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Martin Runge
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Frage von Heinrich V. •

Frage an Martin Runge von Heinrich V. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Runge,

wie ich heute im Bundespresseportal las, hoffen Sie und Ihre Landtagsfraktion, dass der Wiederaufnahmeantrag, welcher nun vom Hamburger Rechtsanwalt Gerhard Strate im Fall Mollath gestellt wurde, zu einem glücklichen Ende führt.

Siehe: http://bit.ly/UPa3HC

Das hofft die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sicherlich schon länger.

Wäre es Ihnen und Ihrer Landtagsfraktion der Grünen nicht möglich, dass nun zusätzlich doch noch ein Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag gebildet wird?

Dass die Regensburger Staatsanwaltschaft im Fall Mollath bisher immer noch nicht hör- oder sichtbar aktiv wurde, kann doch nicht normal sein, oder?

Gustl Mollath hätte doch zumindest sofort auf freien Fuß gesetzt werden müssen, oder?

Und das hätte doch wohl spätestens Ende November 2012 geschehen müssen, nachdem öffentlich wurde, dass Gustl Mollath - sogar laut schriftlichem Revisionsbericht der Nürnberger Hypo-Vereinsbank - nie Wahnvorstellungen hatte!

Gerne höre ich von Ihnen.

Mit besten Grüßen

Heinrich Vetter

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Vetter,

die Affäre M., wobei das M. für mich gleichermaßen für Merk wie auch für Mollath steht, beschäftigt uns selbstverständlich intensiv auch hier im Landtag. Erst vorgestern waren wir zuerst drei Stunden im Rechtsausschuss mit der Beratung eines einschlägigen Antrages von uns befasst, am Nachmittag hatten wir uns dann mit Experten zur Thematik /zwangsweise Unterbringung/ und /Maßregelvollzug/ in Bayern ausgetauscht.

Herrn Mollath ist m.E. massives Unrecht widerfahren. Dies betrifft zum einen seine jetzt schon sieben Jahre währende zwangsweise Unterbringung in der Psychiatrie und zum anderen die Nichtbeachtung seine Hinweise und Anzeigen in Sachen Schwarzgeld-Verschiebungen und Steuerbetrug. Hier gilt es selbstverständlich auf allen möglichen Ebenen für Aufklärung und ggf. für Rehabilitation von Herrn Mollath Sorge zu tragen, wobei bei allen Aktivitäten stets das Schicksal und das Wohl von Herrn Mollath im Vordergrund stehen sollten.

Wir GRÜNE im Bayerischen Landtag sehen es weiterhin als nicht akzeptabel an, dass die Ermittlungsbehörden auf die in schriftlicher Form vorliegenden Hinweise von Herrn Mollath aus dem Juni, dem September und dem Dezember 2003 nicht ermittelten, nicht nachfassten, dass auch ein Schreiben der HVB, enthalten im „Konvolut“ vom September 2003, in welchem klar dargelegt wurde, dass die interne Revision eingeschaltet worden ist, keinen Anlass darstellte, der Angelegenheit genauer nachzugehen. Auch wundern wir uns schon darüber, dass jetzt, zehn Jahre später, das Nicht-Vorgehen der Ermittlungsbehörden immer noch für gut und richtig geheißen wird.

Ebenso viele Frage- und auch Ausrufezeichen tauchen auf im Hinblick auf die Zwangsunterbringung von Herrn Mollath: a) das zeitliche Auseinanderdriften der handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen Herrn Mollath und seiner früheren Ehefrau und dem Gerichtsentscheid zur Unterbringung, b) die Dauer eben der Unterbringung, c) die „Gutachten“ und deren Bewertung. Was Letzteres anbelangt, so sagen wir GRÜNE im Landtag allerdings in aller Klarheit, dass es uns nicht ansteht, hier den „Obergutachter“ zu geben. Ebenso wenig sehen wir uns auch in der Rolle derjenigen, die jetzt Gerichtsurteile abbürsten. Hier ist jetzt primär die Justiz gefordert, wir hoffen doch sehr, dass es zu einem Wiederaufnahmeverfahren kommt.

Was Ihre Frage nach einem Untersuchungsausschuss betrifft, so seien Sie versichert, dass alle drei Oppositionsfraktionen im Landtag sich seit längerem mit der Frage befassen, ob ein Untersuchungsausschuss ein geeignetes Instrument zur weiteren Aufklärung darstellt. Allerdings muss uns und damit auch Ihnen bewusst sein, dass die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses mit engen Grenzen und hohen Hürden verknüpft ist, dies nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes. Was uns allen bis dato schlicht und ergreifend fehlt, sind auch nur Hinweise darauf, dass es sich um „Netzwerktaten“ handelt, dass wir es hier mit einem „von oben gesteuerten“ Verfahren zu tun hatten und zu tun haben.

Im Anhang dieses Mails erhalten Sie den Bericht der Staatsregierung zu unserem Antrag „Bericht über den Umgang mit Steuerhinterziehung, Geldwäsche und so genanntem Schwarzgeld“, LT-Drs. 16/14724. Vergleichsweise dürften die Antworten von Staatsregierung, befragten Behördenvertretern und anderer Beteiligter auf unsere Fragen in einem Untersuchungsausschuss ausfallen. Aufmerken lässt allerdings die heutige Meldung der SZ, der Chef des Landesamtes für Steuern hätte vorgestern im Ausschuss die Unwahrheit erklärt. (Herr Jüptner führte aus, die beteiligten Steuerfahnder könnten sich nicht daran erinnern, dass Richter Brixner in einem Telefonat erklärt habe, Herr Mollath sei ein nicht ernst zu nehmender Querulant, es gäbe auch keinerlei entsprechende Aktennotiz. Laut der heutigen Meldung gibt es doch eine ausführliche Aktennotiz.)

Nachzufassen und aufzuklären gilt es, was Fehlverhalten und Fehlleistungen Verantwortlicher bei Ermittlungsbehörden, bei Gerichten und möglicherweise auch bei Finanzbehörden anbelangt. Nachgefragt werden muss auch nach strukturellen Schieflagen und Missstände bei der Ermittlung und Aufklärung von Steuerbetrug, Schwarzgeld-Verschie­bungen und Geldwäsche wie auch bei Missständen und Verbesserungsmöglichkeiten im Maßregelvollzug in Bayern.

Hier werden wir nicht locker lassen und mit parlamentarischen Initiativen wie Anträgen, Anfragen, möglicherweise auch Anhörungen und, je nach Recherche-, Informations- und Indizienlage, ggf. auch über einen UA weiterarbeiten.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Runge