Marie Schäffer. Foto: © Andi Weiland
Marie Schäffer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Uwe K. •

Wenn Cannabis kontrolliert abgegeben wird, wie verhindern Sie dann, dass es nicht an Kinder weitergegeben wird?

Welchen Zweck hat eine kontrollierte Abgabe, wenn es weiterhin möglich ist, es unkontrolliert zu bekommen. Wie stehen Sie zu unter Einwirkung von Cannabis begangenen Straftaten und Unfällen. Grundsätzlich wäre gegen eine kontrollierte Abgabe nichts zu sagen, aber ich traue vor allem Ihrer Partei keine verantwortungsvollen Lösungen für die oben genannten Fragen zu. Was sind die Ihren?

Marie Schäffer. Foto: © Andi Weiland
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.,

wir wollen die kontrollierte Abgabe von Cannabis einführen, um den Jugend- und Gesundheitsschutz zu verbessern. Aktuell ist Cannabis, unter den Bedingungen der Prohibition, fast überall erhältlich, auch für Jugendliche. Wenn Cannabis für Erwachsene in Cannabisfachgeschäften legal erhältlich ist, kann der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden. Zudem können Jugendschutzmaßnahmen etabliert werden. So sollen Kinder und Jugendliche keinen Zutritt zu den Verkaufsstellen haben. Zudem sollten Mindestabstände zu Schulen und Jugendzentren eingehalten werden.

Parallel zur kontrollierten Freigabe muss selbstverständlich die Prävention ausgebaut werden. Aufklärung an Schulen und anderen Orten, wo Jugendliche sich aufhalten, muss zielgruppenspezifisch ausgestaltet werden. Jugendliche, die Cannabis konsumieren, aber auch Erwachsene mit problematischen Konsummustern und schlechten Rauscherfahrungen müssen Beratung und medizinische Hilfe bekommen, ohne Strafverfolgung fürchten zu müssen. Strafandrohungen halten Menschen nicht vom Konsum ab, sehr wohl aber zu oft davon, sich Hilfe zu suchen, wenn sie benötigt wird. Auch das ist eine der vielen schädigenden Nebenwirkungen der Prohibition. Dafür haben wir in der letzten Wahlperiode das Cannabiskontrollgesetz in den Bundestag eingebracht (https://dserver.bundestag.de/btd/19/008/1900819.pdf) und arbeiten nun als regierungstragende Fraktion an der Umsetzung der kontrollierten Abgabe.

Wer aktuelle Entwicklungen verfolgt und wissenschaftliche Erkenntnisse ernst nimmt, kommt zu dem Schluss: Die Prohibition von Cannabis ist gescheitert. Unter den Bedingungen der Prohibition steigt der Konsum von Jugendlichen an. Jugendliche werden durch ein strafrechtliches Verbot nicht vom Cannabiskonsum abgehalten. Gleichzeitig verhindert das Betäubungsmittelrecht durch den so geschaffenen Schwarzmarkt glaubwürdige Prävention und wirksamen Jugendschutz. Zudem macht es einen effektiven Verbraucherschutz und Bemühungen um Schadensminderung unmöglich, da der illegalisierte Handel nicht effektiv kontrolliert werden kann. Letzteres ist vor allem deswegen bedenklich, weil durch die bestehenden rechtlichen Bedingungen ein Schwarzmarkt entstanden ist, auf dem auch Produkte vertrieben werden, die einen erhöhten Wirkstoffgehalt haben oder mit Glas, Blei oder synthetischen Cannabinoiden verunreinigt sind. Damit wird die gesundheitliche Gefährdung von Konsument*innen bewusst in Kauf genommen.

Die Mehrzahl der volljährigen Konsument*innen praktiziert keinen riskanten Gebrauch von Cannabis. Die geltende Rechtslage führt bei ihnen in der Konsequenz zu einer unverhältnismäßigen Kriminalisierung. Erst in einem kontrollierten Markt kann das Verbot, Cannabis an Minderjährige zu verkaufen, wirksam überwacht werden. Eine gute Cannabispolitik reguliert den Cannabismarkt so, dass sowohl der Jugendschutz gestärkt wird als auch die Risiken reduziert werden.

Um diese Ziele zu erreichen, muss die gesamte Handelskette von Cannabis (Anbau, Großhandel, Import/Export, Einzelhandel) reguliert werden. Die Regulierung der Handelskette mit staatlich erteilten Erlaubnissen für jedes Glied der Handelskette an deren Ende das Cannabisfachgeschäft steht, ermöglicht eine effektive Trennung der Märkte und Kontrolle des legalen Cannabishandels. Zum Jugendschutz zählen neben einer klaren Altersgrenze von 18 Jahren ein Mindestabstand der Cannabisfachgeschäfte von Schulen und Jugendeinrichtungen, ein Werbeverbot sowie Zugangskontrollen mit Altersnachweis. Zur Risikominimierung für die volljährigen Konsumenten sind im Cannabiskontrollgesetz ein umfassender Verbraucher- und Gesundheitsschutz durch Angaben über die Inhaltsstoffe, die Konzentration der Wirkstoffe, umfangreiche Beipackzettel, Warnhinweise und Qualitätsstandards notwendig. Zudem müssen die Cannabisfachgeschäfte zahlreiche Auflagen hinsichtlich des Verkaufs und der Schulung ihres Verkaufspersonals erfüllen.

Mit freundlichen Grüßen
Marie Schäffer

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