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Mechthild Rawert
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Frage von Béla G. •

Frage an Mechthild Rawert von Béla G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Rawert,

ich schreibe Ihnen in Zusammenhang mit der Frage, "Sollen Provisionen für den Verkauf von Finanzprodukten verboten bzw. wenigstens an die Kund_innen weitergereicht werden?"
welche im Rahmen der Finanzmarktrichtlinie "Mifid II” im Plenum verabschiedet wird.

Wie werden Sie sich bei dieser Abstimmung verhalten? Und hatten Sie in Zusammenhang mit dieser Abstimmung Kontakt mit Lobbyisten - wenn ja - mit wem?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Geißelhardt,

ich danke Ihnen für Ihre Frage. Ich kann Ihnen heute noch keine Auskunft über mein Abstimmungsverhalten geben. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich keinen Kontakt zu Lobbyistinnen bzw. Lobbyisten aus dem Finanzbereich hatte und habe.
Für mich ist klar: Die Beratung und der Vertrieb von Finanzprodukten müssen grundlegend reformiert werden. Finanzberatung muss besser und transparenter werden, nicht einfach teurer. Finanzberatung muss ihren Namen auch verdienen. Viele Kunden von Bankinstituten haben heute – oft nicht zu Unrecht den Eindruck – das der Bankberater oder die Bankberaterin eher ein/e BankverkäuferIn ist.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat deshalb bereits im Januar 2012 den Gesetzesantrag „Verbraucherschutz stärken – Honorarberatung etablieren“, Drucksache 17/8181 im Deutschen Bundestag eingebracht.

Um die  Informationen der Verbraucherinnen und Verbraucher auf eine neue Grundlage zu stellen, halten wir es für nötig, die Beratung und Vermittlung von Finanzprodukten neu zu ordnen.
Wir haben in unserem Antrag deshalb die Bundesregierung aufgefordert:
 1. ein Berufsbild für unabhängige BeraterInnen zu schaffen, das eine echte Alternative zur provisionsgebundenen Beratung darstellt. HonorarberaterIn soll danach nur derjenige oder diejenige sein, der oder die bei oder im Zusammenhang mit der Beratung keine Zuwendungen von Dritten erhält und festlegt, dass ein/e HonorarberaterIn nur als solcher auftreten darf. Ferner darf er keine Bestandsprovisionen annehmen;
2. einen formalisierten Sachkundenachweis sowie eine laufende Fortbildungsverpflichtung einzuführen. Diese Ausbildung muss die Bereiche Anlageberatung, Versicherungsberatung und Darlehensberatung gleichermaßen beinhalten. Mittelfristig ist eine berufliche Bildung anzustreben;
3. sicherzustellen, dass ein/e HonorarberaterIn persönlich zuverlässig ist und zwingend über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügt;
4. die Normen des sechsten Abschnitts des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) – sogenannte Wohlverhaltenspflichten – auch für HonorarberaterInnen zur Anwendung zu bringen. Insbesondere hat der/die HonorarberaterIn auch über seinen Status aufzuklären;
5. die Anbieter auf der Basis einer gesetzlichen Regelung dazu zu verpflichten, Nettotarife flächendeckend für alle Produkte des Finanzmarktes einzuführen und diese im Produktinformationsblatt auszuweisen;
6. dem/der HonorarberaterIn auch die Vermittlung von Produkten auf der Grundlage von Nettotarifen zu ermöglichen;
7. die Vergütung der Honorarberater auf Stundenbasis zu regeln und nach drei Jahren zu evaluieren, ob weitere Regelungen zu den Gebühren der Honorarberater notwendig sind sowie dem/der BeraterIn aufzuerlegen, die entstehenden Kosten vor der Beratung darzulegen;
8. um eine bundeseinheitliche Aufsicht zu gewährleisten, die Aufsicht über die HonorarberaterInnen bei der BaFin anzusiedeln und HonorarberaterInnen dort zu erfassen. HonorarberaterInnen sind bei Kundenbeschwerden im durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 5. April 2011 (BGBl. I S. 538) bei der BaFin neu geschaffenen Register für Vertriebs- und Compliancebeauftragte entsprechend der Regelung für Bankberater zu registrieren;
9. eine Institution zur Kontrolle des Marktes bei den Verbraucherzentralen (Marktwächter) einzuführen, die im Wesentlichen die Aufgabe hat, die Beobachtung des Finanzmarktes durchzuführen, unlautere Vertriebspraktiken aufzuspüren sowie die Pflicht, Hinweise und Erfahrungen der VerbraucherInnen systematisch zu erfassen und diese an die Finanzaufsicht zu melden;
10. die umsatzsteuerliche Gleichbehandlung von HonorarberaterInnen und Versi- cherungsmaklerInnen sowie die einkommenssteuerliche Gleichbehandlung von provisionsbeinhaltenden und provisionsfreien Produkten zu prüfen;
11. die Öffentlichkeit durch eine Aufklärungskampagne über die Neuregelungen zu informieren. Insbesondere die Wesensmerkmale der Honorarberatung in Abgrenzung zum Provisionsvertrieb darzustellen;
12. weitere Vorschläge zur Stärkung der Honorarberatung zu entwickeln und umzusetzen und dem Deutschen Bundestag sodann und in regelmäßigen Abständen über die Entwicklung des Honorarberatermarktes zu berichten.

 Um die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher weiter zu stärken, hat die SPD-Bundestagsfraktion außerdem das Modell des „Marktwächters“ entwickelt. Zum Hintergrund: Durch die Änderungen auf den Finanzmärkten, vor allem durch ihre Liberalisierung und die Globalisierung, ist die Marktaufsicht, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), das Kartellamt und die Börsenaufsicht mehr und mehr gefordert. Oft gehen bei den zuständigen Stellen Beschwerden über Finanzanbieter ein, aber sie würden nicht öffentlich gemacht. Mit der Idee des „Marktwächters“ soll dafür gesorgt werden, dass Erkenntnisse über den Markt und Verbraucherbeschwerden gesammelt und ausgewertet werden und dann die Aufsichtsorgane und die Politik darüber informiert werden. Außerdem soll er ausgestattet mit einem kollektiven Klagerecht rechtlich gegen Missstände vorgehen können. Dazu kann auch das  Fachwissen innerhalb der Verbraucherzentralen genutzt werden. Wichtig ist hier eine klare Aufteilung der Aufgaben zwischen staatlichen Stellen und den Verbraucherzentralen.

 Zu den Verhandlungen über die Finanzmarktrichtlinie „Mifid II“:
Das Europäische Parlament hat am 26. Oktober 2012 mit einer großen Mehrheit die Revision der MiFID-Richtlinie (Markets in Financial Services Directive) verabschiedet. Die sozialdemokratische Fraktion und mit ihr die deutsche SPD-Gruppe hat dabei den zwischen den BerichterstatterInnen  verhandelten Kompromiss unterstützt.
Dieser basiert auf dem einstimmig verabschiedeten Abstimmungsergebnis des Ausschusses für Wirtschaft und Finanzen (ECON) vom 26. September 2012, wurde aber im Vorfeld der Plenarabstimmung aus sozialdemokratischer Sicht noch an wichtigen, an entscheidenden Stellen verbessert.

So ermöglicht der vom EU-Parlament verabschiedete Gesetzestext, der in den kommenden Monaten in Verhandlungen mit dem Rat und der EU-Kommission konkretisiert wird, die Zahlung von Provisionen nur noch in drei Fällen:

- Wenn Provisionen gänzlich an Kunden und Kundinnen weitergereicht werden,

- wenn Provisionen allein zur Deckung der bei Beratung und Anlage entstandenen Kosten und Gebühren führen,

- wenn Provisionen bei Geschäftsabschluss an den/die verkaufende/n BeraterIn oder das verkaufende Institut entrichtet werden und der/die KundIn umfassend über Art und Höhe der Provisionen sowie den/die EmpfängerIn informiert wird.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen

Mechthild Rawert