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Manfred Weber
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Frage von Hasko H. •

Frage an Manfred Weber von Hasko H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Weber

ich wende mich an Sie als Abgeordneten meines Wahlkreises und insbesondere als Mitglied des Ausschusses for Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres.

Ihnen wird nicht entgangen sein, dass die Entscheidung des EU-Parlaments zu den so genannten Internetsperren auf gemischtes Echo gestoßen ist. Einerseits wurden gewisse Beschränkungen der "Three Strikes"-Regel sehr wohl wahrgenommen und begrüßt, andererseits scheint es nach wie vor so zu sein, dass ein Dritter allein durch bloße Unterstellung einer Copyright-Verletzung eine Internetsperre veranlassen kann.

Es ist kein Geheimnis, dass diese "Dritten" vor allem Vertreter der Medienindustrie sind, zumindest soweit es sich überhaupt um legitime Interessenvertreter und nicht um Trittbrettfahrer handelt. Der Medienindustrie werden hier Mittel in die Hand gegeben, ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen, die andere Industrien nicht zur Verfügung haben. Man stelle sich vor, ein Automobilhersteller könnte das Zündschloss Ihres Wagens austauschen, weil er unterstellt, Sie ließen zu oft andere in Ihrem Auto mitfahren! Das geht selbstverständlich nicht. Selbstverständlich? Die verbreitete Befürchtung ist, dass für den Internet-Zugang in Zukunft solche Regeln gelten sollen.

Meines Erachtens stellen solche Perspektiven die bürgerlichen Freiheiten in Frage, zumal das Internet mittlerweile einen hohen Stellenwert in der Ausübung bürgerlicher Rechte einnimmt. Nehmen Sie diese Plattform zum Beispiel. Darf mir (oder Ihnen!) der Zugang dazu ohne richterlichen Beschluss entzogen werden? Betrifft dies nicht Fragen der Grundrechte nach politischer Betätigung?

Gerne würde ich Ihre Meinung zu diesen Punkten erfahren.

Mit freundlichen Grüßen
Hasko Heinecke

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Sehr geehrter Herr Heinecke,

vielen Dank für Ihre Anfrage!

Als Mitglied der EVP im Europäischen Parlament liegt mir die Wahrung der Grundfreiheiten der Bürger natürlich sehr am Herzen.

Ihre Bedenken diesbezüglich im Zusammenhang mit den Internetsperren in der geänderten Richtlinie 2002/21/EG teile ich aber nicht. Meiner Meinung nach beinhaltet das Gesetz genügend Maßgaben, die die Grundfreiheiten und den freien Zugang zum Internet wahren, wie es auch extra im Gesetzestext Erwähnung findet:
"Maßnahmen, die Mitgliedstaaten im Hinblick auf den Zugang von Bürgern zu... elektronischen Kommunikationsnetzen ergreifen,... [müssen] die Grundrechte und -freiheiten natürlicher Personen der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Grundfreiheiten und allgemeinen Prinzipien des Gemeinschaftsrechts respektieren" Die Unschuldsvermutung muss in jedem Fall angewandt werden. Grundsätzlich aber unterliegt die eventuelle Einschränkung von Internetzugang oder -nutzung dem nationalen Recht. Entsprechende Maßnahmen müssen in einer demokratischen Gesellschaft angemessen und verhältnismäßig sein. Sollte ein Mitgliedsstaat Maßnahmen für notwendig befinden (z. B. bei Kinderpornografie), haben die Betroffenen laut EU-Telekom-Paket einen Anspruch auf ein vorheriges, faires und unparteiisches Verfahren. Sie haben ein Recht auf eine wirksame und zeitnahe gerichtliche Überprüfung und müssen zuerst angehört werden und sich verteidigen dürfen. In "gebührend begründeten Dringlichkeitsfällen" kann es zwar sein, dass im Einklang mit der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Entscheidungen über Vorkehrungen getroffen werden müssen, diese aber keinesfalls unüberprüfbar und ungerechtfertigt sein dürfen. Das Recht auf eine effektive und rechtzeitige gerichtliche Prüfung wird in jedem Fall gewährleistet.
Ihre Befürchtung, die Medienindustrie könne sich die Regelung im Gegensatz zu anderen Industrien zunutze machen, ist somit unbegründet. Eine Sperre des Internetzugangs nur auf willkürliche Verdachtsäußerung hin, wie von Ihnen geschildert, wäre problematisch, da hier die grundlegenden Freiheiten der Bürger missachtet würden. Auch wäre eine solche Regelung völlig ungerecht und würde kaum den rechtsstaatlichen Prinzipien nachkommen.
Daher unterstütze ich das Telekom-Paket in seiner jetzigen Form. Damit können Urheberrechte besser geschützt werden, ohne die Grundrechte der Bürger zu verletzen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen Ihre Frage beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Weber

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