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Martina Bunge
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Frage von Werner H. •

Frage an Martina Bunge von Werner H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Bunge

Wieso wird durch die Bundesregierung nicht eine Höchstgrenze der Arzeneimittelpreise festgelegt, wie es in den meisten EU-Staaten vollzogen wird um die drastisch steigenden Preise bei den Neumedikamenden in den Griff zu bekommen und damit auch die Solidargemeinschaft zu entlasten? Wann entlich kommt die Bürgerversicherung, um entlich gerechte Bedingungen bei der gesetzlichen Krankenversicherung zu erhalten und um das System dauerhaft bezahlbar zu gestalten?

Wann werden die Steuersätze von 19% auf 7% reduziert, wie es in den meisten EU-Staaten ist? Wann entlich wird auf Tabak und Alkohohl entlich eine Gesundheitssteuer eingeführt, um die Kassen zu entlasten? Werden doch milliarden an Kassenbeiträgen für die Behandlung Alkoholkranker und Krebskranker durch das Rauchen ausgegeben, welche die Allgemeinheit zu Tragen hat. Wieso ist der Medikamentenbezug nicht EU weit möglich, um die Pharmakonzerne zu günstigeren Preise zu Zwingen? Denn in den meisten EU-Ländern sind die Medikamente bedeutend billiger. Wären das nicht Maßnahmen um die Kassen zu entlasten und um den Ärzten und dem Plegepersonal mehr Geld zu geben? Und die soviele Krankenhäuser müssen doch auch nicht sein oder?

Mit freundlichen Grüssen W. Homann

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Homann,

vielen Dank für Ihre Frage.

Die Arzneimittelpreise stellen in der Tat ein großes Problem bei den Kosten der Gesundheitsversorgung dar. Meine Fraktion DIE LINKE hat daher im November 2008 eine kleine Anfrage http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/113/1611334.pdf dazu an die Bundesregierung gestellt. DIE LINKE hat die Absenkung der Mehrwertsteuer ebenso wie die Einführung einer Positivliste zur Reduktion der Arzneimittelpreise bereits 2006 http://dokumente.linksfraktion.net/drucksachen/7747463548_1600732.pdf bzw. http://dokumente.linksfraktion.net/drucksachen/7719822666_1600698.pdf gefordert. Die Bundesregierung meint, sie könne sich den Einnahmeverlust durch die verringerte Mehrwertsteuer (ca. 3 Milliarden €) nicht leisten. Das sollte an dieser Stelle aber nicht die Frage sein. Die Frage ist vielmehr, ob auf notwendige, lebenswichtige Güter der verringerte Mehrwertsteuersatz angewendet werden sollte. Meine Fraktion stimmt dem eindeutig zu, die Bundesregierung lehnt dieses ab. Ebenso lehnt die Bundesregierung die Einführung einer Positivliste ab, mit dem Hinweis, man habe den GKV andere Instrumente an die Hand gegeben, wirksame Einflussnahme auf die Arzneimittelpreise zu nehmen (Drucksache 16/1134). Gemeint sind damit Rabattverträge und Festbetragsregelungen. Leider steigen die Arzneimittelpreise aber weiter. Die niederigeren Preis für viele Arzneien im europäischen, wie außereuropäischen Ausland zeigen, dass Preissenkungen vielfach möglich sind. Auch Reimporte können den Druck auf die Hersteller erhöhen, ihre Arzneien in Deutschland nicht zu überteuerten Preisen anzubieten.
Bei neuen Therapien soll in Zukunft die Kosten-Nutzen-Bewertung die Kosten nach oben begrenzen helfen. Das IQWIG erarbeitet dazu derzeit die Grundlagen und wird später die Kosten-Nutzen-Bewertung neuer Therapien vornehmen http://iqwig.de/kosten-nutzen-bewertung.736.html . Es bleibt abzuwarten, ob damit eine angemessene wie notwendige Begrenzung der Arzneimittelkosten erreicht wird.

Meine Fraktion fordert seit langer Zeit die solidarische Bürgerinnen und Bürgerversicherung http://linksfraktion.de/thema_der_fraktion.php?artikel=1789240103. Diese sollte so früh wie möglich kommen.

Zentrale Elemente sind:

- alle Personen werden einbezogen werden, auch Beamte, selbständige und Besserverdienende
- eine garantierte Regelversorgung für alle Menschen durch diese solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung,
- eine Ausrichtung des Beitrags nach der individuellen Leistungsfähigkeit ,
- eine Erhebung eines einheitlichen prozentualen Beitrags auf alle Einkommensarten ,
- eine zeitlich befristete Übergangsregelung für privat Versicherte. Die Private Krankenversicherung kann zukünftig Zusatzversicherungen anbieten.
- Das Konzept einer Wertschöpfungsabgabe wird zur Debatte gestellt.

Durch die Einbeziehung aller Einkommensarten und aller Bürgerinnen und Bürger in die Finanzierung des Gesundheitsystems können deutliche Beitragssenkungen trotz der Rücknahme der unsolidarischen Zusatzbeiträge, Rezeptgebühren und Praxisgebühren erreicht werden.
Ob eine Bürgerversicherung in unserem Sinne kommen wird, hängt von der zukünftigen Regierung und unserem Einfluss auf eine künftige Regierung ab. Als ziemlich sicher kann gelten, dass es mit einer Regierungsbeteiligung der CDU/CSU oder FDP zu keiner solidarischen Bürgerversicherung kommen wird, sondern eher zur Privatisierung der Gesundheitsrisiken z.B. durch die Einführung der Kopfpauschale und damit höherer Belastungen der Kranken.

Die höhere Besteuerung von Alkohol und Tabakwaren gilt als eine Maßnahme, deren Konsum zu verringern. Gleichzeitig sollten die Einnahmen aus den Steuern in das Gesundheitssystem fließen. Das ist deshalb richtig, weil die Kosten für Alkohol und Tabak auch dem Gesundheitssystem entstehen. Damit würde mit einer Senkung des Tabak- und Alkoholverbrauchs und der Senkung der Steuereinnahmen auch gleichzeitig eine Senkung der Kosten einhergehen. Momentan entsteht leider die paradoxe Situation, dass aus der Sicht der Steuereinnahmen und der Rentenversicherung besser ist, die Menschen rauchen viel. Dies mag auch die halbherzigen Bemühungen der Bundesregierung zumindest teilweise erklären, etwas gegen den Tabak- und Alkoholkonsum zu unternehmen.

Ich stimme Ihnen auch zu, dass vor allem das Pflegepersonal aufgestockt und besser bezahlt werden muss. Diese Tätigkeiten müssen auch auf dem Hintergrund der demografischen Entwicklung attraktiv gestaltet werden, damit in Zukunft, der jetzt schon vorhandene Pflegenotstand, nicht noch weiter zunimmt.

Die Anzahl der Krankenhäuser allein ist keine Größe, die über die Qualität der Versorgung Auskunft gibt. Meine Fraktion, DIE LINKE, setzt sich dafür ein, dass in Deutschland eine flächendeckende Versorgung mit guter Qualität gesichert ist. Dafür können auch strukturelle Veränderungen sinnvoll sein. Dies darf aber nicht nach den Gesichtpunkten des Marktes geschehen. Wenn es durch Vertäge mit den Krankenhäusern dazu kommen sollte, dass die billigsten Krankenhäuser die Patientinnen und Patienten versorgen dürfen, mache ich mir große Sorgen, sowohl um die Qualität der Versorgung, als auch um die Entlohnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Daher darf die Verringerung von Krankenhäusern nicht nur über den Preis laufen.
Wir erleben in den letzten Jahren mit der zunehmenden Privatisierung von Krankenhäusern und der Bildung und Ausdehnung von Klinikketten eine zunehmende Komerzialiserung der Krankenhäuser. Diese privaten Anbieter arbeiten gewinnorientiert. Die Zielgröße ist ein möglichst großer Gewinn und nicht eine möglichst hohe Qualität. Ich betrachte dies sehr kritisch und möchte das Prinzip des niedrigen Preises nicht auf alle Krankenhäuser ausgedehnt wissen. Es geht darum, die stationäre Versorgung wirtschaftlich zu gestalten, also hohe Qualität zu einem guten Preis zu erreichen, der die Besonderheiten der Region und anständige Löhne der Beschäftigten berücksichtigt.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Bunge