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Frage von Florian W. •

Frage an Matern von Marschall von Florian W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Wenn die Europäischen Institutionen, die Finanzminister der Eurogruppe und die zustimmungspflichtigen Parlamente dem neuen Antrag der griechischen Regierung stattgeben und ein weiteres Hilfspaket iHv. Euro 74 Mrd, verabschieden, dann haben wir in Europa mit diesem “Kompromiss” genau diese Signale ausgesendet:

1. Regeln gelten nicht wenn man nur laut genug schreit

2. Die Stimme der Bürger wird ignoriert
(die griechischen Bürger bekommen genau das, was sie per Referendum abgelehnt haben; die Ablehnung zu einem weiteren Hilfspaket eines Großteils der Bürger in Finnland, Holland, den baltischen Staaten und Deutschland wird ignoriert)

3. Alles was vorher als Misslungen erkannt wurde gilt weiter: Noch mehr Schulden, noch härter sparen

Einem weiteres Hilfspaket unter diesen Voraussetzungen realisiert doch genau das, was in den letzten Wochen und Monaten in einer breiten gesellschaftlichen Diskussion als falscher Weg aus der Griechenland-Krise identifiziert wurde. Und es widerspricht allem was Sie und Ihre Partei als “alternativen Weg” aus der Krise und als vertrauensbildende Maßnahme in Europa gefordert haben. Damit erscheinen mir o.g. Signale die denkbar schlechteste Basis für friedliches Miteinander und eine fortschreitende Integration Europas.

Werden Sie für oder gegen ein weiteres Hilfspaket in Griechenland stimmen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Wuttke,

ich danke Ihnen für Ihre Nachricht und bitte die späte Rückmeldung zu entschuldigen.
Ich habe im Deutschen Bundestag dem Antrag des Bundesfinanzministers für ein drittes Hilfspaket an Griechenland mit einem Volumen von bis zu 86 Mrd. Euro nach gründlicher Überlegung zugestimmt.
Für meine Zustimmung zu dem dritten Hilfspaket waren verschiedene Aspekte ausschlaggebend.

1. Das aktuelle Hilfsprogramm für Griechenland ist an konkrete Bedingungen geknüpft, die strenger sind als bei allen bisherigen Programmen. Allein um den Antrag für ein drittes Hilfspaket stellen zu können, musste die griechische Regierung einen glaubwürdigen Plan für politische Reformen vorlegen, aus dem hervorgeht, wie die staatliche Verwaltung reformiert und wo weitere Einsparungen generiert werden sollen. Darüber hinaus mussten erste Reformbeschlüsse im griechischen Parlament gefasst werden. Dazu zählten u.a.

a. die Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems und die Erhöhung der Luxussteuer

b. sofortige Maßnahmen zur Verbesserung der Tragfähigkeit des Rentensystems

c. eine Reform der Zivilprozessordnung zur Beschleunigung von Gerichtsverfahren

d. die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken

e. Die EU-Finanzminister haben Griechenland verpflichtet, einen Privatisierungsfond einzurichten, der von den europäischen Institutionen beaufsichtigt wird. Mit dem Fonds soll die Privatisierung von Unternehmen in Staatsbesitz beschleunigt, gleichzeitig aber ein Ausverkauf von Staatsbesitz zu Schleuderpreisen verhindert werden. Ziel ist es, insgesamt 50 Milliarden Euro an Privatisierungserlösen zu erzielen.
Insgesamt müssen sich diese Reformen auch im griechischen Haushalt niederschlagen. Die Prognosen geben Anlass zum vorsichtigen Optimismus. So fällt die Winterprognose der Europäischen Kommission zur wirtschaftlichen Entwicklung in Europa vom Februar dieses Jahres wesentlich besser aus, als im Herbst letzten Jahres angenommen. So soll die Rezension in Griechenland im Jahr 2017 einer Zunahme um 2,7% weichen. Auch die griechische Arbeitslosenquote ist im Vergleich zum Jahr 2014 um 1,4% gesunken. Dieser positive Trend soll bis mindestens 2017 anhalten. Auch die strukturell bedingten Haushaltsdefizite Griechenlands werden nach aktuellen Schätzungen geringer ausfallen, als noch im November erwartet.

2. Dieses dritte Hilfsprogramm für Griechenland war nach Auffassung von Europäischer Kommission (KOM), Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalen Währungsfonds (IWF) unbedingt notwendig, da sich die wirtschaftliche und finanzielle Situation in Griechenland nachhaltig verschlechtert hat. Aufgrund der politischen Ungewissheit, der zum damaligen Zeitpunkt einsetzenden Rezession, staatlicher Mindereinnahmen und massiver Kapitalabflüsse, durch die die Bankenschließung und die Auflage von Kapitalverkehrskontrollen unausweichlich wurden, haben sich die ökonomischen Daten zusehends verschlechtert. Auch die Liquidität der Banken war in einem kritischen Zustand. Die Unterstützung dient dazu, den erheblichen finanziellen Problemen Griechenlands zu begegnen, aus denen sich potenziell gravierende Auswirkungen für die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und einer Reihe von Mitgliedstaaten der Eurozone ergeben können. Bei dem vereinbarten Programm geht es um die Wiederherstellung der Finanzstabilität, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Reduzierung sozialer Probleme.

3. Da das Hilfsprogramm notwendigerweise auch auf Einschätzungen über die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung in der Zukunft beruht, bleiben Unsicherheiten an dieser Stelle bestehen. Dies ist aber kein Merkmal des Hilfsprogramms für Griechenland alleine, sondern betrifft die Haushalts- und Finanzpolitik im Allgemeinen. Auch der Bundeshaushalt wird auf Basis von Vorhersagen wie Konjunkturprognose, Steuerschätzung und Ausgabenentwicklungen aufgestellt, die im weiteren Verlauf regelmäßig angepasst werden müssen. Es kann daher immer nur darum gehen, zu jedem Zeitpunkt die beste verfügbare Einschätzung zu nutzen.
In Bezug auf das verabschiedete Griechenlandprogramm sind dazu in der Troika die besten Fachleute vereint und ich bin zuversichtlich, dass das laufende Hilfsprogramm Griechenland auf den richtigen Weg bringen wird. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wie auch für mich persönlich steht jedoch fest, dass Griechenland, die mit dem Hilfspaket einhergehenden Verpflichtungen einhalten muss. Ein möglicher Schuldenschnitt Griechenlands führt lediglich dazu, die Reformgeschwindigkeit zu bremsen. Es gilt nun, den Reformdruck aufrecht zu erhalten. Nur so kann sichergestellt werden, dass die griechische Regierung ihre Zusagen einhält. Mag die griechische Regierung nach ihrer Wahl das Vertrauen der europäischen Partner auch riskiert haben, so hat sie ihre Politik in den letzten Wochen tatsächlich geändert und sich für verlangte Reformen engagiert. Dies verdeutlicht, dass unser Druck Früchte getragen hat. Zudem ist dies auch ein Zeichen dafür, dass Solidarität reziprok mit Reformbemühungen und Erreichung dergleichen gewährt wird.

Darüber hinaus sind, angesichts der erheblichen Herausforderungen durch die Flüchtlingsströme, diese Entwicklungen bemerkenswert und zeugen von der Richtigkeit der europäischen Unterstützung für Griechenland und dem entsprechenden Beschluss des Deutschen Bundestages im vergangenen Jahr.

Mit freundlichen Grüßen
Matern von Marschall, MdB