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Martina Bunge
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Frage von Martin S. •

Frage an Martina Bunge von Martin S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Bunge,

ich wende mich an Sie als Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, in dem ja einerseits die Fachfrauen und -männer des Gesundheitswesens unseres Bundestages sitzen (sollten) und der zum anderen die jüngst verabschiededete Gesundheitsreform vorbereitet hat (oder?). Die Mehrheitsverhältnisse dieses Ausschusses spiegeln mehr oder weniger die Mandatsverteilung des gesamten Bundestages wieder, so entfallen auf die CDU 9, die CSU 2, die SPD 11 und auf die FDP, die Bündnisgrünen und die Linke je 3 Plätze im Gesundheits-Ausschuss. Die Koalitionsparteien verfügen somit mit 22 von 31 Sitzen über eine satte 2/3-Mehrheit in diesem Gremium. Ich habe mir die Mühe und den Spaß gemacht, mal das Abstimmungsverhalten der Ausschussmitglieder zu analysieren und kam zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass von diesen 31 Gesundheitsprofis zwar mehr zu- als dagegen gestimmt haben (15 zu 14), dass aber mit zwei Enthaltungen die Gesundheitsreform in diesem Gremium keine Mehrheit gefunden hat (Quelle: http://www.abgeordnetenwatch.de ).

Hier meine Fragen:
- Schätzen Sie es als üblich ein, dass die Mitglieder eines Fachausschusses mehrheitlich nicht hinter einem Gesetz stehen, das in ihr Resort fällt und somit von Ihnen zur "Beschlussfähigkeit" vorbereitet werden sollte?
- Was ziehen Sie persönlich für Schlüsse bzw. Konsequenzen aus der o.g. Tatsache für Ihre zukünftige Arbeit im Gesundheitsausschuss?
- Werden Sie die o.g. Tatsache im Gesundheitsausschuss thematisieren?
- Werden Sie oder andere Mitglieder der "Gesundheitsreform-Opposition" versuchen, die o.g. Tatsache im Bundestag nochmals zu thematisieren?
- Wie sehen Sie die Chancen, dass die Oppositionsparteien in abgestimmten Maßnahmen unter Einbeziehung der doch zahlreichen Abweichler bei den Regierungsfraktionen die Gesundheitsreform zurücknehmen bzw. grundlegend korrigieren kann?

Mit vorab bestem Dank für die Beantwortung meiner Fragen und freundlichen Grüßen,

M. Schubert

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schubert,

der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) wurde im Gesundheitsausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei einer Stimmenthaltung seitens der Fraktion der SPD angenommen. Damit erfolgte die Annahme des Gesetzentwurfs entgegen Ihrer Berechnung mit einer breiten Mehrheit durch die Koalitionsfraktionen. Dieses Abstimmungsergebnis können Sie der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (DS 16/4200) entnehmen.

Meine Funktion als Ausschuss-Vorsitzende sehe ich darin, eine solche fachliche Arbeit zu organisieren, dass niemand sagen kann, er/sie hätte nicht gewusst, worüber abgestimmt wurde. Mehrheiten werden damit nicht zu kippen sein…

Problematisch finde ich allerdings, dass der Gesetzentwurf von der Koalition in ein nach der Geschäftsordnung zwar zulässiges, dem komplexen Reformwerk jedoch nicht angemessenes parlamentarische Verfahren gedrückt wurde. Dieses Vorgehen wiederholt sich nun bei der anstehenden Reform der Pflegeversicherung: Wieder wird nur im kleinsten Kreise und hinter verschlossenen Türen verhandelt. Nicht nur das Parlament, der Bundestag als Gesetzgeber, ist erneut außen vor, auch all diejenigen, die wissen was nötig ist: Sozialverbände, die die täglichen Sorgen und Nöte von Pflege- und Hilfesuchenden und deren Angehörigen kennen; Berufsverbände von Pflegekräften, die um bessere Arbeitsbedingungen, mehr Zeit für Zuwendung und angemessene Vergütung kämpfen.

Es geht um eine langfristige Orientierung in der Gesundheits- und Pflegepolitik. Unsere Entscheidungen sollten nicht nur gründlich und mit großem Sachverstand vorbereitet werden und für die Bürgerinnen und Bürger transparent sein. Notwendig wäre es vielmehr, einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über die Zukunft unseres Systems der sozialen Sicherung einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martina Bunge