger Bundestagsabgeordneter sollten doch einschätzen können, das dieser Satz bedeutet, das der Bundestag jeglichen Einfluß auf den Autobahnbau an eine private Gesellschaft abgibt.

Aber Sie können sich natürlich herausreden, dass Sie am Donnerstag nicht über die Autobahnprivatisierung abgestimmt haben, sondern für eine neue Form des Länderfinanzausgleiches,
in dem die geplante Privatisierung versteckt ist. So verdummt man die Bürger.

Banken und Versicherungen sind auf der Suche nach neuen Investitionsmöglichkeiten um in Zeiten des Niedrigzinses auf diese Weise hohe Renditen zu erwirtschaften, also hat sich die Lobby dieser Branche wohl mal wieder wie bei der Riesterrente (Betrug am Deutschen Volk zu Gunsten von Versicherungen und Schwächung der Rentenkasse) durchgesetzt.

Stand die Ausgliederung der Bundesautobahnen in eine Verwaltungsgesellschaft in Ihrem Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU ? Die Antwort heisst Nein. Warum also werden Sie am 1.6. für die erforderliche Grundgesetzänderung stimmen ? Hat die SPD noch irgendein soziales Gewissen wie es von Ihrem Spitzenkandidaten ständig gepredigt wird, oder vertritt Sie hauptsächlich die Interessen von Großkonzernen,Banken und Versicherungen ?

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Strauß

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Sehr geehrter Herr Strauß,

vielen Dank für Ihre Anfrage, zu der ich gerne Stellung nehme.

Sie reagieren mit Ihrem Schreiben eventuell auf den Artikel „Autobahn-Privatisierung: SPD täuscht die eigenen Genossen“ zum Thema Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) vom 26. Mai, in dem die Berliner Zeitung falsch argumentiert. Zu diesem Artikel möchte ich gerne Stellung nehmen.

Anders als der Artikel suggeriert, hat die SPD-Fraktion die Privatisierung effektiv verhindert, indem Einzelprojekt-ÖPPs zwar weiter erlaubt sein werden, dass die bestehenden Fehlanreize (laut Bundesrechnungshof!) innerhalb der Auftragsverwaltung pro ÖPP aber aufgehoben werden, weil es in einer Bundesautobahngesellschaft betriebswirtschaftlich unattraktiv wird, ÖPP-Projekte unter 100km künftig in dem Umfang zu realisieren, wie Ramsauer und Dobrindt es in den letzten 11 Projekten ohne Parlamentsbeteiligung durchgesetzt haben. Wer am 01. Juni mit NEIN stimmt, stimmt für den Status Quo der Auftragsverwaltung und erhöht künftig die Anzahl dieser ÖPP-Projekte weiter, weil dann der jetzige Fehlanreiz bleibt.

Es ist mir sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir Abgeordneten in den letzten sieben Wochen im parlamentarischen Verfahren der geplanten Privatisierung die „Giftzähne gezogen“ und die von den CDU/CSU-Ministern Schäuble und Dobrindt gewollte Autobahngesellschaft um 180 Grad gedreht haben – ein Vorgang, der in der Parlamentsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland nach allen Erkenntnissen einmalig ist. Die Gesellschaft wird jetzt zu 100 Prozent staatlich über den Bundeshaushalt finanziert, kann KEINE Kredite aufnehmen und weder mittelbar noch unmittelbar Beteiligungen von Privaten erlauben. Die Kontrolle der Gesellschaft wird künftig durch den Bundesrechnungshof sichergestellt. Damit werden auch wir Abgeordnete den Betrieb und sämtliche Investitionen und Aufträge in Zukunft eher besser kontrollieren und steuern können als heute.

Um das zu schaffen, hat die SPD die eigentlich bereits für den 19. Mai vorgesehene Beschlussfassung in 2./3. Lesung im Bundestag blockiert, um sich bei diesen strittigen Punkten durchsetzen zu können. Jetzt können wir verkünden: Versprochen – gehalten! Das Verbot von funktionaler Privatisierung bei Teil-Netz-ÖPP kommt ins Grundgesetz und wird somit verfassungsrechtlich festgeschrieben. Grundgesetzlich schließen wir auch eine unmittelbare und mittelbare Beteiligung von Privaten an der neu zu gründenden Gesellschaft und ihrer regionalen Tochtergesellschaften aus – nach Auffassung unserer SPD-Gutachter von der Anhörung am 27. März, Prof. Dr. Georg Hermes und dem Bundesrechnungshof, die beiden wichtigsten Grundgesetzänderungen, ohne die wir das Paket hätten platzen lassen. Damit errichten wir im Gesetz – und auch im Grundgesetz – Schranken, wo es vorher keine gab.

Mit freundlichen Grüßen
Niels Annen

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