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Manfred Zöllmer
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Frage von Herbert N. •

Frage an Manfred Zöllmer von Herbert N. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Zoellmer,

Sie haben sich in der Sendung Panorama 3 zur Riesterrente dahingehend geaeussert, dass sich diese in vielen Punkten "bewaehrt" habe.

ich frage mich, wen oder was Sie da im Auge haben oder meinen Sie vielleicht Herrn Rister, Herrn Maschmeyer oder die Regierungsparteien, die zur Belohnung fuer die Umsetzung einer schlechten Idee ansehnliche Summen an Spenden von der Versicherungswirtschaft bekommen?

Warum hat man die private Vorsorge nicht wie in Schweden organisiert, das waere doch wesentlich effizienter als die Riesterrente?

Also ich kenne wirklich niemanden, weder Oekonomen noch Bankkaufleute, die Riesterrenten empfehlen wuerden. Von Primaererfahrungen anderer will ich besser erst garnicht anfangen.

Aber wenn Menschen privat vorsorgen sollen, warum hat der Bundestag dann einem Gesetzesentwurf der Lebensversicherungen zur Ueberschussbeteiligung zugestimmt, der den Charakter einer Enteignung aufweist?

In der Sendung behaupten Sie, die Zinsen werden auch wieder steigen, woher wissen Sie das? Ich nehme an aus Ihrem Studium kennen Sie die gaengigen Wirtschaftstheorien und da kommt sowas wie ein Mindestzins oder Normalzins garnicht vor. Also spricht auch nichts dagegen, dass der Zins die naechsten 1000 Jahre real nicht ansteigt. Aufgrund wessen behaupten Sie dann anderes?

Ich bedanke mich schon jetzt fuer Ihre Antworten.

MfG

Herbert Neumann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Neumann,

vielen Dank für Ihre Anfrage in der Sie Ihre Sorgen hinsichtlich der Rente zu Ausdruck bringen und auf einen kleinen Interviewausschnitt mit mir in der Sendung Panorama auf NDR 3 Bezug nehmen.

Grundsätzlich gilt, dass eine freiwillige private Vorsorge zur Ergänzung der obligatorischen Alters- Vorsorge im gesetzlichen System stets richtig und sinnvoll ist. Die so genannte Riester-Rente haben wir vor rund 15 Jahren eingeführt, um die private Vorsorge zu stärken.

Richtig ist, dass die hohen Erwartungen bei Einführung der Riester-Rente bezüglich Rentabilität und Verbreitung sich so nicht erfüllt haben. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Die Produkte sind oft zu komplex und intransparent und manche Rendite bleibt hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück - nicht zuletzt auch aufgrund der aktuellen Niedrigzinsphase. Dies wurde in der Panorama-Sendung auch entsprechend erläutert. Daraus kann man aber nicht den Schluss ziehen, dass unisono über 16 Millionen Riester-Verträge gescheitert sind. Das ist nicht der Fall. Vielmehr werden auch weiterhin Riester-Verträge abgeschlossen und dies ist auch sehr sinnvoll.
Zudem ist wichtig zu bemerken, dass die Regelungen für abgeschlossene Verträge erhalten bleiben. Für die Förderung (Zulagen beziehungsweise Sonderausgabenabzug) gibt es Vertrauensschutz, das heißt die Bedingungen werden für bereits abgeschlossene Verträge nicht im Nachhinein verändert.

Allerdings wollen wir bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge vor allem für die weitere - möglichst flächendeckende - Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge sorgen. Dabei müssen wir zu großen kollektiven Lösungen mit Beteiligung der Sozialpartner kommen. Dann kann durch Tarifverträge die individuelle Haftung der einzelnen Arbeitgeber durch eine kollektive Haftung gemeinsamer Einrichtungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften abgelöst werden. Solche kollektiven Systeme ermöglichen bessere Anlagestrategien, deutlich geringere Vertriebs- und Verwaltungskosten und eine bessere Portabilität.

Demnächst werden hierzu Pläne durch die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vorgestellt werden.

Mit dem von Ihnen indirekt angesprochenen Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) sind wir unserer Verantwortung für den Schutz aller Lebensversicherten gerecht geworden.

Die klassische Lebensversicherung ist ein seit über hundert Jahren in Deutschland bewährtes Modell. Einerseits sichert der Versicherungsnehmer seine Angehörigen für den Todesfall ab. Andererseits spart er – gemeinsam mit anderen Versicherten – eine Kapitalleistung für den Fall an, dass das versicherte Risiko nicht eintritt. Bei diesem Kollektiv profitiert der einzelne Kunde vom ersten Tag an von dem Kapitalstock, den Generationen von Versicherten über Jahrzehnte ansammeln. Dies gilt auch für die Erträge aus der Anlage dieses Vermögens.

Kapitalbildende Lebensversicherungen garantieren dem Versicherungsnehmer eine Mindestverzinsung des Sparanteils seiner Versicherungsprämien. Außerdem sehen sie regelmäßig eine Beteiligung an etwaigen Überschüssen vor, die ihm während der Ansparphase und bei Auszahlung der Versicherung gutgeschrieben werden kann. Die mögliche Ablaufleistung, die dem Kunden bei Vertragsabschluss oder in der gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Unterrichtung über seine Ansprüche genannt wird, ist aber nur ein Prognosewert. Die tatsächliche Auszahlung bei Vertragsende hängt wesentlich von der Kapitalmarktentwicklung und der Ausschüttungspolitik des jeweiligen Versicherers ab.
In einem grundlegenden Urteil von 2005 traf das Bundesverfassungsgericht keine Feststellung darüber, ob oder in welchem Umfang Bewertungsreserven aus den Kapitalanlagen der Versicherer an die Versicherten auszuzahlen sind. Es verpflichtete den Gesetzgeber jedoch, den Schutz der individuellen Vermögensinteressen sicherzustellen. Bei der Ermittlung des Schlussüberschusses solle der einzelne Versicherungsnehmer angemessen an den Vermögenswerten beteiligt werden, die durch seine Prämienzahlungen geschaffen wurden. Dabei gestand uns das Gericht einen Gestaltungsspielraum zu.

Mit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes vor einigen Jahren haben wir den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt. Wir schrieben eine verursachungsgerechte Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Überschüssen vor, darunter eine hälftige Beteiligung an den ihnen zugeordneten Bewertungsreserven bei Vertragsende. Schon damals wurde aber klargestellt, dass die Lebensversicherungsunternehmen vorrangig zur Erbringung der garantierten Versicherungsleistungen verpflichtet bleiben. Diese Feststellung traf auch das Urteil von 2005.

Die mit dem LVRG vorgenommene Einschränkung der Beteiligung an den Bewertungsreserven ist eine Präzisierung der bisherigen Regelung. Notwendig wurde dies durch die lang anhaltende Niedrigzinsphase. Zum Schutz der Versicherten mussten wir als Gesetzgeber rechtzeitig Schritte ergreifen, um die Erfüllbarkeit der Verpflichtungen der Versicherer sicherzustellen.

Mit den extrem niedrigen Leitzinsen der Zentralbanken wird weltweit versucht das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Wie lange diese Phase andauern wird kann niemand vorhersagen. Der historische wirtschaftliche Verlauf hat aber gezeigt, dass Zinsen einer Schwankung unterliegen, wie auch die wirtschaftliche Entwicklung Schwankungen unterliegt.

Richtig ist, dass die Zinsen für Einlagen auf einem Sparbuch oder dem Tagesgeldkonto gegenwärtig so niedrig wie nie zuvor sind. Dennoch lohnt sich das Sparen, denn nicht nur die Zinsen, sondern auch die Inflation ist auf historisch niedrigem Niveau. Wie hoch der Ertrag einer Geldanlage nach Berücksichtigung der Inflationsrate ausfällt, zeigt die reale Rendite. Für Spareinlagen fällt sie derzeit zwar schwach aus, gleichzeitig gibt es aber nahezu keine Preissteigerung. In Zeiten, wo auf dem Sparbuch vielleicht eine Verzinsung von 2,5 % angeboten wurde war auch die Inflation höher und lag bei zwei oder womöglich drei Prozent. Insoweit hat es auch in Zeiten hoher Sparzinsen in der Vergangenheit immer wieder mal Phasen einer noch höheren Inflation und damit negativer Realzinsen bei Spareinlagen gegeben. Zudem hat ein tiefer Zinssatz wie alles im Finanzsektor einen Vor- und einen Nachteil. Wer im Moment klassisch sparen will, erfährt durch die niedrigen Zinsen Nachteile – wer aber einen Kredit aufnehmen will, etwa um ein Haus oder Auto zu kaufen, profitiert.

Die andauernde Niedrigzinsphase stellen Kunden, Banken und Staaten auch weiterhin vor große Herausforderungen. Ich sehe die Aufgabe der Politik darin mit dieser Situation umzugehen und für wirtschaftliche Stabilität zu sorgen.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Zöllmer