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Frage von Martin W. •

Frage an Michael Bürsch von Martin W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Bürsch,

ich wüsste gerne Ihre Gründe für Ihre Zustimmung zum Tornado-Einsatz in Afghanistan. Nach keiner Kenntnis investiert die Bundesregierung ein Vielfaches der Mittel für den Wiederaufbau des Landes in die faktisch ja kaum noch getrennten ISAF und Nato-Einsätze.
Sind Sie der Meinung, dass diese Co-Finanzierung des US-amerikanischen Weltkriegs gegen den Terror uns mehr Frieden bringt?
Vertreten Sie ebenfalls die Meinung, dass die deutsche Freiheit am Hindukush verteidigt werde?

Oder stimmen Sie nicht vielmehr einer Beteiligung am Krieg als dem Terrorismus der Reichen gegen den Terrorismus der Armen zu, wie Peter Ustinov es gennant und Horst Eberhard Richter es letzte Woche in einem Vortrag in der Kieler Nikolai-Kirche, zu dem ich ihn eingeladen hatte, zitiert hatte?

Wie kann ich einem Abgeordneten der SPD meine Stimme geben, der dieser Politik zustimmt?

Freundliche Grüße,
Martin Weimer

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Weimer,

vielen Dank für Ihre Mail.

Im Folgenden möchte ich Ihnen darlegen, wie ich die Situation in Afghanistan einschätze und weshalb ich vor diesem Hintergrund für die Beteiligung deutscher Soldaten an der Operation Enduring Freedom (OEF) gestimmt habe.

Mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sind uns neue Dimensionen terroristischer Gefahren vor Augen geführt worden. Möglich wurden diese Anschläge auch, weil sich Afghanistan nach 22-jährigem Krieg und Bürgerkrieg insbesondere unter der Herrschaft der Taliban zu einem Rückzugsraum für Terroristen entwickelt hatte. Der Kampf gegen und der Sturz des Taliban-Regimes waren meines Erachtens notwendig, um dafür zu sorgen, dass Terrorgruppen Afghanistan nicht erneut als Rückzugsbereich und Ausgangspunkt für ihre Aktionen nutzen.

Nun ist es nötig, Stabilität in Afghanistan herzustellen und eine politische Entwicklung voranzutreiben, die den Menschen in Afghanistan Sicherheit und Frieden bringt, und einen Rückfall in den früheren Zustand verhindert.

Ich verstehe Ihre Bedenken gegenüber dem Einsatz und insbesondere der OEF-Mission: Seit Anfang 2002 sind deutsche Soldaten und Helfer in Afghanistan, ein großer Durchbruch ist allerdings nicht in Sicht, auch wenn es Fortschritte gibt. Jetzt die deutschen Soldaten zurück zu holen, wäre allerdings eine schwere Niederlage für das Völkerrecht und die internationale Staatengemeinschaft. Afghanistan würde wieder zum Nährboden des internationalen Terrorismus werden.

Der deutsche Beitrag zum zivilen Aufbau umfasst neben der Polizei- und Lehrerausbildung sowie dem Bau von Schulen und Hochschulen auch die Versorgung mit Strom aus nachhaltigen Energien, die Trinkwasserversorgung, Verkehrsinfrastruktur, Mittelstandsförderung und den Aufbau einer Mikrofinanzbank. Dabei gilt allerdings stets das Prinzip: kein Wiederaufbau ohne Sicherheit. Der ISAF-Einsatz dient dazu, den zivilen Wiederaufbau zu flankieren, und ist unverzichtbar für die Schaffung eines sicheren Umfeldes, in dem langfristig Stabilisierung und Entwicklung stattfinden können. Das wiederum geht nur, wenn man auch den Kampf gegen den Terrorismus fortsetzt. Dazu dient die Operation Enduring Freedom. Die Bundesregierung hat bereits bei ihren Partnern darauf eingewirkt, dass künftig die Zivilbevölkerung bei Angriffen aus der Luft stärker geschützt werden soll. Allerdings setzen die Terroristen die Zivilbevölkerung häufig bewusst als Schutzschild ein und erschweren so die militärischen Operationen der Alliierten.

Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Entwicklung eines demokratisch legitimierten und handlungsfähigen Staates, der in der Lage ist, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern und die Stabilisierung des Landes nachhaltig zu gewährleisten. Dieses Ziel ist nur mithilfe eines Gesamtpaketes – ISAF, OEF, ziviler Wiederaufbau und politische Initiative – zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Bürsch