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Frage von Reinhard S. •

Frage an Martin Dörmann von Reinhard S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dörmann,

bitte erlauben sie mir eine Nachfrage zu ihrer Antwort an Herrn Gieseking. Sie schreiben:

"Zum anderen wird in weiten Teilen der Öffentlichkeit verkannt, dass die fragliche Infrastruktur bereits im Aufbau ist, auch unabhängig vom Gesetz.

Tatsache ist, dass mit den bereits abgeschlossenen Verträgen zwischen dem Innenministerium bzw. BKA und Internet-Providern eine entsprechende Sperrung erfolgen wird, die den Endkundenmarkt weitgehend abdeckt. Dort wird also die Infrastruktur bereits aufgebaut. [...] Eine mögliche verfassungsgerichtliche Klärung durch Dritte dürfte ebenfalls nicht kurzfristig zu erreichen sein."

Sie begründen also ein verfassungsmäßig problematisches Gesetz damit, dass verfassungsmäßig problematische Verträge geschlossen wurden, die nun quasi nachträglich ´legalisiert´ werden. Das muss man sich echt auf der Zunge zergehen lassen.

Was genau haben sie, sehr geehrter Herr Dörmann, ganz persönlich gegen die Verträge des BKAs mit den Internet-Providern unternommen, wenn diese ihrer Ansicht nach einer verfassungsmäßigen Prüfung nicht standhalten? Haben sie eine rechtliche Prüfung angestrengt oder sind für die Rechte der von den Sperren betroffenen, aber unschuldigen Nutzer eingetreten?

Erlauben sie mir noch eine Anmerkung. Sie schrieben "Ich hoffe, ich konnte Ihnen deutlich machen, dass die SPD-Fraktion sehr verantwortungsvoll mit dem Gesetzentwurf umgeht." Hier zu kann ich Ihnen mitteilen, dass sie mir dies nicht deutlich machen konnten und dass ich davon ausgehe, dass die SPD - wie in den letzten Jahren immer wieder bei der Aushöhlung der Bürgerrechte - letztlich mit "großen Bauchschmerzen" zustimmen wird. Und die Bürger sind wieder wie immer die Dummen... spätestens dann, wenn die Regierung alles sperren lässt, was ihr in den Sinn kommt. Es geht ja schließlich um ´soziale Kontrolle´, wie sie sagten.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Sander

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Sander,

vielen Dank für Ihre Nachfragen.
Sie sprechen darin die bereits abgeschlossenen Verträge zwischen dem BKA und den Internetprovidern an, über die eine Sperrung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten erfolgen soll.

Ich will betonen, dass wir mit dem Kinderpornografie-Bekämpfungsgesetz, das der Bundestag nunmehr am 18. Juni in 2./3. Lesung beschlossen hat, keineswegs rechtlich fragliche Verträge "legalisieren" wollen. Das ist überhaupt nicht unsere Motivation. Aber Tatsache ist doch, dass es diese Verträge gibt. Ich glaube, es wäre unverantwortlich, wenn wir zuwarten würden, bis vielleicht nach längerer Zeit das Bundesverfassungsgericht darüber geurteilt hat, ohne dass bis dahin die notwendigen Schutzbestimmungen gesetzlich verankert wurden.

Durch das Gesetz werden nun datenschutzrechtliche und verfahrensrechtliche Regelungen verankert, die insbesondere auch die Internetnutzer/innen schützen. Zudem schaffen wir ein transparentes Verfahren im Hinblick auf die Kontrolle der BKA-Liste durch ein unabhängiges Expertengremium.

Nochmals zu den Verträgen: Die Verträge wurden zwischen dem Unions-geführten Bundesinnenministerium bzw. dem BKA einerseits und den Internetprovidern andererseits individuell ausgehandelt und bislang auch nicht veröffentlicht. Seitens der SPD-Bundestagsfraktion hatten wir keinerlei Einflussmöglichkeiten darauf. Wir haben im Gegenteil stets deutlich gemacht, dass wir erhebliche rechtliche Bedenken haben, eine Sperrinfrastruktur auf vertraglicher Basis zu schaffen, ohne hinreichenden Grundrechtsschutz.

Das Kinderpornografiebekämpfungsgesetz regelt eindeutig nur die Zulässigkeit von Sperren bei Seiten mit kinderpornografischen Inhalten. Die SPD konnte bei den Verhandlungen mit der Union am Ende durchsetzen, dass die wesentlichen Regelungen in einem Spezialgesetz normiert werden, das ausschließlich kinderpornografische Inhalte erfasst. Dies wird auch noch einmal in der neuen Gesetzesbegründung festgehalten.

Wir sind sogar so weit gegangen, dass die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche auf Grundlage der neu geschaffenen Infrastruktur ausdrücklich ausgeschlossen wird. Zudem dürfen Daten, die aufgrund der Umleitung bei der Stopp-Meldung anfallen, nicht für Zwecke der Strafverfolgung genutzt werden.

Eindeutiger kann man nicht regeln, dass es sich um ein reines Präventionsgesetz in einem besonders gelagerten Fall handelt, das nicht auf andere Inhalte oder Zwecke übertragbar ist.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Dörmann, MdB