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Nicole Westig
FDP
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Frage von Paul H. •

Frage an Nicole Westig von Paul H. bezüglich Soziale Sicherung

Liebe Frau Westig,

in Ihren Antworten lese ich, dass die FDP es befürwortet, dass die Angehörigen von Pflegebedürftigen entlastet werden sollen.
Wie passen dann die gestrige Rede zum AEG Ihres Kollegen Beeck und das Abstimmungsverhalten der FDP dazu?

In der öffentlichen Anhörung am 04.11.2019 gab der Deutsche Verein für öffentl. und private Fürsorge zu Protokoll, dass die Einnahmen der Kommunen aus Elternunterhalt ca. 70 Millionen Euro betragen.
Zieht man die Verwaltungskosten der Kommunen, Gerichtskosten und die Absetzung des Unterhalts in der Steuererklärung ab, dann hätte das eine weitere Reduzierung der Einnahmen zur Folge.
Nun möchte ich gerne von Ihnen wissen, wieso die FDP sich vor den Karren der „armen“ Kommunen spannen lässt?

Hat die FDP evtl. in Betracht gezogen, dass die Kommunen in der aktuellen Kostendiskussion nur versuchen hier so viel Geld wie möglich und das auf Kosten der Angehörigen rauszuschlagen und sich künstlich arm rechnen?
Ich finde, dass in der Sitzung im BT treffend durch die CDU in Person von Herrn Heilmann alles zum Gesetz wiedergegeben wurde, insbesondere das die Kommunen die Angehörigen für ihre Belange als Geiseln einsetzen und bereits entlastet wurden!

Verschließt sich die FDP vor dem immensen Zuspruch, der Hoffnung und großen Erwartung die mit dem Gesetz verbunden sind?

Ist sich die FDP dieser Verantwortung im BR bewusst oder wollen sie das Gesetz auf Kosten der Angehörigen in den Vermittlungsausschuss bringen und für ein verspätetes Inkrafttreten verantwortlich sein?

Aus Ihrem Wahlkreis kommend, werde ich mit Blick auf die Kommunalwahl aufmerksam verfolgen wie sich die FDP im BR verhält, denn Thüringen hat gezeigt, dass jede Stimme zählt!

Es gibt momentan keine Alternative zum AEG, deswegen kann ich an die FDP nur appellieren, keine Spielchen auf den Rücken der betroffenen Angehörigen auszutragen und dafür zu sorgen, dass das Gesetz zum 01.01.2020 kommt und für eine Zustimmung der Länder alles zu tun!

Beste Grüße
Hensele

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr H.,

wie in meiner Plenarrede zum Angehörigen-Entlastungsgesetz (https://dbtg.tv/fvid/7391379) dargestellt, unterstützen wir die Entlastung von Angehörigen Pflegebedürftiger ausdrücklich. Die bisherige Regelung belastet insb. mittlere Einkommen stark. Die Erhöhung der Freigrenze auf 100.000 Euro Jahreseinkommen ist daher richtig und sachgerecht und wird von uns als Bundestagsfraktion der Freien Demokraten unterstützt. Das spiegelt sich auch im entsprechenden Abstimmungsverhalten wider, in dem wir als FDP-Fraktion explizit nicht gegen den Gesetzesentwurf gestimmt, sondern uns enthalten haben.

Dennoch kann das Problem der fraglichen Refinanzierung nicht ignoriert werden. Die Bundesregierung selbst geht in ihrem Gesetzesentwurf nicht von den von Ihnen genannten 70 Millionen Euro, sondern von mindestens 300-330 Millionen Euro jährlichen Mehrausgaben für die Kommunen aus. Zusätzlich ist zu beachten, dass aufgrund der Neuregelung zukünftig mehr Pflegebedürftige von ihrem Recht auf Unterstützung durch die Hilfe zur Pflege Gebrauch machen werden, da sie nun nicht mehr befürchten müssen, dass ihre Angehörigen zum Unterhalt herangezogen werden. Dadurch erhöhen sich die Ausgaben um schätzungsweise 500 Millionen bis zu einer Milliarde Euro jährlich.

Als langjährige Kommunalpolitikerin weiß ich persönlich um die schwierige Haushaltslage in den Kommunen. Die Hilfe zur Pflege nimmt dabei einen großen Ausgabenposten ein. Bundesweit belaufen sich die Ausgaben zur Hilfe zur Pflege bereits 2018 auf 3,5 Milliarden Euro. Deswegen ist das Verhalten der Bundesregierung, die Kommunen mit dem Gesetz einseitig zu belasten, unverantwortlich – so richtig das Ansinnen des Gesetzes prinzipiell ist. Diese Punkte zusammengenommen führten zur Enthaltung meiner Fraktion. Wir setzen uns dafür ein, dass die Kommunen an anderer Stelle bei der Hilfe zur Pflege entlastet werden, etwa indem die Eigenanteile gesenkt werden. Dies wäre möglich durch die Überführung der medizinischen Behandlungspflege in den Leistungsbereich des SGB V, eine regelhafte Dynamisierung der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung und die konsequente Investitionskostenförderung in Pflegeeinrichtungen durch die Länder. Davon würden nicht nur die Kommunen als Träger der Sozialhilfe profitieren, sondern auch die Pflegebedürftigen selbst. Dazu gibt es von Seiten der Bundesregierung allerdings keine Bestrebungen.

Wir hoffen sehr, dass es im Bundesrat zu einer einvernehmlichen Lösung kommt, da wir ein Scheitern des Gesetzes nicht befürworten. Dies setzt allerdings auch Verhandlungsbereitschaft der Bundesregierung voraus. Das Abstimmungsverhalten im Bundesrat legen weder wir als FDP-Bundestagsfraktion, noch die FDP-Bundes- oder Landesparteien, sondern die Landesregierungen in ihren jeweiligen Konstellationen fest.

Mit freundlichen Grüßen
Nicole Westig

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