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Frage von Siegfried S. •

Frage an Martin Dörmann von Siegfried S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dörmann !

Sie als der Verhandlungsfüher der SPD bei diesem Gesetz wie auch viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen verweisen bei den Antworten zum Thema hier und anderswo immer darauf hin, daß das Gesetz notwenig sei, weil ansonsten die Verträge mit den Providern in Kraft getreten wären, "...auf deren Grundlage sich die umstrittene Sperrinfrastruktur bereits im Aufbau befindet, ohne dass es hinreichende Schutzbestimmungen für Internetnutzer/innen gäbe, wie weitreichende Datenschutzbestimmungen, einen Ausschluss der Ausdehnung auf andere Zwecke oder eine unabhängige Kontrolle der BKA-Liste. Das kann ernsthaft niemand wollen, der Grundrechtsschutz wirklich ernst nimmt."

Heißt das eigentlich, daß diese Verträge zwischen dem BKA und den Providern, gegen Gesetze der Bundesrepublik oder gar eggen das Grundgesetz verstoßen (würden, wenn sie in Kraft treten würden) ?

Wäre es bei positiver Beantwortung der obigen Frage dann nicht die Aufgabe des Bundestages gewesen, die Vertragsverhandlungen sofort zu stoppen?

Meines Wissens sind diese Verträge ja abgeschlossen, aber wegen der notwendigen Vorbereitungen (noch) nicht aktiv. Das BKA weigert sich jedenfalls, die Verträge - angefragt nach dem IFG - zur Einsicht herauszugeben, weil "das Bekanntwerden der Informationen die öffentliche Sicherheit gefähren" würde, wie mir das BKA in Antwort auf mein Auskunftsbegehren mitgeteilt hat...

Und noch eine 3. Frage: hat die gestrige Veranstaltung in Köln Ihre Sicht der Dinge - na, nicht unbedingt verändert, aber doch vielleicht den Horizont etwas erweitert ?

Mit freundlichen Grüßen

S. Schlosser

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schlosser,

vielen Dank für Ihre Fragen.

1. Zu den Provider-Verträgen:

Die im April abgeschlossenen Verträge waren wirksam, bevor wir das Gesetz verabschiedet haben. Allerdings wurde dort für die technische Umsetzung eine Frist von 6 Monaten vorgesehen. Auf den Abschluss und den Inhalt der Verträge hatte der Bundestag keinen Einfluss.

Ob die Verträge rechtmäßg sind, ist umstritten. Das Bundesinnenministerium beispielsweise hat keine Bedenken. Ich selbst halte sie rechtlich allerdings für hoch problematisch.

Niemand kann aber sicher voraussagen, wann und wie ein Gericht später entscheidet. Das ist das Wesen unserer Gewaltenteilung. Deshalb halte ich es für richtig und notwendig, dass wir mit dem Gesetz die Schutzvorschriften für die Internetnutzer/innen beschlossen haben, die sonst fehlen würden, einschließlich der Kontrolle der BKA-Liste durch ein unabhängiges Expertengremium und wichtiger Datenschutzregelungen.

2. Zur meiner Diskussionsveranstaltung am 23. Juli in Köln:

Ich wurde in den vergangenen Wochen vielfach zum Gesetz angeschrieben, in der Regel von kritischen Internet-Nutzer/innen. Da ich aus zeitlichen Gründen nicht mit jedem einzelnen einen Termin vereinbaren konnte, habe ich alle, die mich angeschrieben haben, zu dieser Diskussion eingeladen. Andere haben sich angeschlossen.

Natürlich habe ich dort zunächst meine und die Position der SPD erläutert, mich dann aber anschließend über drei Stunden lang den kritischen Nachfragen gestellt.

Aus meiner Sicht war es eine sehr gute und ganz überwiegend sachliche Diskussion. Sie hat nach meiner Einschätzung nicht dazu geführt, dass sich die Grundsatzpositionen der meisten verändert hätten, auch meine nicht. Schließlich habe ich bereits eine Vielzahl solcher Diskussionen gehabt, auch mit Kritikern und auch bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes. Die Pro- und Contra-Argumente sind mir also durchaus bereits bekannt gewesen.

Manche Dinge werden einfach unterschiedlich bewertet. Das ist auch ganz normal so. Wir leben schließlich in einer Demokratie, in der jeder seine eigene Meinung haben kann.

In der Bevölkerung ist es übrigens nach einer aktuellen Allensbachumfrage so, dass die ganz große Mehrheit der Bevölkerung (90 %) hinter den Sperren steht. Das entspricht jedenfalls in der Tendenz auch meinen Erfahrungen bei Gesprächen im Bekanntenkreis, auch wenn innerhalb der "Internet-Community" die Stimmungslage ganz anders ist, wie wir alle wissen.

Allerdings haben sich nach der Veranstaltung noch einige Teilnehmer bei mir persönlich für die Diskussion bedankt, da sie doch einige zusätzliche Informationen gebracht habe. Das war letztlich der Sinn des Ganzen. Und ich hoffe natürlich, dass ich bei dem einen oder anderen zu einer etwas differenzierteren Bewertung beitragen konnte, als dies oft öffentlich geäußert wird.

Ein wenig enttäuscht war ich lediglich darüber, dass einzelne Teilnehmer in Internetforen gleich sehr einseitig und zum Teil auch sinnentstellt kommentiert haben. Das ist schade, da zu einem vernünftigen Dialog doch gehört, die Argumente des anderen in fairer Weise aufzunehmen und wiederzugeben, auch wenn man am Ende zu anderen Bewertungen und Schlussfolgerungen kommen mag.

Deshalb bin ich froh, dass ich auf diesem Forum meinen Standpunkt stets unverfälscht und zum Nachlesen für alle darstellen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Dörmann, MdB