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Lissy Gröner
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Frage von Heinz U. •

Frage an Lissy Gröner von Heinz U. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Frau Gröner,

wie beurteilen Sie die "Umgehung" der Bürger durch fehlende Referenda beim Vertrag von Lissabon, in dessen Ratifizierungsprozess, Frankreich sogar seine Verfassung geändert hat, um nicht wieder in die prekäre Lage eines negativen Votums zu gelangen?

Wie stehen Sie zur Intransparenz des Reformvertrages, der mangelnden Aufklärung und Information durch die Medien und Politiker , und den Eindruck, das hier nur alter Wein in neuen Schläuchen vermarktet werden soll? Die Änderungen zur gescheiterten Verfassung sind ja marginal.

Warum wird eine historisch einmalige Sache wie die Europäische Einigung bewusst solchen Gefahren der Intransparenz und mangelnden Legitimation durch die Europäer ausgesetzt?

Vielen Dank und schöne Grüße

Heinz Ullmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ullmann,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Vertrag von Lissabon. Ich möchte auf diese wichtigen Fragen gerne antworten.

Ich bin der Überzeugung, dass der Reformvertrag eine historische Chance ist, die nicht verspielt werden darf und hoffe, dass dieser spätestens bis zu den Europawahlen 2009 unter Dach und Fach ist. Der Reformvertrag wird einen wichtigen Meilenstein für die Europäische Integration darstellen. Das Europäische Parlament (EP) als Vertretung der BürgerInnen wird mehr Kompetenzen erhalten, die Rechte der UnionsbürgerInnen werden wesentlich gestärkt und die Union wird an Effizienz gewinnen.

Der Reformvertrag als Ergebnis der langjährigen Verfassungsdebatten kann mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen werden. Im Vergleich zu den heute geltenden Verträgen ist der Reformvertrag sicherlich ein wichtiger Schritt nach vorne. Aber gemessen an den Erwartungen, die mit dem Verfassungsprozess der letzten Jahre verbunden waren, hat es Rückschritte gegeben.

Der Kompromiss der Regierungschefs über den Reformvertrag geht vor allem zu Lasten der Transparenz der Europäischen Verträge. Eine wichtige Aufgabe des Verfassungskonvents war, die bestehenden Verträge zusammenzufassen, zu vereinfachen, logischer zu strukturieren und lesbar zu machen.

Die negativen Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden bescherten dem Vertrag eine zweijährige Eiszeit, die gerade im EP heftig kritisiert und zu überwinden versucht wurde. Während der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 ist es gelungen, einen neuen Fahrplan für die dringend notwendigen Reformen der EU zu vereinbaren.

Bezüglich der Europäischen Verfassung hatte ich bereits frühzeitig auf einer Fachtagung zur Arbeit des Verfassungskonvents in den Jahren 2002 und 2003 mit dem damaligen Mitglied des Präsidiums des Verfassungskonvents Prof. Dr. Klaus Hänsch und unserem MdB und heutigen Staatsminister für Europa, Günter Gloser, und weiteren ExpertInnen den Vertragsentwurf öffentlich diskutiert und erörtert. Leider stieß diese Arbeit damals nur auf geringe Resonanz und Interesse in der Öffentlichkeit.

Ich persönlich bin für Referenden, aber nicht bei der EU-Gesetzgebung, da stets die Gefahr besteht, dass nationale Probleme kaschiert und werden, wie dies bei den Referenden zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden der Fall war. Darüber hinaus stellen auch nationale Egoismen Barrieren für den europäischen Einigungsprozess dar, wie z.B. im Fall der Egotrips der polnischen Kaczynski-Zwillinge.

In Deutschland werden, wie Sie sicherlich wissen, alle Gesetze und Änderungen des Grundgesetzes vom Bundestag und -rat ratifiziert und nicht durch Referenden abgestimmt. Die SPD wollte dies ändern, aber die nötige Zweidrittelmehrheit scheiterte an den Konservativen.

Mit freundlichen Grüßen

Lissy Gröner, MdEP