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Martin Rivoir
SPD
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Frage von Rainer M. •

Frage an Martin Rivoir von Rainer M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Rivoir,
vielen Dank für Ihre erfreulich klaren Aussagen! Vier Fragen würde ich dazu gerne noch stellen:

1. Sind Sie der Meinung, dass es nur "eine" Ethik und nur "eine" Konzeption von "nachhaltiger Entwicklung" gibt, die für alle Menschen verbindlich ist?

2. Sehen Sie den Vorzug unseres Gesellschaftssystem darin, dass wir im Gegensatz zu anderen die "richtige" Ethik praktizieren oder darin, dass wir pluralistisch verfasst sind und es den Staatsbürgern überlassen ihre persönlichen Wertevorstellungen bzw. Ethiken zu leben?

3. Wenn das Leitbild einer Hochschule keinen Einfluss auf das "Handeln und Lehren" des einzelnen Dozenten hat, wie Sie schreiben, dann könnte man doch auch darauf verzichten, zumal Artikel 5(3)GG ein individuelles Grundrecht und kein kollektives Grundrecht ist?

4. Nach dem Landeshochschulgesetz §16(3) bestimmt das Rektorat der Hochschule die Leistungsbezüge der Wissenschaftler. Glauben Sie wirklich, dass unter dieser Bedingung noch eine kritische Auseinandersetzung eines Wissenschaftlers mit dem Leitbild der Hochschule noch möglich ist?

Mit freundlichen Grüßen,
Rainer Maurer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Maurer,

gern beantworte ich Ihnen Ihre weiterführenden Fragen zu Ethik und Leitbild.

Nein, es gibt nicht nur eine richtige Ethik oder eine richtige nachhaltige Konzeption von nachhaltiger Entwicklung.
Ethik entsteht im Kontext von Kommunikation. Ihre Wertvorstellungen bilden einen Konsens der am Kommunikationsprozess beteiligten Gemeinschaft. Sie ist zudem einem dauernden Prozess der Reflektion und Veränderung unterworfen.

Ein Leitbild bietet immer einen (Werte-) Rahmen und schafft die Möglichkeit zur Identifikation des Individuums mit seiner Gemeinschaft. Identifizieren sich ohne Leitbild vielleicht nur 40 bis 50% mit ihrer Hochschule, so wächst die Wahrscheinlichkeit, dass sich mit Hilfe eines guten Leitbildprozesses 70 oder gar 80% ihrer Mitglieder mit der Hochschule identifizieren, und somit das Handeln und Lehren entlang des Leitbildes von diesen gelebt wird. Deshalb sollten sich Hochschulen diesem kontinuierlichen Kommunikationsprozess stellen und den entsprechenden Mehrwert der Auseinandersetzung und Identifikation schöpfen.

Die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit ist ein hohes Gut und muss von den Hochschulleitungen auch hinsichtlich einer möglicherweise kritischen Auseinandersetzung mit dem Hochschulleitbild respektiert werden. Hochschulleitungen wissen um die unterschiedlichen Meinungen ihrer Leistungsträger, und stellen sich diesen auch regelmäßig in den diversen Hochschulgremien. Sie honorieren mit den Leistungsbezügen nicht eine leitungskonforme Meinungswiedergabe sondern die außerordentliche Leistung, die ihre Empfänger in Lehre und Forschung erbringen.

Mit freundliche Grüßen

Martin Rivoir, MdL

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