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Frage von Heinz O. •

Frage an Markus Paschke von Heinz O. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Herr Paschke,

in Ihrer Rede vom 06.06.2014 sagten Sie dass Sanktionspraxis einer Prüfung bedarf, was meiner Ansicht nach falsch ist, denn in dem Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 18.07.2012 heißt es:
"Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantiert ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (…). Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch als Menschenrecht."(BVerfG, 1 BvL 10/10 v. 18.07.2012 (AsylbLG), Leitsatz 2)
Und weiter:
Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG verlangt, dass das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss." (BVerfG, 1 BvL 10/10 vom 18.07.2012 (AsylbLG), Abs- Nr. 120).

Im Gegensatz zum Urteil vom 09.02.2010 gibt es somit keinen Interpretationsspielraum hinsichtlich der Sanktionen mehr, sondern sie sind eindeutig verfassungswidrig!

Warum wird dieses Urteil dennoch von der "GroKo" ignoriert und weiterhin
an Sanktionen festgehalten, die nur den Unternehmen dienen und die Steuerzahler mit erheblichen zusätzlichen Kosten belasten (Sozialgerichte, Kosten der Anwälte
die lt. Spiegel im Jahr 2012 39,6 Millionen Euro betrugen, etc.), aber keinen
"Nutzen", zumal rund die Hälfte dieser Sanktionen als rechtswidrig beurteilt wurden?
Ist das Grundgesetz und Ihr Eid darauf schon zu einer Makulatur verkommen?
Warum setzen Sie sich nicht mit den Betroffenen auseinander, die Ihnen aus jahrelanger Praxis nachweisen können, wie es vor Ort tatsächlich läuft?
Die Tatsache, dass allein im Mai 2014 über 200.000 Widersprüche gegen Bescheide
erhoben wurden, von denen ein Großteil zugunsten der AL beurteilt werden, zeigt
auch die Inkompetenz vieler Jobcenter-Mitarbeiter und produziert Kosten, die
in keiner Relation zum "Nutzen" stehen, was auch der Bundesrechnungshof mehrfach gerügt hat. Warum lassen Sie so etwas zu?
Solange es nicht die notwendigen Arbeitsplätze gibt, ist "Hartz IV" gescheitert, was auch die vielen Studien belegen.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Onasch,

ich kann Ihnen versichern, dass ich im Verlauf meines beruflichen Werdegangs immer wieder das Gespräch mit Betroffenen gesucht habe und auch weiterhin suche. Und genau deshalb vertrete ich ja auch die Meinung, dass es beim Thema „Sanktionspraxis“ eindeutigen Handlungsbedarf gibt. In meiner Rede habe ich konkrete Bereiche benannt, die meiner Meinung nach einer Überprüfung und Änderungen bedürfen. Ich habe den Begriff „Überprüfung“ bewußt gewählt, weil ich die Auffassung vertrete, dass es sich bei den Leistungen das SGB II um einen Interessenausgleich zwischen Leistungsempfängern und –gebern handelt. Dieser Leistungsgeber ist unsere Gesellschaft, das sind wir alle. Und ja, ich denke, dass unsere Gemeinschaft einen Anspruch darauf hat, dass sich jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten bemüht sowohl zu unterstützen, als auch eine Unterstützung unnötig zu machen.
Es bedarf hier einer klaren Balance zwischen „Fordern“ und „Fördern“ – derzeit stelle ich jedoch ein Ungleichgewicht in Richtung „Fordern“ fest. Auch deshalb spreche ich mich für Änderungen aus.
Dazu zähle ich beispielsweise eine verständlichere Sprache in den Schreiben an die Betroffenen. Auch bei der Ausgestaltung von Sanktionen besteht klar Handlungsbedarf. Die Zahlungen für Miete und Heizungen dürfen nicht im Zuge von Sanktionen gekürzt werden. Und die von Ihnen benannte Zahl von Widersprüchen sowie die große Zahl von Urteilen zugunsten der Betroffenen zeigt ganz deutlich: Wir brauchen mehr Klarheit und Verständlichkeit in den Regeln zum SGB II.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Paschke