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Frage von Peter L. •

Frage an Michael Groß von Peter L. bezüglich Umwelt

Sie haben in der 81. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit des Bundes vom 27. April 2016 im Tagesordnungspunkt 14 a) den Antrag Drucksache 18/7875 abgelehnt. U.a. ging es um Maßnahmen zur Abschaltung der AKWs Tihange.

Aktuelle Lage:
07.09.2016 : Notstop Tihange 1

08.09.2016 : das tschechische Atomkraftwerk Temelín geht nach einem Störfall vom Netz

09.09.2016 : 5:00 Uhr Notstop Tihange 2, Ursache bisher unbekannt

10.09.2016 : bevorstehende Ausschaltung Tihange 3

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir kurz auf einige Fragen zum Thema antworten würden:

Würden Sie in der aktuellen Lage wieder so entscheiden?

Haben Sie sich persönlich bemüht genauere Informationen zu den Vorfällen in Tihange & Doel zu bekommen (17 Vorfälle bisher in 2016) und zu Problemen der Organisation und Finanzierung der belgischen Atomaufsichtsbehörde?

Halten Sie Tihange insb. Tihange 2 für eine existentielle Bedrohung für Europa?

Wenn nein, halten Sie Tihange insb. Tihange 2 für eine mögliche Bedrohung grenznaher Regionen?

Reichen aus Ihrer Sicht die Ihnen verfügbaren Informationen aus, um bei diesen Themen sachlich und fachlich verantwortliche und hier aus meiner Sicht sicherheitsrelevante Entscheidungen für Europa zu treffen?

Wenn es zu einem Gau käme - was wir alle nicht hoffen - was oder wen würden Sie in die Pflicht nehmen, oder zur Verantwortung ziehen wollen?

Besten Dank im Voraus und mit freundlichem Gruß aus der StädteRegion Aachen

Peter Laws

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Laws,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Abschaltung von Atomkraftwerken, insbesondere von Tihange und Doel.

Union und SPD haben im besagten Ausschuss einen eigenen Antrag mit der Drucksachennummer 18/8239 eingebracht. Ein wesentlicher Grund, warum der Antrag der Fraktion DIE LINKE von uns Sozialdemokraten kritisiert wurde, war der Tatsache geschuldet, dass die Auflösung des Euratom-Vertrags gefordert wurde. Wir hingegen fordern eine Reformierung des bestehenden Vertragswerks hin zu mehr Sicherheit bei bestehenden Atomkraftwerken im europäischen Ausland, eine stärkere Gesundheitsförderung und ein klarer zeitlicher Pfad für den Atomausstieg in unseren Nachbarstaaten. Würden wir heute diesen Vertrag einseitig auflösen, könnte Deutschland bei wichtigen Sicherheitsfragen in Bezug auf Anlagen im Ausland nicht mehr mitreden und wäre bei allen Entscheidungen außen vor.

Unfälle in Atomkraftwerken können massive grenzüberschreitende Auswirkungen haben. Im Fall offener Sicherheitsfragen ist daher die Sorge der deutschen Bevölkerung, vor allem in Grenzregionen, vollkommen berechtigt und alle Nachbarstaaten haben das Recht, kritische Fragen zu stellen und Antworten einzufordern.

Natürlich werde ich als Mitglied des Fachausschusses regelmäßig durch die zuständige Ministerin umfassend informiert. Allerdings betone ich an dieser Stelle, dass eine abschließende Bewertung, ob fragliche Atomkraftwerke sicher sind bzw. ob die zu unterstellenden Auslegungsstörfälle beherrschbar sind, letztendlich nicht durch die Bundesregierung, sondern vielmehr durch die jeweilige nationale Atomaufsicht gewährleistet sein muss bzw. überhaupt nur gewährleistet werden kann. Nur der jeweiligen nationalen Behörde liegen alle für eine umfassende Beurteilung des Sachverhalts notwendigen Dokumente und Informationen vor. Klar ist, Störanfälle bei Atomanlagen sind generell als Bedrohung für die heimische Bevölkerung und für die jeweiligen Nachbarländer einzustufen.

Damit sowohl das Land NRW als auch das zuständige Bundesumweltministerium aktuelle Informationen erhält, finden regelmäßige Austauschgespräche mit europäischen Nachbarstaaten statt. Im Falle Tihange so auch mit der belgischen Regierung und den zuständigen Behörden. In diesem Zusammenhang gibt es auch die sog. cross inspections, die den gegenseitigen Austausch stärken. Dies wird vor allem deshalb immer wichtiger, weil es eine Tendenz bei einigen Ländern Europas dazu gibt, Laufzeitverlängerungen ohne Umweltverträglichkeitsprüfungen zu genehmigen. Das kann nicht in unserem Interesse sein.

Klar ist, ich bin für die Abschaltung aller restlichen Atomkraftwerke, nicht nur in Deutschland. Es liegt in unserem Interesse, dass unserem Weg auch der Rest Europas folgt. Das gilt allemal für störanfällige Anlagen. Dafür muss Politik den Rahmen setzen. Klar ist aber auch, dass die Betreiber von Atomkraftwerken nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden dürfen. Das gilt sowohl für Störanfälle als auch beim in Deutschland vereinbarten Weg des Rückbaus der bestehenden Anlagen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Groß