Was gedenken Sie in Bezug auf die Gesundheitsversorgung zu unternehmen? Therapeuten sind Mangelware und die Ausbildungen z.B. von Ergotherapeuten kosten immer noch Geld - bis zu 400 Euro mtl. in BW!!!
Sehr geehrter Herr Rösler,
obige Frage treibt mich natürlich sehr um, da ich in diesem Sektor arbeite, und die Landesregierung schafft es nicht - als eines der letzten Bundesländer, die Schulgebühren abzuschaffen und eine sinnvolle langfristige Planung des Therapeutenstandes vorzulegen. Die Ergotherapeuten, sowie die Physiotherapeuten sind Berufe, bei denen in der Zwischenzeit wieder Wartezeiten bis zu einem Jahr in den Praxen eine Realität sind.
Bemühungen, schon für den Nachschub zu sorgen und dort endlich in Baden-Württemberg die Abschaffung der Schulgelder (wie in den anderen Bundesländern zu erreichen, die sogar zum Teil schon Ausbildungsvergütungen zahlen) zu erreichen, laufen ins Leere.
Wie sehen Ihre Planungen bezüglich des Gesundheitssektors aus und speziell für die Entwicklung der therapeutischen Fachberufe???
Vielen Dank für eine Antwort.

Sehr geehrter Herr R.,
zunächst einmal entschuldigen Sie bitte vielmals die viel zu späte Antwort auf Ihre Frage. Ich möchte mich bei Ihnen darüber hinaus für Ihre Nachricht und für Ihre wichtigen Hinweise zur Lage in den Gesundheitsfachberufen, insbesondere in der Ergotherapie, bedanken. Ihre Schilderungen machen sehr deutlich, mit welchen Herausforderungen Sie und viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen konfrontiert sind – sowohl in Bezug auf die Versorgungssituation als auch auf die Ausbildungsbedingungen. Dafür möchten wir Ihnen herzlich danken.
Uns ist bewusst, dass es gerade in den therapeutischen Gesundheitsfachberufen wie der Ergotherapie, der Physiotherapie und der Logopädie einen gravierenden Fachkräftemangel gibt, der sich spürbar auf die Patientinnen und Patienten auswirkt. Lange Wartezeiten in den Praxen sind inzwischen leider Realität. Eine langfristige Sicherung dieser wichtigen Berufsgruppen ist deshalb eine zentrale Herausforderung für die Gesundheitspolitik – auch in Baden-Württemberg.
Im Koalitionsvertrag haben wir als Grüne gemeinsam mit unserem Koalitionspartner klar festgehalten, dass wir die Schulgeldfreiheit für Gesundheitsfachberufe befürworten. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern hier noch Nachholbedarf hat.
In den letzten Jahren konnten wir bereits Fortschritte erzielen: Seit 2022 stellt das Land jährlich 4,5 Millionen Euro zur Verfügung, um das Schulgeld an privaten Schulen für Gesundheitsfachberufe deutlich zu reduzieren – besonders für Schülerinnen und Schüler an Ergänzungsschulen wie den Ergotherapieschulen. Die Entlastung beträgt hier aktuell etwa 140 Euro monatlich. (Hier finden Sie die entsprechende Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums von 2022: https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Downloads_Gesundheits-_Pflegeberufe/VwVSchulRed_Foerderrichtlinie_mitAnlagen_220729.pdf)
Dennoch:
Es bleibt dabei, dass viele angehende Therapeutinnen und Therapeuten in Baden-Württemberg weiterhin einen erheblichen Eigenanteil für ihre Ausbildung aufbringen müssen. Dass das viele junge Menschen abschreckt, können wir gut nachvollziehen. Deshalb setzen wir uns u.a. in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Gesamtkonzept Gesundheitsfachberufe“ dafür ein, dass das Schulgeld abgeschafft wird und eine angemessene Ausbildungsvergütung als Vertragsbestandteil des Ausbildungsvertrages geregelt wird.
Die entsprechenden Passagen folgen hier:
„Eine gute und qualitativ hochwertige Versorgung der Patientinnen und Patienten ist auf Dauer nur gewährleistet, wenn bedarfsgerecht Fachkräfte ausgebildet werden. Dabei ist auch ein Zugang zur Ausbildung ohne finanzielle Hürden von Bedeutung, um junge Menschen für diesen Berufszweig zu gewinnen. Das Schulgeld und vergleichbare Geldzahlungen für die Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen sollen daher abgeschafft werden“
„Um die Gesundheitsfachberufe zukunftsgerecht, attraktiv und konkurrenzfähig weiterzuentwickeln, soll in den Berufsgesetzen der Gesundheitsfachberufe, die vom Gesamtkonzept umfasst werden, ebenfalls eine angemessene Ausbildungsvergütung, insbesondere als Vertragsbestandteil des Ausbildungsvertrages geregelt werden. Für akademisierte Ausbildungsgänge in den Gesundheitsfachberufen ist die Frage einer Vergütung jeweils gesondert zu prüfen.“
Hier finden Sie auch das Eckpunktepapier mit deutlich detaillierteren Passagen aus der Bund-Länder-Arbeitsgruppe: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/G/Gesundheitsberufe/Eckpunkte_Gesamtkonzept_Gesundheitsfachberufe.pdf
Wir setzen wir uns dafür ein, dass die Ungleichheit in den therapeutischen Gesundheitsberufen perspektivisch beseitigt wird – sei es durch eine vollständige Übernahme der Schulgelder durch das Land oder – und das wäre aus unserer Sicht langfristig die sinnvollste Lösung – durch eine bundeseinheitliche Regelung mit Ausbildungsvergütung. Wir sehen hier auch den Bund in der Verantwortung, seinen Ankündigungen zur Reform der Gesundheitsberufe endlich Taten folgen zu lassen.
Trotz der bestehenden Herausforderungen liegt Baden-Württemberg bei der Finanzierung der Ausbildung an privaten Schulen im Gesundheitsbereich im bundesweiten Vergleich vorne – gemeinsam mit Bayern. Aber wir ruhen uns darauf nicht aus: Für uns Grüne bleibt es ein politisches Ziel, den Zugang zu Gesundheitsfachberufen unabhängig vom Geldbeutel zu ermöglichen und gleichzeitig attraktive Ausbildungsbedingungen zu schaffen.
Für Ihre Arbeit im therapeutischen Bereich möchten wir Ihnen ganz herzlich danken. Sie leisten einen unschätzbar wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in unserem Land!
Ihr Markus Rösler