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Frage von Moritz M. •

Frage an Martin Zeil von Moritz M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Zeil,

als relativ junger Wähler ihres Wahlkreises, bin ich insbesondere an der Frage interessiert, wie Sie zu dem Problem der Wehrpflicht, des Wehrersatzdienstes und der Wehrgerechtigkeitsproblematik stehen.

Vor ein paar Jahren ließ die Bundeswehrführung verlauten, man brauche die Wehrpflichtigen nicht, im Gegensatz, sie wären überflüssig und stellten unnötige Kosten dar. Hat man daraufhin den Wehrdienst abgeschafft? Nein, mit dem Argument, man brauche doch die Zivildienstleistenden. Nun stellt der Zivildienst aber nur einen Wehrersatzdienst dar, gerechtfertigt durch die Wehrpflicht, nicht umgekehrt.

Wir beklagen uns über die Pisa-Studie, über zu lange Ausbildungszeiten, die einen erhöhten Altersdurchschnitt beim Arbeitseintrittsalter zur Folge hätten, und führen um das Problem zu lösen Ganztagsschulen und G8 Gymnasien ein. Das Junge Menschen, für Tagessätze unter (geplantem) Mindestlohn, der das Lebensminimum garantieren soll, und unter dem Einkommen eines Ein-Euro-Jobbers Arbeit verrichten, für die sie weit überqualifiziert sind, ein Jahr ihrer produktivsten Zeit opfern müssen und doch 4 Millionen Arbeitslose auf der Straße stehen, wirkt nicht nur, sondern ist unlogisch.
Von der Wehrgerechtigkeit, braucht man gar nicht zu reden, was alleine die Wehrpflicht eigentlich zum kippen bringen müsste. Ich sage eigentlich, denn wir "brauchen" ja die Zivis.

Da dies ein Problem ist, dass vielen jungen Menschen in ihrem Wahlkreis auf der Seele brennt, und sie gezwungen sind auf unmöglichste Weise ausgemustert zu werden um rechtzeitig ihr Studium anfangen zu können oder um ihren Ausbildungsplatz nicht zu verlieren, wäre es sicherlich für viele Interessant, wie unsere Abgeordneten dazu stehen.

Ich freue mich auf Ihre Antwort,

Vielen Dank

Moritz Mentzel

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Menzel,

vielen Dank für Ihre Mail zum Thema Wehrpflicht und Wehrersatzdienst.

Da die Wehrpflicht einen tiefen Eingriff in die individuelle Freiheit der jungen Bürger darstellt, darf sie nach Ansicht der FDP-Bundestagsfraktion von einem demokratischen Rechtsstaat nur dann abgefordert werden, wenn es die äußere Sicherheit des Staates wirklich verlangt. Sie ist also kein allgemein gültiges ewiges Prinzip, sondern abhängig von der konkreten Sicherheitslage. Ihre Beibehaltung, Aussetzung oder Abschaffung müssen sicherheitspolitisch begründet werden.

Die Sicherheit Deutschlands und der Bündnisstaaten ist aber nicht, auch nicht nach dem 11. September, bedroht. Die frühere Landesverteidigung ist heute ausschließlich als Bündnisverteidigung zu begreifen. Außerdem ist die NATO seit nunmehr einem Jahrzehnt allen denkbaren Gegnern konventionell mindestens dreifach überlegen, womit sich eine wesentliche Erhöhung des Personalumfangs im Einsatzfall - ein viel zitiertes, aber falsches Argument für die Beibehaltung der Wehrpflicht - erübrigt. Das Bündnis fordert deshalb von Deutschland auch keine Wehrpflichtarmee, sondern Streitkräfte, die gut ausgebildet, modern ausgerüstet, voll einsatzbereit und schnell verlegbar sind. Dafür benötigt die Bundeswehr keine Grundwehrdienstleistenden!

Ihr Einsatz in diesem Auftragsspektrum ist nicht nur vom Parlament untersagt worden, aufgrund der kurzen Wehrdienstdauer wäre er auch unverantwortlich. Je schneller sich die Bundeswehr also von der Wehrpflicht trennt, desto besser ist sie auch in der Lage, die Auslandseinsätze zu bewältigen.

Die FDP-Bundestagsfraktion setzt sich für die Aussetzung der Wehrpflicht ein. Sie ist zum einen sicherheitspolitisch nicht mehr zu begründen, da Grundwehrdienstleistende für den Hauptauftrag der Bundeswehr, der Teilnahme an internationalen Einsätzen zur Friedenssicherung, nicht eingesetzt werden können. Zum anderen hat die Wehr- und Dienstgerechtigkeit, vor allem durch die letzte Reformentscheidung, dramatisch abgenommen. So werden zukünftig von jährlich etwa 420.000 jungen Männern jeweils nur noch rund 70.000 zum Wehrdienst und zum Zivildienst einberufen. Dies bedeutet, dass lediglich ein Drittel der jungen Männer ihren Pflichtdienst leisten müssen. Zwei Drittel werden hingegen nicht herangezogen. Ungerechter kann ein System kaum sein. Die Allgemeine Wehrpflicht darf keinen Bestand haben.

Einer Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren erteilt die FDP-Bundestagsfraktion eine deutliche Absage. Für einen großflächigen und regelmäßigen Einsatz im Inneren ist die Bundeswehr nicht ausgebildet. Zudem kann die Polizei in den Fällen des Art. 35 Grundgesetz bereits heute im Wege der Amtshilfe auf die Mitwirkung der Bundeswehr zurückgreifen.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Zeil, MdB