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Frage von Matthias H. •

Frage an Martin Dörmann von Matthias H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dörmann,

trifft es zu, dass Sie in der Parlamentsdebatte am 18.6. sinngemäß gesagt haben "Ich höre gerne alle Zwischenfragen von Kollegen aus diesem Haus, außer von Herrn Tauss. Den möchte ich heute abend nicht hören."?

Falls ja, aus welchem Grund?

Mit freundlichen Grüßen,

Matthias Henkelmann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Henkelmann,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich gerne eingehe.

Es ist richtig: Die Zwischenfrage des Kollegen Tauss habe ich in der fraglichen Bundestagsdebatte nicht zugelassen, während ich für die Zwischenfragen aller anderen Kolleginnen und Kollegen offen gewesen wäre, da ich eine lebendige, kontroverse Debatte im Bundestag durchaus schätze. Deshalb habe ich auch die Frage des Kollegen Jerzy Montag (Bündnis 90/Die Grünen) zugelassen und beantwortet.

Ich kann verstehen, dass dies auf den ersten Blick Irritationen hervorruft. Deshalb möchte ich Ihnen meine Beweggründe näher bringen. Sie haben mit dem Verhalten meines Kollegen Jörg Tauss zu tun, nicht jedoch mit seiner inhaltlichen (kritischen) Haltung zum fraglichen Gesetz. Ich bin immer bereit, kritische Fragen zum Gesetz zu beantworten und mich Diskussionen zu stellen. Dies habe ich nicht nur im Bundestag, sondern auch an anderen Stellen mehrfach unter Beweis gestellt.

Zum Kollegen Tauss muss man jedoch Folgendes wissen: Ich habe in den letzen Jahren mit Jörg Tauss in der Arbeitsgruppe "Neue Medien" der SPD-Bundestagsfraktion durchaus vertrauensvoll und kollegial zusammengearbeitet. Dies gilt auch zum Thema Kinderpornografie im Internet, das wir im Unterausschuss "Neue Medien" des Bundestages bereits seit längerer Zeit bearbeitet haben.

Wir hatten hierzu eine gemeinsame Position in der Arbeitsgruppe erarbeitet, auch im Hinblick auf die Diskussion um mögliche Sperren von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten. Wir waren gemeinsam der Ansicht, dass entsprechende Maßnahmen verhältnismäßig sein müssen und deshalb gesetzlich zu regeln sind, dass jedoch die bereits abgeschlossenen Verträge des BKA mit den deutschen Internetprovidern rechtlich Äußerst fragwürdig sind, zumal sie keinen hinreichenden Grundrechtsschutz haben.

Diese Position hat der Kollege Jörg Tauss, damals noch als Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion (inzwischen ist er zur Piratenpartei übergetreten), gemeinsam mit unseren Fraktionskollegen Monika Griefahn und Jürgen Kucharczyk in einer Pressemitteilung vom 12. Februar 2009 zum Ausdruck gebracht. In dieser Pressemitteilung hieß unter anderem wörtlich:

"Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die Frage zu beantworten, ob und inwieweit er -- und zwar auf klarer gesetzlicher Grundlage und in einem gesicherten rechtsstaatlichen Verfahren -- die Internet-Provider verpflichten will, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten, welche auf ausländischen Servern bereitgehalten werden und die anders nicht verfolgt werden können, zu sperren. Dies erfordert aus unserer Sicht eine spezialgesetzliche Regelung, auch um den Ausnahmecharakter eines solchen Ultima-ratio-Instrumentes für schwerstkriminelle und international geächtete Inhalte wie Kinderpornographie darzulegen."

Die vollständige Pressemitteilung ist auf der Homepage von Herrn Tauss und Frau Griefahn unter folgenden Adressen abrufbar:

http://www.tauss.de/index.php?nr=467&menu=8

http://www.monika-griefahn.de/inhalt/berlin/mitteilungen/2009/pm090212.php

Auch der Kollege Jörg Tauss war damals also -- trotz kritischer Fragen -- für eine spezialgesetzliche Regelung von Internetsperren grundsätzlich offen, um die notwendigen Schutzvorschriften für die Internetnutzer/innen zu regeln.

Genau das haben wir nun mit dem beschlossenen Kinderpornografiebekämpfungsgesetz erreicht und dabei in den Verhandlungen mit der Union sogar wesentlich mehr vernünftige Regelungen durchgesetzt, als alle erwartet hatten.

Seit Wochen jedoch muss ich mir nun heftigste Kritik meines Kollegen Tauss gefallen lassen, der heute so tut, als ob er immer gegen eine gesetzliche Regelung gewesen wäre und das Verhandlungsergebnis sowie die Verhandlungsteilnehmer in unangemessener Weise herabqualifiziert. Vor allem aber scheut er sich dabei nicht, bewusst unwahre Tatsachen zu behaupten und persönlich verletzende Angriffe gegen mich und andere Abgeordnete zu fahren, die ich so noch von keinem einzigen Kollegen -- egal von welcher Partei -- erlebt habe. Man muss wissen, dass bei allen Meinungsverschiedenheiten in der Sache das Verhältnis der Abgeordneten untereinander sehr kollegial ist, wie es sich auch gehört. Und zwar fraktionsübergreifend. (Ich selbst äußere mich übrigens hier überhaupt zum ersten Mal öffentlich zum Kollegen Tauss und zwar nur, um etwas klarzustellen.)

Ich glaube, vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass ich vom Verhalten meines Kollegen Tauss tief enttäuscht bin und ich ihm nicht noch eine zusätzliche Gelegenheit geben wollte, seine unsachlichen Angriffe in der Bundestagsdebatte fortzusetzen. Allerdings habe ich am Ende der Debatte durchaus noch auf seine Kurzintervention geantwortet, um den von ihm vorgetragenen Argumenten zu entgegnen.

Im Zusammenhang mit dem gegen ihn laufenden Strafermittlungsverfahren wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material hat Jörg Tauss immer ein faires Verhalten angemahnt. Ich denke, er sollte dies auch selbst an den Tag legen. Mehr Sachlichkeit würde der Debatte gut tun.

Ich selbst bedauere, welche Entwicklung er eingeschlagen hat. Ich hoffe, er überdenkt sein Tun und kehrt zu einem vernünftigen, fairen und kollegialen Umgang zurück. Dies hoffen mit mir viele andere Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag, auch über Fraktionsgrenzen hinweg. Von ihnen habe ich großes Verständnis und Zustimmung dafür erfahren, die Zwischenfrage des Kollegen Tauss im Bundestag nicht zuzulassen.

Vor diesem Hintergrund hoffe ich auch auf Ihr Verständnis.

Ergänzend möchte ich noch auf meine diesbezügliche Antwort auf die Frage
von Herrn Faldereit hinweisen.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Dörmann, MdB