Frage von Christian W. •

Fragen zur Brückensperrung an der Wulheide und dem dazugehörigen Tram Verkehr.

Als Bürger dieses Stadtteils bin ich fassungslos darüber, dass eine zentrale Brücke plötzlich als einsturzgefährdet gilt und der gesamte Verkehr – Auto, Tram und Bus – ohne Vorwarnung gestoppt wurde.

Wie konnte es so weit kommen, dass eine vergleichsweise junge Brücke aus dem Jahr 1989 derart gravierende Schäden aufweist, dass nun der gesamte Verkehrsfluss lahmgelegt ist, und welche konkreten Maßnahmen unternimmt der Senat, um ähnliche Infrastruktur-Ausfälle künftig zu verhindern, die Sicherheit zu gewährleisten, die Öffentlichkeit besser zu informieren und verlorenes Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen?

Wer trägt die Verantwortung für die Belastung welche wir als Bürger hinnehmen müssen.

Portrait von Lars Düsterhöft
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr W. 

Viele Menschen im Kiez sind verärgert und verunsichert – und ich verstehe das. Die plötzliche Sperrung der Brücke „An der Wuhlheide“ hat massive Auswirkungen auf den Alltag, auf den ÖPNV und auf den Straßenverkehr. Dass eine Brücke aus dem Jahr 1989 so gravierende Mängel aufweist, dass sie als einsturzgefährdet eingestuft werden musste, wirft zurecht Fragen auf.

Die Brücke wurde regelmäßig geprüft. Bei der letzten Prüfung wurde festgestellt, dass sich bestehende Schäden, etwa durch Spannungsrisskorrosion und die sogenannte „Koppelfugen“-Bauweise, massiv verschärft haben. Auch sogenannter Betonkrebs (Alkali-Kieselsäure-Reaktion) spielte eine Rolle. In der Folge musste die Brücke kurzfristig gesperrt werden, um Menschenleben nicht zu gefährden.

Es gab keine Anzeichen für eine akute Gefährdung - bis zur letzten Prüfung. Die Sperrung war keine Entscheidung aus dem Bauch heraus, sondern eine zwingende Konsequenz aus einer Gefahreneinschätzung von Fachleuten. Hätte man nicht gesperrt, hätte man verantwortungslos gehandelt.

Die gute Nachricht: Der Abriss hat sofort begonnen – ungewöhnlich schnell für Berliner Verhältnisse. Die Tram fährt seit dem 1. Juni wieder – Weitere Maßnahmen für Fußgänger und Radverkehr folgen. Für die Zeit der Beeinträchtigungen wurden Umleitungen ausgeschildert, zusätzliche Taktungen geprüft und die Bauplanungen mit Hochdruck vorangetrieben.

Zur Frage der Verantwortlichkeit: Die Brücke „An der Wuhlheide“ wurde 1989 gebaut – in einer Bauweise, die man aus heutiger Sicht als risikobehaftet einstufen muss. Damals wurden etwa spannungsrisskorrosionsgefährdete Spannstähle und sogenannte Koppelfugen verbaut. Auch die Verwendung von Materialien, die zu „Betonkrebs“ führen können, war nicht unüblich. Diese Entscheidungen wurden in den 1980er-Jahren auf Bundes- oder Landesebene getroffen – nach damaligem Stand von Wissen, Normen und Standards.

Heute würde man so nicht mehr bauen. Und: Das Tiefbauamt, das heute für den Betrieb und die Prüfung zuständig ist, hat die Brücke nicht gebaut. Aber es ist „technisch“ gesehen verantwortlich dafür, Mängel zu erkennen, Risiken zu bewerten – und bei Gefahr auch unbequeme Entscheidungen wie eine sofortige Sperrung zu treffen. Das ist in diesem Fall geschehen – auch wenn es zu massiven Einschränkungen führt.

Politisch tragen wir wohl alle Verantwortung – vor allem für die Zukunft. Das schließt auch ein, offen über Investitionsstaus, veraltete Bauweisen und neue Standards zu sprechen. Die Suche nach Verantwortlichkeiten liegt demnach in diesem Fall nicht darin, Schuldige für damalige Konstruktionsfehler zu suchen – sondern darin, aus diesen Fehlern die richtigen Schlüsse zu ziehen: Wir brauchen ein dauerhaft höheres Investitionsniveau in unsere Infrastruktur, d.h. Konkret mehr Investitionen in laufende Kontrolle und Instandhaltung, konsequente Erneuerung maroder Infrastruktur und auch bessere und frühzeitige Kommunikation mit den Bürger*innen.


 



 

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