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Frage von Sven L. •

Frage an Monika Griefahn von Sven L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Griefahn!

In der Presseerklärung „Keine Ausweitung der Internetsperren” vom 10.08.2009 auf Ihrer Homepage schreiben Sie: „Die Verträge, die Bundesministerin von der Leyen mit den Internet-Providern geschlossen hat, waren aus unserer Sicht rechtsstaatlich höchst problematisch und machten eine gesicherte Grundlage und damit ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren notwendig.”
http://www.monika-griefahn.de/inhalt/meinearbeit/presse/2009/pm090810.php

Ist es nicht eher so, dass Frau von der Leyen mit den Verträgen ohne gesetzliche Grundlage gehandelt und damit ihre Kompetenzen überschritten hat? Wie kann das Fehlverhalten einer Ministerin einen Gesetzgebungsprozess notwendig machen? Ich war bisher immer davon ausgegangen, dass das Parlament der Regierung den rechtlichen Rahmen setzt. An diesen ist die Exekutive gebunden. Dass die Regierung willkürlich handelt und das Parlament den rechtlichen Rahmen entsprechend nachführt, ist mir neu, wenn nicht suspekt.

Meine Frage: Obwohl oder auch gerade weil Sie der Abstimmung zum ZugErschwG nicht beigewohnt haben, interessiert mich, worin Sie Ihre Aufgabe als Mitglied des Deutschen Bundestages sehen, wenn nicht in der gewissenhaften Ausfüllung Ihrer Rolle als Gesetzgeber?

Ihrer Pressemitteilung entnehme ich nämlich, dass Sie das Gesetz ablehnen. Sie schreiben, dass die „bedenklichsten [...] Auswirkungen” hätten verhindert werden können — nach dem Wortlaut bleibt da genug bedenkliches übrig. Außerdem betonen Sie die Begrenzung auf 3 Jahre („vor allem”). Oder lese ich da zu viel zwischen den Zeilen? Dann müsste ich Ihre Worte als reine Beschwichtigung verstehen. Gleichwohl rechtfertigen Sie nämlich das Gesetz mit dem Fehltritt der Ministerin. Sie nehmen dabei in Anspruch, für die gesamte Partei zu sprechen. Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie mit Ihrer Fraktion abgestimmt hätten.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lauritzen,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gern beantworte.

1. zu den Verträgen:
In der Politikpraxis wird relativ viel untergesetzlich z.B. mit Verträgen geregelt, was gut ist, weil man dadurch Überbürokratie verhindern kann. In dem Fall der Internetsperren war es leider alles andere als gut und wir hätten natürlich die Option gehabt, einfach zu warten bis ein Gericht die Rechtmäßigkeit der Verträge überprüft. Das wollte ich nicht. Warum?

Solche komplexen Entscheidungen können gerade am Verfassungsgericht bis zu mehreren Jahren dauern. Bis dahin hätten die Verträge gewirkt und diese hätten auch Ausweitungen auf andere Bereiche ohne einen öffentlichen, transparenten und demokratischen Gesetzgebungsprozess zugelassen. In dieser Situation kann man als Abgeordnete(r) meiner Meinung nach nicht hinnehmen, dass Internetsperren auf einer solchen unkontrollierbaren und damit höchst fragwürdigen Grundlage durchgeführt werden. Deshalb habe auch ich dem Gesetz zugestimmt, nachdem wir als SPD fundamentale Änderungen durchgesetzt hatten. Die fünf wichtigsten:

- Fassung als Spezialgesetz
- unabhängiges Expertengremium mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen
- keine Speicherung der Daten zum Zweck der Strafverfolgung
- Löschen vor Sperren
- Gesetz läuft nach 3 Jahren automatisch aus

In der Koalition konnten wir als SPD die Verträge übrigens nicht verhindern. Im Koalitionsvertrag ist geregelt, dass parlamentarische Entscheidungen immer gemeinsam getroffen werden müssen, doch in ihrem Ministerium konnte Frau von der Leyen die Verträge schließen - allerdings auch deshalb, weil die Provider als Vertragspartner zugestimmt haben.

2. Zu meinem Abstimmungsverhalten:
Der "gewissenhaften Ausfüllung" meiner "Rolle als Gesetzgeber" werde ich nicht nur durch meine Anwesenheit bei Abstimmungen gerecht. Ehrlich gesagt, macht diese Arbeit zeitlich gesehen den geringsten Teil meiner politischen Aufgaben aus. Am 18. Juni, als über das Gesetz zu den Internetsperren abgestimmt wurde, hatte ich zahlreiche andere Termine wie Arbeitsgruppensitzungen, Diskussionen und Treffen. Leider verzögerte sich der Zeitpunkt der Abstimmung über das Gesetz im Verlauf des Tages so stark, dass ich wegen anderer drängender Termine nicht mehr teilnehmen konnte. Um mich jedoch klar zu positionieren, habe ich im Plenum eine Erklärung nach §31 abgegeben, der sich auch zahlreiche Kolleginnen und Kollegen angeschlossen haben.

3. Zur Position der SPD
Abgeordnete sind in ihrer Meinung frei. Dazu gehören auch diejenigen in der SPD, die derzeit in den Medien (zum Teil auch zu Unrecht) als Sperrbefürworter angeführt werden. Wie auch immer, deren persönliche Einzelmeinung ändert jedenfalls nichts an der klaren Position der SPD als Partei, sich gegen Ausweitungen zu stellen, die ich in meiner Pressemitteilung so beschrieben habe. Hubertus Heil, der Generalsekretär der SPD und im Team Steinmeier verantwortlich für Neue Medien hat diese Position der SPD in den letzten Tagen auch immer wieder so deutlich gemacht.

Mit den besten Grüßen
Monika Griefahn