Manfred Grund, Porträt zur Bundestagswahl-Kampagne 2021 vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus im Regierungsviertel, in dem sich der Reichstag spiegelt
Manfred Grund
CDU
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Frage von Tobias S. •

Frage an Manfred Grund von Tobias S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Grund,

wie ich sehe, haben Sie ESM und Fiskalpakt Ihre Stimme gegeben. D.h., Sie haben die deutsche Bonität und die Kontrolle über die deutschen Staatsfinanzen an ein demokratisch weder legitimiertes noch kontrolliertes und vor jedem rechtlichen Zugriff geschützes Gremium abgetreten, dessen Mitglieder bis auf eines sämtlich Ausländer sind - und das ohne Kündigungsmöglichkeit. Dazu habe ich folgende Frage:

Frage Nr. 1: Was meinen Sie grundsätzlich, welche Reichweite hat Ihr Mandat?

Da laut Ihres Berlin-Tickers ESM und FP "besser und billiger" als sämtliche Alternativen sind, folgt

Frage Nr. 2: Gibt es für Sie Grenzen bei der Euro-Rettung? und falls ja: Wo sind diese Grenzen?

Mit freundlichen Grüssen

Tobias Schüler

Manfred Grund, Porträt zur Bundestagswahl-Kampagne 2021 vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus im Regierungsviertel, in dem sich der Reichstag spiegelt
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schüler,

danke für die Frage und die Möglichkeit, meine Position hier nochmals klar zu stellen.

Wir Mitglieder des Deutschen Bundestages haben lange in zahlreichen Sitzungen der Fraktionen, der zuständigen Arbeitsgruppen und der Ausschüsse sowie auch im Plenum des Bundestags intensiv über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wie auch den Fiskalpakt debattiert. Der Bundestag nimmt seine demokratischen Rechte und Pflichten sehr ernst, und er nimmt sie auch wahr!

Mein Mandat reicht so weit, der richtigen Entscheidung für ESM und für den Fiskalpakt zu einer Mehrheit verholfen zu haben.

Präsident Norbert Lammert hatte nach seiner Wahl sinngemäß gesagt: „Nicht alle Abgeordneten haben den gleichen Einfluss. Aber alle haben das gleiche Mandat, gleiche Rechte und gleiche Pflichten.“ Art. 23 Grundgesetz gibt dem Parlament das Recht, an der Fortentwicklung von Angelegenheiten der Europäischen Union mitzuwirken. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht klargemacht, dass es unerlässlich ist, den Bundestag stets umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu informieren. Ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, sich immer fundiert mit einem Vorgang zu befassen und eine Stellungnahme zu erarbeiten, bevor die Bundesregierung nach außen wirksame Entscheidungen abgibt. Das Parlament darf nicht in eine bloß nachvollziehende Rolle geraten, sondern muss die Möglichkeit haben, frühzeitig und effektiv Einfluss auf die Bundesregierung nehmen zu können.

Die Wahrnehmung der politischen Souveränität liegt also beim Parlament. Dessen Mehrheit wählt einen Regierungschef, um den politischen Willen im Inneren wie nach außen zu exekutieren. Ich habe in diesem 17. Deutschen Bundestag Angela Merkel zur Kanzlerin gewählt. Seitdem hat Angela Merkel die Wahrung der deutschen Interessen geschickt mit der Wahrung der Stabilität der europäischen Währung sowie der Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen in Europa verknüpft. Diese Kanzlerin ist ein Glücksfall für Deutschland. Ich bin froh, mit meiner Stimme die Verhandlungsposition der Kanzlerin gestärkt zu haben.

Eine Antwort auf Ihre zweite Frage führte alle Anstrengungen der letzten Monate und insbesondere der letzten Woche ad absurdum. Sie spielte auch jenen zu, die die europäische Gemeinschaftswährung als reines Spekulationsobjekt betrachten.

Ich habe für die Maßnahmen für ESM und Fiskalpakt gestimmt, weil ich an den Euro als Gemeinschaftswährung glaube. Natürlich muss Politik auch immer das etwaige Scheitern im Voraus betrachten. Gerade deshalb wurde das genehmigte Stammkapital nach Art. 8 Abs. 1 S. 1 ESM-Vertrag auf fast unvorstellbare 700 Mrd. Euro festgesetzt.

Was wäre, wenn diese ungeheure Summe doch nicht ausreichen sollte? Richtig ist, der Gouverneursrat kann beschließen, das genehmigte Stammkapital zu verändern. Dieser Beschluss träte allerdings erst in Kraft, nachdem die ESM-Mitglieder ihre nationalen Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen hätten. Das bedeutet, dass der Deutsche Bundestag einer Erhöhung des Stammkapitals zunächst zustimmen müsste. Diesen Fall unterstellt, würde ein solcher Beschluss unter den dann konkreten Rahmenbedingungen geprüft werden müssen. Einen Automatismus lehne ich ab.

Außerhalb Ihrer Frage schwingt ein weiterer Punkt mit, was die Ausweitung der möglichen Hilfsinstrumente für antragstellende Euro-Staaten betrifft. Der deutsche Vertreter im Gouverneursrat bzw. im Direktorium muss mit Nein stimmen, es sei denn, er wurde zuvor durch Bundesgesetz zu einer Zustimmung oder zur Enthaltung ermächtigt. Die Bundestagsbeteiligung ist klar geregelt. Etwas anderes ließe das Grundgesetz (GG) nicht zu. Denn nach Art. 115 GG bedürfen die Kreditaufnahme, die Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Bundesgesetz.

Bei den in Art. 32 und 35 vorgesehenen Immunitäten für den ESM, sein Vermögen sowie seine Amtsträger und Bediensteten handelt es sich um bei internationalen Finanzinstitutionen übliche Regelungen. Die Tätigkeit des ESM beinhaltet äußerst komplexe rechtliche Vorgänge, welche regelmäßig mit erheblichen Risiken behaftet sind. Durch die Regelungen soll der ESM und sein Vermögen vor unberechtigtem Zugriff Dritter geschützt werden. Das ist im Interesse der ESM-Mitglieder und damit auch des deutschen Steuerzahlers. Die persönliche Immunität der Amtsträger und Bediensteten kann durch den Gouverneursrat des ESM, in dem die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Eurozone vertreten sind, bzw. den Geschäftsführenden Direktor aufgehoben werden. Dadurch wird Missbrauch entgegengewirkt. Vergleichbare Regelungen gelten u. a. für den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Weltbank.

Ich hoffe, Ihre sorgenvollen Fragen beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Grund

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